Die stille Entmachtung des Deutschen Apothekertages
Im Juni hat die ABDA-Mitgliederversammlung die Neustrukturierung von ABDA, Bundesapothekerkammer und Deutschem Apothekerverband beschlossen. Das Ziel des vorgelegten Konzepts, das das Resultat eines Apothekertags-Beschlusses ist, sind professionelle und schlanke Strukturen. Aber die Strukturreform soll auch dafür sorgen, dass Beschlüsse des Deutschen Apothekertags künftig keine unmittelbar wirkende Bindung für die ABDA-Gremien haben.
Was wurde eigentlich aus den Beschlüssen des Deutschen Apothekertags? Um diese Frage zu beantworten, muss man sich in der Regel durch die Protokolle der ABDA-Gremien wühlen. DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn tut das regelmäßig und fasst die Erkenntnisse für unserer Leser:innen zusammen. Anträge mit dem Ziel, die Ergebnisse der Hauptversammlung transparenter zu gestalten und beispielsweise auf einem Portal den Status einsehbar zu machen, fanden bislang keine Mehrheit. Immerhin sollen die jeweiligen Antragsteller proaktiv über das Schicksal ihrer Anträge informiert werden. Angenommene Anträge einfach versanden zu lassen, ist zumindest theoretisch nicht möglich. Denn in der aktuellen Fassung der ABDA-Satzung steht, dass Beschlüsse der Hauptversammlung für das Handeln der Bundesvereinigung und ihrer Organe verpflichtend sind, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliederversammlung gegeben ist. So könnte beispielsweise die Hauptversammlung nicht über die Beiträge entscheiden, das ist Sache der Mitgliederversammlung. Aber Beschlüsse der Hauptversammlung müssen derzeit von den ABDA-Gremien umgesetzt werden, Spielraum gibt es aber sicher bei der Nachdrücklichkeit, mit der das passiert.
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Das wird aber aller Voraussicht nach künftig nicht mehr so sein. Denn im Zuge der Strukturreform, die die ABDA-Mitgliederversammlung im vergangenen Sommer beschlossen hat, soll sich das ändern. Die notwendige Satzungsänderung soll im Sommer 2024 Mitgliederversammlung abgesegnet werden. Die Hauptversammlung wird dann, ein positives Votum vorausgesetzt, künftig kein „ABDA-Organ“ mehr sein, sondern eine in der Satzung verankerte Institution. Die Beschlüsse des DAT sollen keine unmittelbar wirkende Bindung für die ABDA-Gremien haben, aber müssen bei den jeweiligen Entscheidungsfindungen berücksichtigt werden – was auch immer das konkret bedeuten mag. Hintergrund dieser Änderung ist, dass im Zuge der Strukturanalyse, die der Reform vorausging, Überschneidungen in den Kompetenzen der Hauptversammlung, der Mitgliederversammlung und des Gesamtvorstandes identifiziert wurden. Diese sollen so beseitigt werden. Die Hauptversammlung soll aber weiterhin ein Diskussionsforum bleiben, in dem über Anträge entscheiden wird. Deren Schicksal ist dann nur ungewiss – und das im Gegensatz zu heute ganz offiziell.
MV beschließt Neustrukturierung
Zwar gab es zu diesem Punkt im Vorfeld der Abstimmung Fragen. „Zu den aufgezeigten Ergebnissen werden Fragen zur Organisationsreform gestellt, insbesondere der Verbindlichkeit der Beschlussfassungen der Hauptversammlung zu Arbeitsstrukturen im Hauptamt intensiv erörtert“, heißt es dazu im Protokoll. Letztendlich wurde das Gesamtkonzept für die Neustrukturierung von ABDA, BAK und DAV inklusive der Neuregelungen zum Deutschen Apothekertag aber mit 847 Ja-Stimmen und 171 Nein-Stimmen angenommen.
Hintergrund der Neustrukturierung
Im Jahr 2020 hat die ABDA-Mitgliederversammlung beschlossen, ABDA, Bundesapothekerkammer (BAK) und Deutscher Apothekerverband (DAV) unter die Lupe nehmen zu lassen, um herauszufinden, ob es Möglichkeiten der Effizienzsteigerung der ehren- und hauptamtlichen Arbeit in den Organisationen gibt. Das Ziel: eine „professionelle und schlanke ABDA“, in der Entscheidungen zukünftig schneller und effizienter getroffen werden. Dafür sollen kleinere Gremien auf weniger Ebenen sorgen.
Den Auftrag, dies zu erarbeiten, erhielt der Beraterverband Verbandsmanagement (BVM) mit Sitz in Köln. Die Berater kamen bei ihren Analysen unter anderem zu dem Ergebnis, dass die Gremienstruktur der Standesvertretung komplex und aufwendig ist. Zudem sei der Ressourcenaufwand für Diskussionen hoch, man befasse sich oft vielfach mit Themen, Entscheidungsprozesse dauerten lang und seien oft wenig transparent. Letztlich erfolge die Meinungsbildung häufig ohne abschließende Entscheidungen. Zudem gebe es viele Arbeitsgremien, bei denen das Procedere der Besetzung nicht immer transparent sei.
Um dies zu ändern, wird vorgeschlagen, beim Ehrenamt, die Anzahl der Hierarchieebenen zu verringern und Aufgaben sowie Entscheidungskompetenzen sowohl zwischen ABDA, BAK und DAV als auch zwischen den jeweiligen Organen und Gremien genau zuzuordnen. Zudem schlugen die Berater vor, die Geschäftsstelle künftig durch zwei Personen führen zu lassen und dass sich das Hauptamt künftig mehr an den Prozessen als an den Disziplinen ausrichte. Letzteres behindert in den Augen der Berater die interne Zusammenarbeit.
Aus den Empfehlungen wurde ein Vorschlag für eine neue Gremienstruktur erarbeitet, den die Mitgliederversammlung im Sommer beschlossen hat.
Der geschäftsführende ABDA-Vorstand soll dies nun umsetzen, vor allem in Form von Satzungsänderungen. Der Termin für den Beschluss der Satzungsänderungen, Sommer 2024, ist insofern wichtig, weil die neuen Strukturen gelten sollen, wenn 2024 die Neuwahlen in der ABDA sowie bei der BAK und beim DAV anstehen.
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