US-Immunologe macht Hoffnung auf schnelle Hilfe für Corona-Patienten
Das Blut von Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, könnte eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung einer Behandlung von Corona-Patienten spielen. Während rund um den Globus an der Entwicklung eines Impfstoffes gearbeitet wird, setzt der US-Immunologe Arturo Casadevall darauf, mithilfe von Antikörpern, die aus dem Blut Genesener gewonnen werden, Corona-Betroffenen und Risikopersonen schneller Hilfe oder Schutz zu verschaffen. Während es noch etliche Monate dauern wird, bis ein Impfstoff gegen den Coronavirus einsatzbereit ist, könnte ein Antikörper-Verfahren schon in wenigen Wochen zur Verfügung stehen.
Davon gehen zumindest Casadevall und seine Kollegin Liise-anne Pirofski von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore aus, wie sie in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Investigation“ schreiben. Voraussetzung ist, dass diejenigen, die eine Infektion überstanden haben, tatsächlich Antikörper entwickelt haben und damit gegen Sars-CoV-2 immun sind – zumindest für eine gewisse Zeit. Und davon darf man durchaus ausgehen. „Es wäre höchst ungewöhnlich, wenn man nach so kurzem Abstand nach einer überstandenen Infektion eine neue erleiden könnte. Das würde mich sehr überraschen“, sagte der Düsseldorfer Virologe Ortwin Adams der „Frankfurter Rundschau“.
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Antikörper schon früher im Einsatz
Konkret wird bei der sogenannten passiven Antikörpertherapie Blutplasma von Genesenen anderen Menschen injiziert, um ihnen kurzfristig Schutz zu bieten. Die Methode ist durchaus nicht neu, im Gegenteil. Sie stammt aus dem späten 19. Jahrhundert und wurde auch in der Vergangenheit bei Epidemien bereits erfolgreich eingesetzt. Ausbrüche von Masern, Polio und Mumps konnten so im vergangenen Jahrhundert eingedämmt werden. Auch während der Spanische-Grippe-Pandemie 1918/19 sowie bei jüngeren Epidemien wie Ebola in Westafrika (2013) oder Mers im Nahen Osten (2012) konnten damit Erfolge erzielt werden. Letzteres zählte ebenfalls zur Familie der Coronaviren.
„Diese Möglichkeit zur Verfügung zu stellen, erfordert keine Forschung oder Entwicklung“, betont Johns-Hopkins-Immunologe Arturo Casadevall. „Es könnte innerhalb von ein paar Wochen bereitgestellt werden, da es auf Standardpraktiken der Blutbank beruht.“ Nötig sind allerdings zahlreiche Blutspenden von Genesenen, die durch ihre Spende ihre eigene Immunität auch wieder schwächen, wie Barbara Bialucha-Nebel, Oberärztin in der Kirchberg-Klinik in Bad Lauterberg gegenüber dem Schweizer Portal „Nau.ch“ zu bedenken gibt. Niemand könne zudem zur Spende gezwungen werden. Dennoch gibt es nach Monaten der Pandemie vor allem in China bereits zigtausende Corona-Rekonvaleszenten, deren Blut sich zur Gewinnung von Antikörpern in Frage kommt. Dort wird bereits seit Mitte Februar Genesenen, Blut abgenommen und zur Behandung eingesetzt – offenbar mit Erfolg.
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Antikörper-Therapie trotz allem noch experimentell
„Klinische Studien haben gezeigt, dass die Plasma-Infusion sicher und wirksam ist“, berichtete Sun Yanrong vom Biologischen Zentrum des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie schon im Februar von ersten Erfolgen. Ein Patient habe schon eine Woche nach einer Antikörper-Injektion das Krankenhaus verlassen können; andere würden sich langsam erholen. Erfahrungen, die den Behandlungsansatz von Casadevall und Pirofski stützen.
Obwohl die passive Antikörpertherapie wie beschrieben schon seit über 100 Jahren bei Epidemien immer wieder erfolgreich eingesetzt wurde, ist sie aus dem experimentellen Stadium bisher nicht vollends hinausgekommen. Nach dem Abflauen der jeweiligen Erregerwelle flaute auch das Interesse der Forscher offenbar immer wieder ab. Grund dafür könnte sein, dass Plasmatransfusionen deutlich aufwändiger sind als Impfungen. Für die Behandlung größerer Menschenmengen wäre ein enormer Aufwand nötig.
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Trotzdem könnte nach Ansicht von Arturo Casadevall ein Einsatz der Antikörpertherapie gegen das derzeit grassierende Coronavirus sinnvoll sein. Zum Beispiel, indem man sie bei Ärzten und Krankenhauspersonal einsetzt, um Erkrankungen und damit dem Zusammenbrechnen des Gesundheitspersonals vorzubeugen. „Da wir uns mitten in einer weltweiten Pandemie befinden, empfehlen wir den Institutionen, den Notfall-Einsatz zu erwägen“, schreiben die Johns-Hopkins-Forscher in ihrem Fachartikel. Und die Mediziner drücken auf die Tube. Man sollte möglichst bald mit den Vorbereitungen beginnen, denn Zeit sei jetzt ein entscheidender Faktor.
Zeit, die auch jenen zugute kommen würde, die fieberhaft an der Entwicklung einer Impfung gegen Sars-CoV-2 arbeiten, wie die Tübinger CureVac. Denn eine Impfung kann die Blutplasma-Methode nicht nur aufgrund des hohen logistischen Aufwandes nicht ersetzen. Es gibt einen entscheidenden Unterschied: Wird die Behandlung mittels Rekonvaleszenten-Plasma eingestellt, lässt die Immunitätswirkung gegen das jeweilige Virus mit der Zeit nach. Bei einer Impfung aber, beginnt der Körper damit, selbst Antikörper zu produzieren. Nur auf diese Weise also könnten wir künftig alle dem Virus trotzen, das derzeit die Welt lahmlegt.
Quellen: Johns Hopkins University, „Journal of Clinical Investigation“, „scienealert.com“, „Nau.ch“, „Frankfurter Rundschau“, Nachrichtenagentur AFP
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