Nach 1,5 Jahren Corona-Pandemie: Wir müssen das Leben mit Humor nehmen – trotz allem!
Lockdown, Existenzängste, Sorgen um die eigene Gesundheit und die der Mitmenschen – in den vergangenen Monaten war es vielen nicht zum Lachen zumute. Trotzdem sollten wir die Pandemie auch mit Humor nehmen. Denn das wirkt befreiend, stärkend und sorgt dafür, dass Unsinn und Unglück nicht das letzte Wort haben.
Der deutsche Schriftsteller Otto Julius Bierbaum (1865-1910) hat das geflügelte Wort geprägt: „Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Das erscheint in der Pandemie manchen Menschen deplaziert zu sein. Wie soll der, der schwer erkrankt ist, trotzdem lachen? Oder wie soll der, der durch die Pandemie an den Rand seiner wirtschaftlichen Existenz gekommen ist, der nicht mehr weiß, wie er finanziell über die Runden kommt, trotzdem lachen?
Der griechische Philosoph Aristoteles hat den Humor mit der Überlegenheits-Theorie zu erklären versucht. Immer wenn wir uns einer Situation, zum Beispiel einem Missgeschick gegenüber überlegen fühlen, reagieren wir mit Humor, lachen wir darüber. imago/epd Pater Anselm Grün im Hof des Benediktinerklosters in Münsterschwarzach.
Über den Gastautor
Anselm Grün wurde 1945 geboren. Er ist Mönch der Benediktinerabtei Münsterschwarzach und Buchautor. Die zahlreichen Publikationen des Theologen erscheinen weltweit in mehr als 30 Sprachen. Themen seiner Schriften sind unter anderem Spiritualität, Psychologie, Glück und Lebenslust.
Humor hilft über das Bedrängende hinweg
Was heißt das für unsere Situation mit der Pandemie, die uns schon 1,5 Jahre in Beschlag nimmt? Humor heißt nicht, dass wir die Situation nicht ernst nehmen. Wir sollen überlegen, wie wir die Pandemie medizinisch, politisch, wirtschaftlich überwinden können. Und wir sollen zugleich Solidarität in der Krise zeigen, wir sollen mit den leidenden Menschen fühlen und uns nicht egoistisch auf uns zurückziehen.
Trotzdem ist es angebracht, mit Humor darauf zu reagieren. Der Humor vermag uns über das Bedrängende hinwegzuhelfen. Humor ist eine Haltung der inneren Stärke. Er drückt einen Trotz gegenüber der vorhandenen Aussichtslosigkeit einer äußeren Lage aus. Ich lasse mich nicht unterkriegen und lasse mich auch von den Problemen, die mich bedrängen, nicht bestimmen. Ich setze eine andere Sicht dagegen. Das entlastet und schafft eine neue Freiheit.
Dieser innere Raum ist eine Bedingung, mich von der Opferrolle zu befreien und einen inneren Abstand zur Pandemie und allem Bedrückenden zu finden. Aus dieser innersten Personmitte heraus kann ich mich über die Schwierigkeiten stellen. Ich lehne sie nicht ab, ich verschließe die Augen nicht davor. Aber ich stelle mich über die Schwierigkeiten. Denn ich weiß um diesen heiligen Raum in mir, in den die Probleme der Pandemie nicht eindringen können.
Aufwachen und die Realität so sehen, wie sie ist
Roberto Assagioli, ein italienischer Psychiater, hat die therapeutische Methode der Dis-Identifikation entwickelt. Er sieht die Probleme, die uns bedrängen. Aber er sagt: Ich habe das Problem, die Schwierigkeit, die Not, aber ich bin nicht das Problem, ich bin nicht meine Not. Assagioli spricht von dem unbeobachteten Beobachter. Ich beobachte die Pandemie. Aber der Punkt in mir, der beobachtet, ist nicht von der Pandemie bestimmt.
Diesen unbeobachteten Beobachter nennt Assagioli das spirituelle Selbst. Zu diesem Selbst findet man durch Aufwachen. Wir leben oft in einem Zustand des Schlafes. Wir werden bestimmt durch Illusionen. Wenn wir aufwachen, können wir die Realität so sehen, wie sie ist. Aber zugleich können wir sie relativieren. Denn die äußere Wirklichkeit ist nicht alles. Wenn wir erwachen, so meint Assagioli, entdecken wir, „was wir in Wirklichkeit sind: das Selbst, das spirituelle Ich, der Beobachter der menschlichen Tragikomödie“.
Unsinn und Unglück haben nicht das letzte Wort
Nicht nur Psychologen haben über den Humor geschrieben, sondern auch Theologen. Wer humorvoll auf sein oft schweres Leben reagieren kann, fühlt sich letztlich getragen von dem Vertrauen, dass der Unsinn und das Unglück nicht das letzte Wort haben. Er fühlt sich von Gott getragen. Daher kann er mit Humor auf das reagieren, was seinen Vorstellungen vom Leben widerspricht. Dass der Humor oft einem tiefen Glauben entspringt, erkennen wir in dem sprichwörtlich gewordenen jüdischen Humor. Der jüdische Humor hat sich in langen Jahrhunderten der Verfolgung und des Leidens heraus gebildet und hat wunderbare und immer neu überraschende Geschichten hervorgebracht.
Vom jüdischen Humor können wir, so glaube ich, lernen, uns auch von noch so leidvollen Situationen nicht ganz und gar bestimmen zu lassen, sondern uns im Glauben oder in einer inneren Distanz über die Situationen zu stellen. Die Psychologie nennt das: das Leid zu transzendieren, über es hinaus zu sehen oder hinaus zu gehen. Diese Fähigkeit des Transzendierens ist dem Menschen eigen. So zeigt der Humor als das Transzendieren – wie Peter L. Berger meint – die Würde des Menschen und seine innere Freiheit.
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