Nina Petri über ihren positiven Umgang mit den Wechseljahren: "Eine super Zeit für Aufbrüche"

Für mich waren die eigentlichen Wechseljahre vollkommen unproblematisch: Meine Regel wurde erst immer schwächer, dann etwas unregelmäßig, dann blieb sie weg, mit 48. Mir war immer mal heiß, ja, aber eher tagsüber und wirklich nicht beeinträchtigend; ich kann mich an keine einzige Situation erinnern, in der es für mich unangenehm wurde. Das ist das dann ja wohl jetzt, dachte ich. Und kurz darauf: Das war es dann wohl. Denn nach zwei, drei Monaten waren auch die Hitzeanflüge vorüber, so schnell, dass ich es kaum richtig abgespeichert habe. Ich war gerade mitten in einer Trennung, alles, was daran hing, fand ich viel schlimmer.

Ich habe zwei Töchter, dass ich nun keine Kinder mehr würde bekommen können, hat mich nicht erschüttert. Da war nicht mehr die Spur eines Kinderwunsches. Und dass ich älter werde mit allen Konsequenzen, das war mir schon zehn, 15 Jahre früher schmerzhaft bewusst geworden: Als ich etwa 35 war, fing es an, dass ich viele Rollen nicht mehr bekam, weil sie mit jüngeren Frauen besetzt wurden. Ich konnte damals die Welt nicht mehr verstehen! Ich, zu alt für alles!

Die erste „Oma“-Rolle kam mit 39

Was da abging, hat mich zu Tode genervt: Ich spielte zum Beispiel die Rolle einer Mutter mit drei Kindern, das älteste fast schon erwachsen. Wann hätte ich dieses Kind denn kriegen sollen, habe ich mich gefragt, das passt ja alles gar nicht zusammen. Oder ich hatte Partner, die mal locker 20 Jahre älter waren als ich, und das wurde als passend empfunden. Damals hab ich gedacht, wenn das so weiter geht, spielst du mit 40 deine erste Oma-Rolle. Tatsächlich habe ich sie mit 39 gespielt.

Aber es fängt ja schon an in der Literatur: Auch in Romanen gibt es ganz wenig mittelalte Frauenfiguren, sie sind entweder jung oder Omas. Da fehlen einfach die Vorbilder. Und so sind die Wechseljahre das einzige spannende Thema in diesen Jahren. Darüber könnte man tolle Geschichten erzählen, aber das passiert nicht. Dabei wäre es so gut, wenn man darüber spräche. Stattdessen gibt es eher mal eine Revue, die über Hitzewallungen kalauert und dabei irre verklemmt bleibt: Als ich für so ein Projekt angefragt wurde, habe ich dankend abgelehnt. Zotige Witze über Stimmungsschwankungen zu reißen, darauf hatte ich gar keine Lust. Denn die basieren auf der Scham, und da muss man aufpassen, dass man gar nicht so hineingerät.

Das ist auch Beschlusssache. Ich habe schon in meinen Dreißigern damit begonnen, mir gut zuzureden und mich in Richtung Selbstwert zu pushen, statt mich zu sehr in die Verunsicherung hineinzubegeben und in die Angst, nicht mehr gesehen zu werden. Man kann sich da gut manipulieren, finde ich. Als die Wechseljahre dann kamen, war ich schon viele, viele Jahre damit konfrontiert, nicht mehr jung genug auszusehen oder zu wirken und hatte schon reichlich Zeit gehabt, eine Haltung dazu zu finden: Ich bin eine reife Frau, ich hab was zu erzählen und zu vermitteln. Und vor allem habe ich nicht vor, zu vertrocknen bis mein Leben vorbei ist.

