Astrazeneca birgt Risiko für junge Frauen? Lauterbach warnt vor Trugschluss

Das Vakzin von Astrazeneca darf in Deutschland wieder verimpft werden, nachdem Thrombose-Fälle vermehrt bei jüngeren Frauen bekannt wurden. SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach warnt vor einem möglichen Trugschluss im Zusammenhang mit Astrazeneca.

Einige Fälle von Sinusvenenthrombosen traten im zeitlichen Zusammenhang mit einer Astrazeneca-Impfung auf. Am Montag wurde in Deutschland daraufhin die Impfungen mit dem Vakzin gestoppt. Andere Länder folgten oder hatten vorher schon einen Stopp veranlasst.

Hinweise darauf, dass die Impfungen tatsächlich die Vorfälle verursachten, hat die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) nicht gefunden. Es gebe zwar "eine kleine Anzahl seltener, aber schwerwiegender" Blutgerinnsel, bei denen eine Verbindung zu dem Vakzin nicht ausgeschlossen werden kann. Dennoch überwiegen die Vorteile durch den Impfstoff die möglichen Risiken. Dieser sei "sicher und wirksam", sagte EMA-Chefin Emer Cooke in einer Pressekonferenz.

Die Zahl der nach einer Impfung aufgetretenen Fälle sei nicht höher als in der Gesamtbevölkerung der EU, sagte Behördenchefin Cookebereits kurz nach der Aussetzung am Dienstag.

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Astrazeneca wohl vor allem an Frauen verimpft

Der Impfstoff soll nun lediglich mit der Warnung versehen werden, dass er in möglichen seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen bei Frauen unter 55 Jahren verursachen könnte. Die Impfungen in Deutschland wurden daraufhin wieder aufgenommen.

Bei 1,6 Millionen Impfungen mit Astrazeneca in Deutschland, wurden bisher 13 Fälle von Sinusvenenthrombose gemeldet. Drei Menschen starben. Unter den 13 Betroffenen waren 12 Frauen und ein Mann.

Auf dem ersten Blick scheint es so, als ob Astrazeneca für jüngere Frauen ein größeres Risiko berge, an einer Sinusvenenthrombose zu erkranken als etwa Männer oder gar allgemein ältere Menschen.

Die EMA wies jedoch auf einen Aspekt hin, der diese These etwas entkräftet: In Deutschland wurden nämlich mit Astrazeneca zunächst Menschen unter 65 Jahren, vielfach Klinik- und Pflegepersonal geimpft – das von Frauen dominiert wird. Zahlen dazu, wie hoch der Frauenanteil der Astrazeneca-Empfänger ist, liegen aktuell aber nicht vor.

Lauterbach weist auf möglichen Trugschluss hin

Auch Karl Lauterbach ist der Meinung, dass wohl vor allem jüngere Frauen bisher damit geimpft wurden und warnt: "Wir dürfen jetzt nicht den Eindruck erwecken, als wenn gesichert wäre, dass der Astraimpfstoff in erster Linie ein Problem darstellt für jüngere Frauen." Dass die Fälle vor allem bei dieser Personengruppe auftreten, liege daran, dass Astrazeneca "im wesentlichen für jüngere Frauen bisher eingesetzt wurde", so Lauterbach.

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte erst Anfang März das Astrazeneca-Vakzin auch für über 65-Jährige empfohlen. Zuvor lagen noch nicht genug Studienergebnisse in der Altersgruppe vor. Demnach wurde bis Ende Februar das Vakzin in Deutschland nur an unter 65-Jährige verimpft.

Lauterbach wies jedoch darauf hin, dass es wissenschaftlich nicht ausgeschlossen sei, dass Frauen ein größeres Risiko hätten, an einer Thrombose im zu erkranken: "Es kann sein, dass hier Frauen tatsächlich stärker betroffen sind , dafür gibt es aber epidemiologisch keinen Beleg."

Aktuell betrachte Lauterbach das Astrazeneca-Vakzin als "gleichermaßen sicher in allen Altersgruppen und in allen Geschlechtsgruppen."

"Könnte es sein, dass das die Statistik färbt?"

Zuvor hatte bereits der Virologe Christian Drosten bei NDR Info angemerkt, dass es sich möglicherweise um ein statistisches Problem handeln könnte: In Deutschland seien Menschen unter 65 Jahre mit Astrazeneca geimpft worden, weil es zunächst keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission für Ältere gegeben hatte. In England hingegen seien bevorzugt Ältere damit geimpft worden; trotz einer höheren Zahl an Impfungen sei dort keine solche Thrombosen-Häufung beobachtet worden. dpa/Michael Kappeler/dpa „Wir werden kurz nach Ostern eine Situation haben wie um Weihnachten herum“, sagt Christian Drosten.

Auch Drosten verwies auf einen wohl hohen Frauenanteil beim medizinischen Personal und Pflegepersonal, das das Mittel in Deutschland erhielt. Er fragte: "Könnte es sein, dass das die Statistik färbt?". Er geht davon aus, dass Frauen generell häufiger Probleme mit Thrombosen hätten.

 

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