Herstellung von Amoxicillin- und Cefuroxim-Säften in der Rezeptur

Antibiotika-Säfte für Kinder sind noch immer von Engpässen betroffen. Die Herstellung in der Apotheke kann Abhilfe verschaffen. Wie das am besten funktioniert, können Apotheker:innen im Deutschen Arzneimittel-Codex/Neuen Rezeptur-Formularium (DAC/NRF) nachlesen. Eine Zusammenfassung lesen Sie hier. 

Das DAC/NRF-Team hat sich die Herstellung von Antibiotika-Säften im Rezepturbetrieb genauer angesehen und jüngst die gewonnenen Erkenntnisse veröffentlicht. Konkret ging es dabei um Suspensionen aus Amoxicillin- und Cefuroxim-Tabletten. Untersucht wurde unter anderem die Löslichkeit des Filmüberzugs, das Sedimentationsverhalten der Feststoffe und die Aufschüttelbarkeit der fertigen Suspension. 

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Antibiotika-Engpass bei Kindern hält an

Amoxicillin gehört zu den oral anwendbaren Breitspektrum-Antibiotika und wird in der Kinderheilkunde zur Behandlung zahlreicher bakterieller Infektionen eingesetzt. Zur Herstellung von Amoxicillin-Suspensionen ist die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC geeignet. Diese Grundlage ist speziell zur Herstellung von pädiatrischen Zubereitungen entwickelt worden und enthält keine für Kinder kritischen Hilfsstoffe. Sie kann entweder fertig bezogen oder in der Apotheke nach NRF S.52. hergestellt werden.

Als Fertigarzneimittel können Amoxicillin-Tabletten oder -Filmtabletten eingesetzt werden. Zur Herstellung können Fertigarzneimittel mit 750 mg Amoxicillin (als Amoxicillin-Trihydrat) verschiedener Firmen eingesetzt werden, die 100-ml-Ansatzmengen unterscheiden sich dabei kaum.

Um Gehaltsschwankungen einzelner Tabletten auszugleichen, müssen diese stets im Überschuss verwendet werden. Zudem kommt es bei der Zerkleinerung der einzelnen Tabletten unweigerlich zu Pulververlusten. Zunächst werden daher 20 Tabletten mit jeweils 750 mg Wirkstoff genau abgewogen und die Masse notiert. Dann wird ein Überschuss an Tabletten in einer rauen Reibschale fein gepulvert und aus diesem Tablettenpulver die benötigte Masse von 20 Tabletten zur weiteren Verwendung in eine glatte Schale eingewogen.

Die Pulvermischung wird nun mit etwa der doppelten Menge an Grundlage versetzt und gründlich angerieben. Das Anreiben des Wirkstoffs stellt einen wichtigen Schritt bei der Herstellung von Suspensionen dar. Dabei können auftretende Feststoffagglomerate noch vor Zugabe der weiteren Grundlage beseitigt werden. Danach kann die restliche Grundlage anteilig bis zur Ansatzmenge hinzugefügt und verrührt werden.

Rezeptursubstanz Amoxicillin-Trihydrat ist schlecht löslich

Seit kurzem ist Amoxicillin-Trihydrat bei der Firma Euro OTC Pharma auch als Ausgangsstoff zur Herstellung von Rezepturen erhältlich. 1 g Amoxicillin-Trihydrat entsprechen dabei 0,8712 g Amoxicillin. Das weiße, kristalline Pulver zeigt sowohl in Wasser als auch in lipophilen Rezepturbestandteilen eine schlechte Löslichkeit. Zubereitungen zum Einnehmen müssen daher – wie bei der Verwendung eines Fertigarzneimittels – als Suspension hergestellt werden. Untersuchungen zur Verarbeitung liegen bisher allerdings noch nicht vor.

Was tun, wenn der Gelbildner nicht lieferbar ist?

Der in der Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC enthaltene nichtionische Gelbildner Hydroxyethylcellulose 10.000 in 0,5%iger Konzentration dient zur Erhöhung der Viskosität. Ist dieser nicht erhältlich, kann auch 2% Hydroxyethylcellulose 250 verwendet werden.

