COVID-19: Sterberisiko bei Männern deutlich höher – Heilpraxis

COVID-19: Männer benötigen öfter eine Intensivbehandlung

Einer neuen Studie zufolge haben Männer, die sich mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 infizieren, im Vergleich zu Frauen ein fast dreimal so hohes Risiko, auf die Intensivstation eingewiesen zu werden, und eine um 40 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben.

Für die Studie, die von Forschenden des University College London (UCL), des Londoner Great Ormond Street Hospital (GOSH) und der University of Cape Town (Südafrika) durchgeführt wurde, wurden öffentlich verfügbare Daten aus 92 Berichten in 47 Ländern ausgewertet, um zu untersuchen, warum COVID-19 die Geschlechter unterschiedlich beeinträchtigen kann. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Stärkere Immunantwort von Frauen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten Daten von über drei Millionen Fällen von COVID-19, bei denen zu gleichen Teilen Männer und Frauen infiziert waren. Bei den infizierten erwachsenen Männern war die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf die Intensivstation aufgenommen werden müssen, 2,84-mal höher. Und das Risiko, an COVID-19 zu sterben, war bei ihnen 1,39-mal höher als bei erwachsenen Frauen.

Das Forschungsteam konzentriert sich in der Regel darauf, zu ergründen, warum weibliche Kinder und Jugendliche eher Krankheiten wie Juvenile idiopathische Arthritis und Lupus entwickeln als Jungen und junge Männer. Sie nutzten dieses Wissen, um die Anfälligkeit erwachsener Männer für schwere COVID-19-Verläufe zu beleuchten.

„Wir wissen aus früheren Arbeiten, dass Frauen im Allgemeinen eine stärkere Immunantwort auf Krankheitserreger haben, die wie Viren in den Körper eindringen“, erklärte die Studienautorin Dr. Claire Deakin von der UCL in einer Mitteilung.

„Diese bessere anfängliche Reaktion könnte ihnen helfen, die Infektion schneller zu beseitigen, und möglicherweise erklären, warum Männer ein höheres Risiko für schwere Infektionen mit Viren wie SARS-CoV-2 haben. Frauen haben auch einen robusteren Langzeitschutz gegen Krankheitserreger“, so die Wissenschaftlerin.

„Diese stärkere Immunantwort bei Frauen bedeutet jedoch, dass sie mit größerer Wahrscheinlichkeit Krankheiten entwickeln, bei denen ihr Immunsystem Teile des Körpers angreift – sogenannte Autoimmunerkrankungen. Krankheiten wie Juvenile idiopathische Arthritis entwickeln sich daher eher bei Frauen.“

Risikofaktor für schwere Krankheitsverläufe

Laut den Forschenden zeigen die Daten einen wichtigen Trend in der Epidemiologie von COVID-19, wobei das männliche Geschlecht als Risikofaktor für schwere Krankheitsverläufe fungiert.

„Obwohl die Unterschiede zwischen den Geschlechtern klar sind, ist die zugrunde liegende Erklärung komplexer. Die Realität ist, dass viele verschiedene Risikofaktoren miteinander interagieren, aber unsere Forschung legt nahe, dass angeborene Unterschiede im Immunsystem von Männern und Frauen eine Schlüsselrolle spielen“, erläuterte Studienautorin Dr. Kate Webb von der Universität von Kapstadt.

„Wir hoffen, dass unsere Forschung den Weg für zukünftige Studien ebnen wird, um mehr Licht ins Dunkel zu bringen und den Klinikern zu helfen, die am stärksten gefährdeten Personen zu schützen.“

Unterschiede im Hygieneverhalten

Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass frühere Studien gezeigt haben, dass geschlechtsspezifische Unterschiede im Hygieneverhalten zu Unterschieden in der Exposition gegenüber Infektionen führen können.

Zum Beispiel ist es weniger wahrscheinlich, dass sich Männer nach einem Toilettenbesuch ihre Hände mit Seife waschen, und in vielen Kulturen verlassen Männer mit größerer Wahrscheinlichkeit das Haus und halten sich in größeren Menschenmengen auf.

„Unsere Daten zeigen jedoch keinen Unterschied in der Anzahl infizierter Fälle zwischen den Geschlechtern, sodass geschlechtsspezifische Unterschiede im Hygieneverhalten den geschlechtsspezifischen Unterschied in der Schwere der Erkrankung wohl nicht erklären können“, sagte Dr. Lizzy Rosser von der UCL. Doch es Hinweise, dass andere Faktoren eine Rolle spielen könnten – diese sind jedoch nicht eindeutig belegt.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hoffen, dass die Ergebnisse der Studie dazu beitragen können, das relative Risiko bei Männern und Frauen besser zu verstehen, und zu verstehen, dass Unterschiede im Immunsystem zwischen den Geschlechtern womöglich bei Impfstrategien berücksichtigt werden müssen. (ad)

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