Vor der nächsten Corona-Welle: RKI ruft zu Vorbereitungen für die zweite Jahreshälfte auf
Deutschland ist im Sommermodus, genießt die niedrigen Infektionszahlen und die zurückgewonnenen Freiheiten. Aber Geschichte ist die Corona-Pandemie noch längst nicht. Das Robert Koch-Institut (RKI) dringt wegen eines als wahrscheinlich eingeschätzten Anstiegs der Corona-Fälle im Herbst und Winter darauf, schon jetzt vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen. So sollten schwere Krankheitsverläufe, Todesfälle und die Belastung für das Gesundheitswesen klein gehalten "und bevölkerungsbezogene Maßnahmen minimiert werden können", schreibt das RKI in einem am Donnerstag veröffentlichten Strategiepapier, das auf verschiedene Szenarien eingeht. Diese dürften aber nicht als Vorhersagen verstanden werden, vielmehr wolle man ihrem Eintreten entgegenwirken. Laut Modellierungen könnten die meisten Infektionen Erwachsene unter 60 und Kinder unter 12 Jahren betreffen.
Unter den getroffenen Annahmen ergebe sich bei der Belegung der Intensivstationen, der Sieben-Tage-Inzidenz und den Krankenhausbehandlungen ein langsamer Anstieg bis Oktober, schreibt das RKI. Dieser werde sich dann beschleunigen und im Januar/Februar 2022 gipfeln, bevor die Werte wieder sinken. Wie hoch die Spitzenwerte ausfallen, hängt in den Modellierungen von den angenommenen Impfquoten und der Frage ab, ob Menschen ihr Verhalten ändern und Kontakte reduzieren: Höhere Quoten und Verhaltensänderungen lassen die Kurven deutlich abflachen. Solche Modellierungen sind aber mit etlichen Unsicherheiten behaftet.
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RKI: Jetzt Auffrischimpfungen planen
Was ist für die zweite Jahreszeit zu erwarten? Die Bevölkerung sollte, so das RKI, "frühzeitig darüber informiert werden, dass es im Winter wieder zu einer starken Belastung des Gesundheitswesens" und möglicherweise einer regionalen oder lokalen Überlastung kommen könne, etwa bei der sogenannten ECMO-Kapazität (spezielle Maschinen für Patienten mit schwerem Lungenversagen). Auch eine Belastung durch Atemwegsinfektionen wie Grippe und andere Erreger sei zu erwarten, die in der Vorsaison wegen Kontaktbeschränkungen kaum zirkulierten. Das betreffe auch Kinder und Jugendliche.
Als Handlungsempfehlungen listet das RKI eine "erfolgreiche Impfkampagne", "klassische Infektionsschutzmaßnahmen der Gesundheitsämter" und den gezielten Einsatz von Maßnahmen. Das RKI rät zum Beispiel, "jetzt" Auffrischimpfungen insbesondere für Ältere und Risikogruppen zu planen. Denkbar sei etwa das Szenario, dass bei Hochbetagten mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Impfung vermehrt Infektionen auftreten könnten, sogenannte Impfdurchbrüche, schreibt das RKI. Es könne in Pflegeheimen zu schweren Ausbrüchen kommen. Mit Blick auf Schulen und Kitas weist das RKI unter anderem darauf hin, dass bauliche, strukturelle, organisatorische und technische Maßnahmen "intensiviert und bis zur Öffnung nach den Sommerferien abgeschlossen sein" sollten.
Herdenimmunität ist nicht die Lösung
Das Institut betont: "Die Vorstellung des Erreichens einer Herdenimmunität im Sinne einer Elimination oder sogar Eradikation des Virus" – also ein weitgehendes Zurückdrängen oder Ausrotten – sei nicht realistisch. Ziel der Impfungen sei daher, "in der Bevölkerung eine breite Grundimmunität zu erreichen". Diese vermittle einen weitgehenden individuellen "Schutz vor (schweren) Erkrankungen" und verringere zudem die Viruszirkulation. Eine breite Grundimmunität werde jedoch vermutlich diesen Herbst und Winter noch nicht erreicht sein, weil die erwartbare Impfquote von circa 70 bis 80 Prozent unter Erwachsenen noch nicht ausreiche.
Das RKI spricht sich schon länger dafür aus, die Grundregeln gegen Corona wie Abstand, Hygiene, Maske, Lüften und Corona-Warn-App weiter beizubehalten. Im Papier heißt es, durch organisatorische Maßnahmen wie die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten und Teilnehmerbegrenzungen für Veranstaltungen sollte die Zahl der "infektiösen Kontakte" weiterhin reduziert werden. Bei Krankheits- und Erkältungssymptomen – nicht nur in Hinblick auf Covid-19 – rät das RKI Betroffenen, zu Hause zu bleiben.
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