KBV kritisiert „Apotheken-Versorgung to go“

Bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hat man den Eindruck, das Bundesgesundheitsministerium sieht die ärztliche Grundversorgung als „verzichtbaren Luxus“. Warum sonst übertrage man Apotheken Aufgaben wie das Impfen oder pharmazeutische Dienstleistungen und plane Gesundheitskioske?

Am gestrigen Montag fand in Essen im Vorfeld des Deutschen Ärztetags die Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) statt. Stephan Hofmeister, stellvertretender KBV-Vorstandsvorsitzender, kritisierte in seiner Rede, dass man im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) offenbar davon ausgehe, dass „ärztliche Versorgung ein verzichtbarer Luxus, vor allem in der Grundversorgung“ sei. „Dort scheint man zu meinen: Wozu brauchen wir noch Ärzte, wenn es in Apotheken ‚Versorgung to goʻ gibt mit Impfen und Blutdruckkontrolle, und in Gesundheitskiosken ‚Versorgung lightʻ mit medizinischer Beratung zu was auch immer?“, monierte er. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warf Hofmeister vor: „Mit solchen Plänen schaffen Sie den Weg in eine echte Zwei-Klassen-Medizin!“

Auch „Primary care“ nach anglo-amerikanischem Vorbild sei für Deutschland keine Lösung. Hofmeister führte dazu auch die britischen Pläne an, Apotheken künftig weitere Medikamente ohne ärztliche Verschreibung ausgeben zu lassen – darunter die Pille zur Verhütung und Antibiotika. „Patientinnen und Patienten sollen demnach künftig selbst entscheiden, ob sie beispielsweise an einer lediglich unkomplizierten Harnwegsinfektion leiden, die dann eine Verschreibung durch den Apotheker erlauben würde.“ Nicht nur Ärztevertreter befürchteten, dass diese Pläne nach hinten losgehen werden, sagte Hofmeister. Noch absurder werde das Ganze dadurch, dass die EU sich gerade zum Ziel gesetzt habe, die Verschreibungsquoten von Antibiotika deutlich zu senken, um Resistenzen zu bekämpfen.

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Und auch von Gesundheitskiosken wollen die Vertragsärzte nichts wissen – jedenfalls mit dieser Feststellung sind sie mit den Apotheken auf einer Linie. Das BMG erwecke den Eindruck, dass man sich in Deutschland eine „arztgeführte“ Primärversorgung nicht mehr leisten könne, so der KBV-Vize. „Das ist geradezu zynisch!“ Richtig sei hingegen, dass es sinnvoller sei, die Versicherten „auf ihrem Weg durch das System besser zu leiten, als dass sie sich diesen Weg selbst bahnen müssen. Aber auch dafür brauchen wir keine Gesundheitskioske“, sagte Hofmeister. Die KBV sieht sich hier selbst und die Kassenärztliche Vereinigungen gefragt. „Und wir haben längst geliefert.“ Es gebe viele hervorragende Projekte und Angebote im und aus dem KV-System, die dies unter Beweis stellten. Es fehle weder an Ideen noch an Engagement oder der konkreten Umsetzung. „Das einzige, woran es fehlt, ist eine gesetzlich geregelte, strukturelle Finanzierung“, konstatierte der KBV-Vize.


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