Länderausschuss will BtM-Höchstmengenregelung beibehalten

Die Bundesregierung plant, die Höchstmengenregelungen in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung zu streichen. Der Gesundheitsausschuss des Bundesrates ist allerdings dagegen – jedenfalls soweit es um Ärzte und Zahnärzte geht. Das geht aus seiner Empfehlung für das am 10. Februar tagende Länderplenum hervor.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte im vergangenen Jahr den Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung und der Tierärztegebührenordnung vorgelegt. Das Bundeskabinett hat diese im Dezember beschlossen.

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Vorgesehen ist unter anderem, die derzeit in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) verankerten Höchstmengenregelungen zu streichen – und in der Folge auch die Pflichtangabe „A“ auf BtM-Rezepten bei Überschreiten dieser Grenzen. In der Begründung heißt es dazu, dass die bisherige Bemessung der Höchstverschreibungsmengen für ein Betäubungsmittel unabhängig von der jeweiligen Darreichungsform erfolge. Dies habe dazu geführt, dass zum Beispiel die Höchstverschreibungsmenge für ein Fentanyl-Pflaster zutreffend, für ein Fentanyl-Injektionspräparat jedoch um ein Vielfaches zu hoch sei. „Damit ist die wissenschaftliche Begründbarkeit für verordnungsrechtliche Höchstverschreibungsmengen in vielen Fällen nicht mehr gegeben, was verordnungsrechtlichen Änderungsbedarf auslöst.“

Auch habe sich gezeigt – insbesondere bei Generika und bei der Verwendung unterschiedlicher Salze desselben Betäubungsmittels –, „dass es in Einzelfällen bereits bei einer mit der arzneimittelrechtlichen Zulassung adäquaten Verschreibungsmenge zu einer Überschreitung der festgesetzten Höchstverschreibungsmengen für den Zeitraum von 30 Tagen kommen kann.“ Dadurch sei es in Einzelfällen auch zu Retaxierungen und Regressforderungen der Kostenträger gekommen.

Bessere Versorgung, weniger Bürokratie

Das BMG meint: Die rechtlichen (insbesondere § 13 Betäubungsmittelgesetz – BtMG) und medizinisch-pharmakologischen Rahmenbedingungen, die im Versorgungsalltag ohnehin zu beachten sind, seien „angemessen und ausreichend, um die notwendige Kontrolle und Sicherheit des Betäubungsmittelverkehrs bei der Verschreibung und Anwendung von Betäubungsmitteln nach Anlage III des BtMG zu gewährleisten.“ Gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung gebe es nicht. „Vielmehr wird dadurch die notwendige Versorgung der Patientinnen und Patienten mit Betäubungsmitteln verbessert und Bürokratieaufwand für Ärztinnen und Ärzte und Apothekerinnen und Apotheker verringert“, ist in der Begründung zu lesen.

Überdies sollen die derzeit noch in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung verankerten Pandemie-Regeln für Ärzte in der Substitutionstherapie Opioidabhängiger verstetigt werden: Die Erfahrung habe gezeigt, dass dieses Plus an Flexibilität in den Behandlungsabläufen den Therapieerfolg fördern könne, ohne die Sicherheit im Betäubungsmittelverkehr zu beeinträchtigen, erklärt das BMG dazu.

Bundesrat muss zustimmen

Doch bevor die Änderungen in der BtMVV am 8. April in Kraft treten können, muss der Bundesrat noch zustimmen. Am 10. Februar soll der entsprechende Beschluss im Plenum fallen. Doch zumindest im Gesundheitsausschuss des Bundesrates regt sich Widerstand gegen die Pläne der Regierung.

In seiner Empfehlung für das Plenum spricht er sich dafür aus, die vorgeschlagene Streichung der Vorgaben an Höchstverschreibungsmengen für Ärzte und Zahnärzte abzulehnen. Sie stelle keine rein formelle Änderung des Betäubungsmittelrechts und eine Abschaffung von bürokratischen Hürden dar, sondern führe dazu, dass Betäubungsmittel zukünftig in deutlich größerem Umfang ärztlich verordnet werden könnten. Mit Blick auf die Tierärzte und -ärztinnen hält der Ausschuss das für vertretbar, weil die EU-Tierarzneimittelrichtlinie hier ausreichend enge Grenzen setze. Wenn man bei Ärzten und Zahnärzten aber nur auf die Vorgaben im § 13 BtMG verweise, sei dies nicht ausreichend, um die Sicherheit im Umgang mit Betäubungsmitteln zu gewährleisten. Der Ausschuss verweist nicht zuletzt auf die Opioid-Krise in den USA. Dies zeige, dass die bagatellisierte Anwendung dieser Arzneimittel große Risiken berge.

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Zudem verweist der Gesundheitsausschuss auf ein laufendes Forschungsprojekt des Leibnitz-Instituts. Dessen Ziel sei eine umfassende Charakterisierung des Verschreibungsverhaltens bezüglich opioidhaltiger Arzneimittel. Da politische Entscheidungen möglichst evidenzbasiert erfolgen sollten, meint der Ausschuss, dass man auf die Auswertung des voraussichtlich im Juni 2023 beendeten Projekts warten sollte, ehe man so weitreichende Änderungen in der BtMVV angehe.

Kein Veto gegen Verstetigung der Pandemie-Regeln

An anderen Stellen sieht der Gesundheitsausschuss noch Präzisierungsbedarf bei Begrifflichkeiten. Gegen die Verstetigung bestimmter Ausnahmeregelungen im Rahmen der ärztlichen Substitutionstherapie erhebt er dagegen keine Einwände.

Angesichts der unterschiedlichen Stimmgewichtungen in den Ausschüssen und dem Plenum der Länderkammer, ist nicht ausgemacht, dass das Plenum der Empfehlung folgt. Und so bringt der Gesundheitsausschuss auch noch eine Alternative ein: Sollte der Empfehlung in Bezug auf die Ablehnung der Streichung der Höchstmengenregelungen nicht gefolgt werden, hat es hilfsweise einen Entschließungsantrag formuliert. Mit diesem wird die Bundesregierung aufgefordert, zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung über Veränderungen bei den Verordnungszahlen und Abgabemengen zu berichten und diese zu bewerten.

Der mitberatende Bundesratsausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfiehlt dem Plenum übrigens, der vorgelegten Verordnung zuzustimmen.


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