Zur Herstellung der Amoxicillin-Suspension können auch Zuckersirup DAB oder Himbeersirup als Grundlage verwendet werden. Beide Grundlagen sind vorgefertigt erhältlich. Zuckersirup DAB besteht aus 64 Teilen Saccharose und 36 Teilen Gereinigtem Wasser. Aufgrund des hohen Zuckergehalts ist der Sirup mikrobiell nicht anfällig. Beim Himbeersirup handelt es sich um ein Himbeer- und Kirschsaftkonzentrat, das mit Natriumbenzoat und Kaliumsorbat konserviert ist. Dabei ist zu beachten, dass Natriumbenzoat in Zubereitungen zur oralen Anwendung für Kinder unter 2 Jahren nicht geeignet ist.

Das Problem mit Natriumbenzoat 

Aufgrund einer noch unreifen Enzymaktivität können Kinder unter 2 Jahren die aus dem Natriumbenzoat entstehende Benzoesäure nur unvollständig abbauen. Dadurch kann es zu einer schweren Schädigung im zentralen Nervensystem kommen.

Die Zubereitung erfolgt analog der oben beschriebenen Vorgehensweise (siehe Herstellung von Amoxicillin-Suspensionen). Allerdings ist bei der Verwendung von Filmtabletten zu beachten, dass sich die Filmüberzüge nicht wie bei der Verwendung der DAC-Suspensionsgrundlage auflösen. In den Sirup-Grundlagen bleiben größere Bruchstücke zurück, welche vor der Weiterverarbeitung aus dem Pulver abgesiebt werden müssen. 100 ml Suspension entsprechen sowohl beim Zucker- als auch beim Himbeersirup 133,9 g.

Abfüllen – an effektives Aufschütteln denken 

Zum Abfüllen der fertigen Suspensionen könnten Braunglas- oder PET-Flaschen verwendet werden. Um ein effektives Schütteln vor Entnahme der Einzeldosis zu ermöglichen, sollte das Volumen der Flasche doppelt so groß wie der jeweilige Inhalt sein. Bei der Kennzeichnung ist der Hinweis „Vor Gebrauch schütteln“ zu berücksichtigen.

Zur volumetrischen Dosierung wird eine Kolbenpipette verwendet. Hierfür ist das Primärpackmittel mit einem passenden Steckeinsatz zu versehen.

Unabhängig davon, welche der drei genannten Grundlagen verwendet wurde, ist die Suspension im Kühlschrank aufzubewahren. Die Aufbrauchfrist orientiert sich an der Empfehlung für rekonstituierte Amoxicillin-Trockensäfte und liegt bei 14 Tagen.

Kennzeichnung der Rezeptur nach Apothekenbetriebsordnung

Bei der Kennzeichnung der hergestellten Amoxicillin-Suspension gilt § 14 Apothekenbetriebsordnung. Der Wirkstoff wird nach Körpergewicht des Kindes dosiert. Je nach Indikation beträgt die Dosierung 20 bis 90 mg / kg / Tag, aufgeteilt auf meist drei Einzeldosen. Die individuelle Dosierung wird in der Apotheke ausgerechnet und auf das Etikett geschrieben. Die Einnahme von Amoxicillin kann unabhängig von der Nahrungsaufnahme erfolgen. 

Die Wirkstoffe einer Rezeptur werden nach Art und Menge auf das Etikett geschrieben. Alle eingesetzten Hilfsstoffe müssen nach der Art angegeben werden. Eine Ausnahme gilt bei der Verwendung eines Fertigarzneimittels: Hier ist bei der Kennzeichnung der Name des verwendeten Fertigarzneimittels ausreichend, die einzelnen Hilfsstoffe müssen dann nicht aufgeschlüsselt werden.

Cefuroxim: Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC nicht geeignet? 