Wechseljahre? „Auch eine super Zeit für Aufbrüche“

Denn das sind die Wechseljahre auch, wenn sich vieles verändert: Eine super Zeit für Aufbrüche, um etwas neues anzufangen, das nach vorne weist. Die Kinder sind groß, und es werden Kapazitäten frei. Ich mache seit letztem Jahr eine gestalt- und körpertherapeutische Ausbildung zum Coach. Ich bin umgezogen und habe einen neuen Partner. Das alles setzt viel Energie frei, und ich hätte große Lust, mich auch in dem Bereich der Lebensberatung auszuprobieren, zumindest ergänzend zum Schauspielen. Mit dieser Lust an der Veränderung bin ich nicht allein, das sehe ich ja in meiner Ausbildungs-Gruppe.

Wissenswertes über die Wechseljahre: "Ich hab noch gar nichts!" stimmt eigentlich nie

Die Umstellung fängt viel früher an als viele denken. Man könnte sogar sagen, dass wir im Grunde seit vor unserer Geburt direkt auf die Wechseljahre zusteuern: Ein 20 Wochen alter weiblicher Fötus soll sieben Millionen Eizellen haben, um die Geburt eines Mädchens sind es rund 1,4 Millionen, bis zur Pubertät bleiben 300.000 bis 400.000. Nur ein paar hundert dieser Eier reifen heran, um per Eisprung auf die Reise in den Eileiter zu gehen. Und ab circa 45 Jahren, manchmal auch schon ab 40, sind die letzten dabei zögerlich. Mit der allerletzten Blutung, der Menopause, ist kein Ei mehr da. Der Vorrat ist aufgebraucht. Wir haben es bei dieser phänomenalen Abwärtsbewegung also keineswegs mit einem plötzlichen „Jetzt werde ich alt“ zu tun. Und wenn wir das so wahrnehmen, kommt das vielleicht davon, dass wir uns das Älterwerden am liebsten nur dann bewusst machen, wenn es gar nicht anders geht.

Im Schnitt sechs bis acht Jahre vor der letzten Blutung beginnt der Zyklus, sich zu verändern, es kommt zu sehr kurzen wie auch zu sehr langen Abständen zwischen den Monatsblutungen. Andere Frauen bluten noch wie ein Uhrwerk, können aber nicht mehr schlafen, sind gereizt oder haben Brustspannen… und keine Idee, wo es herkommt.

Aber natürlich finde auch ich es nicht toll, älter zu werden. Was ist schon toll daran, beobachten zu müssen, wie die eigenen Kräfte nachlassen. Oder wie man nur noch viel weniger essen kann, ohne zuzunehmen. Ich nehme jetzt auch ein Nahrungsergänzungsmittel für meine Nägel, die sind sonst ganz brüchig. Meine Finger sind kräftiger und steifer geworden, und wenn ich eine längere Yoga-Pause mache, ist mein ganzer Körper weniger beweglich. Und Scheidentrockenheit ist eine Gemeinheit! Wenn auch eine, die sich sehr gut mit Östrogencreme behandeln lässt. Das alles finde ich viel blöder, als die Zeit um die letzte Blutung herum, aber ich kann damit umgehen. Und es gibt ja auch Manches, das eindeutig besser ist als früher.

Ich will zum Beispiel nicht mehr immer gefallen. In meinem Beruf ist man anhaltend einem Männerblick ausgeliefert, der muss gar nicht sexistisch sein, aber es geht immer um die Frage: Ist die was für mich, ja oder nein? Als ich jung war, habe ich mich sehr angestrengt, ich habe dafür gekämpft, dass diese Frage mit "Ja" beantwortet wird, dass man mich aufregend und anziehend findet. Das ist vorbei. Irgendwann habe ich begriffen, dass ich an diesen "Gefall mir!"-Blicken nicht interessiert bin. Und mit den Absendern nicht in den Austausch treten möchte, weil das gar nicht meine Welt ist, auch wenn ich es lange dachte. Das heißt nicht, dass ich nicht flirten und gefallen will, aber es ist kein Automatismus mehr. Ich bin da viel wählerischer als früher, und darin liegt eine große Befreiung.

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