Wo muss man anfangen beim Thema Nachhaltigkeit? (mit Video)

Der Deutsche Apothekertag hat sich in diesem Jahr das Motto „Klimawandel, Pharmazie und Gesundheit“ verordnet. Doch wo fängt man damit an? Macht es einen unglaubwürdig, die Verantwortung auf andere abzuwälzen und sie zum Handeln aufzufordern, bevor man selbst aktiv wird? Oder ist die Apothekerschaft bei diesem Thema ohnehin auf Partner angewiesen? 

Am gestrigen Donnerstagnachmittag standen nach zwei Impulsvorträgen die Anträge zum Thema „Klimaschutz“ auf der Agenda der Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker. Es begann mit der Diskussion darüber, ob der Antrag auf Ernennung eines Klimaschutzbeauftragten vorgezogen werden soll: Sei man dafür nicht bereit, könne man sich viele weitere Anträge sparen, so die Argumentation. Dagegen wurde ins Feld geführt, dass die Person ohne die Antragsdiskussion im Vorfeld gar nicht wisse, was sie zu tun habe. Letztendlich blieb man bei der ursprünglichen Reihenfolge.

Danach wurde es dann sehr grundsätzlich. Hintergrund war ein Leitantrag, der in einem Rundumschlag verschiedene Stakeholder aufforderte, Maßnahmen zu ergreifen. So sollten Gesetzgeber/Verordnungsgeber aufgefordert werden, grundsätzlich in allen Gesetzgebungsverfahren des Bundes und der Länder im Gesundheitswesen, aber auch in allen anderen Bereichen, die Vorhaben auf deren Klimaneutralität und Nachhaltigkeit zu prüfen.

Zusätzlich sollte an das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) appelliert werden, gemeinsam mit den Marktbeteiligten die benötigten Ressourcen zur Versorgung des deutschen Arzneimittelmarktes mit Arzneimitteln zu ermitteln und Verbesserungen zur Verwendung dieser Ressourcen einzuleiten. Und auch die pharmazeutische Industrie sollte in die Pflicht genommen werden, nachhaltige und umweltschonende Verpackungskonzepte zu entwickeln.

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Nach einem leidenschaftlichen Statement der BPhD-Beauftragten für Public-Healh, Antonia Schmitz, in dem sie auf die Wichtigkeit des Themas aus Sicht des Nachwuchses hinwies, ergriff die ABDA-Präsidentin das Wort. Man könne sich gut hinter all diese Forderungen stellen. „Aber ich will daran erinnern, wo wir hier sind“, so Gabriele Regina Overwiening weiter. „Wir haben uns das Thema auf die Fahne geschrieben und ich hatte es so verstanden, dass wir uns damit beschäftigen wollen, was wir als Apotheker tun können.“ Sie habe im letzten Jahr viele Vorträge zum Thema gehört. Am meisten beeindruckt habe sie einer, in dem es hieß: Schön wäre es, wenn jeder bei sich prüft, was er tun kann. „Das sind dann möglicherweise unterschiedliche Dinge, weil wir in unterschiedlichen Settings leben und verschiedene Gewohnheiten haben“, so Overwiening weiter. Wenn jeder zunächst bei sich schaut, was es für Möglichkeiten gibt, ist in ihren Augen die Zielsetzung erreicht. Wenn die Hauptversammlung aber nur eine Fülle von Anträgen verabschiede, in denen andere zum Handeln aufgefordert würden, sei das nicht glaubwürdig. Overwiening schlug vor, dazu dann am Ende eine Resolution zu verfassen, in der alle Anträge, die das BMG und andere adressieren, zusammengefasst werden. „Aber wollen wir nicht erstmal selber sehen, was wir tun können?“ so Overwiening.

Unter den Delegierten gab es Zustimmung: Es kam der Vorschlag, den Antrag zurückzustellen, weil man ihm aus den genannten Gründen nicht zustimmen könne, eine Ablehnung jedoch auch ein fatales Signal sei. Aber es regte sich auch Widerstand. Ohne Partner könne die Apothekerschaft ohnehin nichts bewegen. Vor der eigenen Türe zu kehren, reiche nicht.

Schließlich wurde der Antrag in den Ausschuss verwiesen. Trotz Gegenrede – wenn der Leitantrag angenommen werde, lande er ohnehin im Ausschuss.

Apothekerschaft verpflichtet sich zur Nachaltigkeit

In der Folge wurden dann zwei weitere Anträge, die sich an Dritte richten, in den Ausschuss verwiesen: einmal, dass Angaben zur Ökotoxikologie Teil der Zulassung werden sollten, und, der Folgeantrag, dass diese Informationen in der ABDA-Datenbank landen sollten. Ein Leitantrag wurde dann schließlich angenommen, in dem die Apothekerschaft sich zu folgenden Maßnahmen selbst verpflichtet:

  • als Teil des Gesundheitswesens sich dafür einzusetzen, die Arbeit in den Apotheken klimafreundlich zu gestalten, ohne dass die ordnungsgemäße Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln beeinträchtigt wird und ohne dass dies zu negativen wirtschaftlichen Folgen oder bürokratischem Aufwand führt,
  • die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels adäquat in die Aus-, Fort- und Weiterbildung zu integrieren
  • die Patientinnen und Patienten in geeigneter Weise zu informieren und zu beraten, welche Auswirkungen die Folgen des Klimawandels, z. B. Hitze, auf ihre Gesundheit und ihre Arzneimitteltherapie haben können.

Zudem sollen sich die Berufsorganisationen der Apothekerinnen und Apotheker auf Bundes- und Landesebene dafür einsetzen, dass die Apothekerinnen und Apotheker als Teil des Gesundheitssystems, aber auch sie selbst ihren Beitrag zum Klimaschutz und damit Gesundheitsschutz leisten.

Irritation über die Stoßrichtung

Die Stoßrichtung, nur Anträgen zuzustimmen, die man selbst umsetzen kann, wurde später nochmals kritisiert. Die Geschäftsführerin Pharmazie der ABDA, Christiane Eckart-Lill, zeigte sich angesichts der großen Zustimmung, mit der das DAT-Motto im Vorjahr beschlossen worden war, „irritiert“, dass man einerseits nichts beschließen wolle, bei dem die Apothekerschaft selbst keinen Handlungsspielraum habe. Auf der anderen Seite auch immer Gründe gefunden würden, warum die Apotheker jetzt nicht selbst aktiv werden könnten. 

Diese Diskussion prägte letztendlich die ganze Debatte, was dazu führte, dass sich die Hauptversammlung zu kaum einer Entscheidung durchringen konnte. Übrigens auch nicht dazu, einen Nachhaltigkeitsbeauftragen zu etablieren. Dieser Antrag schaffte es, als er dann an der Reihe war, nicht einmal in den Ausschuss. Es wurde nach längerer Diskussion, in der es vor allem um mögliche Kosten ging, per Geschäftsordnungsantrag zum nächsten Punkt übergegangen. Sechsstellige Millionenbeträge, die ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz für die Umsetzung dieses Antrags postulierte, mögen ihren Teil zu der Entscheidung beigetragen haben. 

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(Video: chr / DAZ)

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