Erstmals gibt es nun auch einen Rezepturvorschlag zur Herstellung flüssiger Zubereitungen zum Einnehmen mit Cefuroxim. Dabei kommen erneut Fertigarzneimittel zum Einsatz. Filmtabletten können dabei mit allen drei bereits vorgestellten Trägerlösungen (DAC-Suspensionsgrundlage, Zucker- und Himbeersirup) verarbeitet werden. Bei Verwendung der Sirup-Grundlagen sollten die Filmüberzüge jedoch ebenfalls aus dem Tablettenpulver abgesiebt werden.

Bei Tabletten ohne Filmüberzug hat sich gezeigt, dass die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC nicht geeignet ist. Bei der Verarbeitung des Tablettenpulvers bildet sich bereits nach wenigen Stunden eine halbfeste Masse, die sich nicht mehr aufschütteln lässt. Dies liegt wahrscheinlich an quellbaren Hilfsstoffen im Tablettenkörper. Die Herstellung einer Suspension mit Zucker- und Himbeersirup ist hingegen möglich.

Bitteren Geschmack von Antibiotika abmildern

Die meisten Antibiotika haben einen unangenehmen, teilweise auch bitteren Geschmack. Auch Hilfsstoffe aus den Tabletten tragen zu diesem Geschmacksempfinden bei. 

Zwar enthält die Grundlage für Suspensionen zum Einnehmen DAC Glucose-Monohydrat, häufig reicht die Menge zur Überdeckung des schlechten Geschmacks jedoch nicht aus. 

Eine Erhöhung des Zuckeranteils oder ein Austausch gegen die süßer schmeckende Saccharose ist nicht ohne Weiteres möglich, da sich dabei die Eigenschaften der Grundlage verändern können: Die Trägerlösung wird viskoser. Dadurch ändert sich das Sedimentationsverhalten und die Aufschüttelbarkeit der Suspension kann sich verschlechtern. 

Im Falle der Amoxicillin-Suspension ist es jedoch möglich, durch Zugabe von ätherischem Süßorangenschalenöl (Oleum Aurantii dulcis) den problematischen Geschmack und Geruch zu überdecken. Angaben zur benötigten Menge werden allerdings nicht gemacht. 

Verweigert das Kind trotz Süßungsmittel und Aroma die Einnahme des Arzneimittels, kann die jeweilige Einzeldosis auch in einen Fruchtsaft oder in etwas Joghurt gegeben werden. 

Als Fertigarzneimittel können Cefuroxim-Filmtabletten mit 250 mg Cefuroxim (als Cefuroximaxetil) eingesetzt werden. Die Filmtabletten werden zunächst im Überschuss in einer rauen Reibschale fein vermahlen und anschließend die benötigte Menge an Pulver abgewogen. In einer glatten Schale wird die Pulvermischung mit der doppelten Menge an Grundlage angerieben, bevor die restliche Grundlage portionsweise bis zum Endgewicht von 105,8 g dazugegeben wird.

Bei der Verwendung von Zucker- oder Himbeersirup entsprechen 100 ml Suspension jeweils 131,8 g.

Verpackung und Haltbarkeit sind analog der Amoxicillin-Suspension. Die Lagerung des Rezepturarzneimittels erfolgt auch hier im Kühlschrank. Die Aufbrauchsfrist beträgt entsprechend der Fachinformation für rekonstituierte Cefuroxim-Trockensäfte 10 Tage.

Verarbeitung von Amoxicillin- und Cefuroxim-Fertigarzneimitteln mit verschiedenen Suspensionsgrundlagen

Bei der rezepturmäßigen Herstellung von Antibiotika-Säften dienen die oben vorgestellten Ergebnisse zur Orientierung. Dennoch muss die Aufschüttelbarkeit der Suspension individuell überprüft werden, denn die in den Fertigarzneimitteln jeweils enthaltenen Hilfsstoffe können diese negativ beeinflussen. Zur Beurteilung sollte die fertige Suspension mindestens einen Tag stehen gelassen werden. Größere Wirkstoffagglomerate dürfen sich nicht bilden. Die Suspension muss aufschüttelbar sein und unmittelbar vor der Applikation gleichmäßig aussehen.


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