Alles gut mit Well?
In der Schweiz ist mit Well eine neue Gesundheitsplattform an den Start gegangen. Sie hat nach eigenen Angaben zum Ziel, Patienten und Leistungserbringer wie Ärzte, Apotheker, Krankenkassen oder Krankenhäuser in einer App miteinander zu vernetzen. Die Plattform, hinter der unter anderem der DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose Group steht, könnte Hinweise darauf geben, wohin die Entwicklung auch in Deutschland gehen wird.
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringt immer neue Angebote hervor. In der Schweiz ist nun mit der Well Gesundheit AG aus Schlieren bei Zürich eine neue App gestartet. Well versteht sich als unabhängige Plattform, die den Nutzern helfen will, „ihre Gesundheit zu organisieren“. Sie will Patienten, die Fragen zu ihrer Gesundheit haben, mit Ärzten, Apothekern oder Krankenkassen zusammen bringen. Nutzer könnten sich beispielsweise rund um die Uhr per Chat mit einem Arzt austauschen, einen digitalen Symptom-Check für eine medizinisch gestützte Ersteinschätzung nutzen, einen Termin mit einem Telemediziner vereinbaren oder über die App Medikamente bestellen, heißt es.
Well arbeitet nach eigenen Angaben derzeit mit diversen Ärztenetzwerken in der Deutschschweiz sowie mit Réseau Delta, dem größten Managed-Care-Netz von Hausärzten in der Westschweiz, zusammen. Durch die Vernetzung der Akteure vereinfacht Well nach eigener Anschauung den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen und hilft, Prozesse im Gesundheitswesen effizienter und kostengünstiger zu gestalten.
Nutzerdaten laut Well sicher
Die Identität der Nutzer prüft Well direkt in der App. Das, so versichert die Firma, sei einfach und vertrauenswürdig. Die Plattform werde „höchsten Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit gerecht“. Alle individuellen Gesundheitsdaten seien verschlüsselt und sicher auf Servern in der Schweiz gespeichert. Zudem würden die App-Nutzer selbst entscheiden, wer auf welche Daten Zugriff haben dürfe.
Schweigen zur aktuellen Lage
Zu weiteren Details hüllt sich das Unternehmen derzeit in Schweigen. Auf Anfrage der DAZ zu aktuellen Nutzerzahlen, der Rolle von Apothekern im Well-Netzwerk und ob die teilnehmenden Leistungserbringer mit einem Obolus zur Kasse gebeten werden, gibt das Unternehmen im Augenblick keine Auskunft.
So muss man sich auf vorliegende Unternehmensmitteilungen stützen. Darin heißt es, dass Well rund 40 Mitarbeiter beschäftigt und der „nationale Rollout“ der Well-App am 4. Mai 2022 stattfand, nachdem zuvor bereits die Beta-Version verfügbar gewesen sei. Die Nutzerzahl lag beim offiziellen Starttermin den Angaben zufolge im „fünfstelligen“ Bereich und soll seitdem „stark steigen“, zudem seien über 4.000 Ärzte an das System angebunden. Nach einem Bericht des Schweizer Magazins für „Penso: HR, Sozialversicherungen, Personalfürsorge“ erwartet Well-Chef Alexander Bojer bis Ende des Jahres über 100.000 Nutzer zu gewinnen.
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Zu den Gründern und Finanziers gehören die Schweizer Krankenversicherer CSS und Visana, der Telemedizin- und Digital-Health-Anbieter Medi24 sowie der DocMorris-Mutterkonzern Zur Rose-Gruppe, der in der Schweiz auch Apotheken betreibt. Jüngst kamen außerdem die Schweizer Gesundheits- und Logistikgruppe Galenica und der Klink- und Infrastrukturinvestor Aevis Victoria dazu. Well betont zudem, für weitere Partner offen zu sein.
Zur Rose erklärte auf Anfrage der DAZ, dass die Technologie für den Betrieb der Plattform teilweise neu entwickelt wurde beziehungsweise wird, „wobei die Zur Rose Group ihr umfassendes Know-how als Technologieprovider beim Aufbau von E-Health-Ökosystemen einbringt und über PaaS (Platform as a Service) zur Verfügung stellt“. Zudem biete Zur Rose Schweiz auf der Well-Plattform ihre Dienste als Arzneimittelversender an.
Im Übrigen sei die Well Gesundheit AG ein eigenständiges Unternehmen. Mit ihrem Vorstandsvorsitzenden (CEO) Walter Hess sei die Zur Rose Group im Verwaltungsrat von Well vertreten. Die Gründungspartner führten aber keine operativen Funktionen bei Well aus. Über die Anteile der jeweiligen Partner an der neuen Gesundheitsplattform sei Stillschweigen vereinbart worden.
Wechsel an Unternehmensspitze
Von außen scheint es allerdings, als befinde sich das Unternehmen derzeit in einer Phase der Um- oder Neuorientierung. So wird Alexander Bojer, einer der Gründer und bislang CEO von Well, das Unternehmen laut einer Pressemitteilung Ende Juni 2022 verlassen. Nach Angaben des Unternehmens wolle er sich einer „neuen Herausforderung im Bereich Start-up Building und Entrepreneurship“ widmen.
Die Nachfolge von Bojer soll Mario Bernasconi übernehmen. Der ist den Angaben zufolge seit vergangenen Herbst als Head of Business Development and Partnerships Teil des Management-Teams von Well. Er verfüge über Fach- und Führungserfahrung zu Transformations-, Innovations- und Kooperationsthemen und kenne das Schweizer Gesundheitswesen. Bernasconi sei unter anderem beim Krankenversicherer Sympany tätig gewesen.
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Parallel zu dem Personalwechsel an der Spitze befindet sich das Unternehmen nach Angaben einer Sprecherin derzeit in einem „Strategieprozess“. Dieser scheint eine Weile zu dauern, denn erst nach Abschluss dieses Prozesses will sich das Unternehmen ab September wieder gegenüber Medien äußern.
Hinweise für Entwicklung in Deutschland
Die Existenz von Well dürfte auch in Deutschland mit Interesse verfolgt werden, kann sie doch Hinweise liefern, in welche Richtung sich die Digitalisierung von Gesundheitsdienstleistungen hierzulande entwickeln könnte. Entsprechende Aktivitäten verfolgt insbesondere der Well-Mitinitiator Zur Rose Gruppe. Bereits Ende 2020 startete der Frauenfelder Apothekenkonzern mit der Gesundheitsplattform DocMorris+ seiner gleichnamigen niederländischen Tochtergesellschaft „ein neues Geschäftsmodell und eine neue Ära der Gesundheitsversorgung in Deutschland“. Diese, so die Ambition, schaffe einen Zugang zu allen Gesundheitsdienstleistungen an einem Ort und wolle die Menschen dabei unterstützen, ein gesünderes Leben zu führen – von der Diagnose beim Online-Arztbesuch bis zum benötigten Medikament oder Gesundheitsprodukt. Die Markteinführung der DocMorris+ App sei „ein strategischer Meilenstein“ auf dem Weg zur integrierten Gesundheitsplattform. Die Schweizer Well-Aktivitäten könnten nun der nächste Baustein in der Digitalisierung von Gesundheitsdienstleistungen sein.
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