Amtsärzte: Ende der Warnfunktion bei Corona-App gerechtfertigt

Corona-Impfstoffe haben einer wissenschaftlichen Einschätzung zufolge seit Ende 2020 mehr als eine Million Leben gerettet. Lauterbach setzt auf bessere Long-Covid-Versorgung. Eine Hotline für Corona-Impfbeschwerden vermeldete viele Anrufe. Alle News finden Sie im Corona-Ticker auf FOCUS online.

News zu Corona vom 27. April 2023

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Corona-Aufarbeitung: Virologe Klaus Stöhr wirft Politik Verweigerungshaltung vor

Samstag, 29. April, 09.26 Uhr: Der Virologe Klaus Stöhr kritisiert die mangelnde Bereitschaft der Ampel-Koalition, die Corona-Politik aufzuarbeiten. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ) sagte Stöhr: „Mein Eindruck ist, dass die Parteien sehnlichst hoffen, bei der nächsten Pandemie nicht in Regierungsverantwortung zu sein. Anders kann ich mir die Verweigerungshaltung nicht erklären. Ich habe dafür kein Verständnis. “Man muss doch jetzt händeringend die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit ziehen, um bei der nächsten Pandemie besser vorbereitet zu sein.“

Befürchtungen, wie sie etwa von Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen geäußert wurden, wonach eine Aufarbeitung die Gesellschaft weiter spalten könnte, weist Stöhr entschieden zurück.“Wenn Herr Dahmen sich vor dem kritischen Diskurs fürchtet, hätte er wohl besser nicht in die Politik gehen sollen. Jede Analyse führt potenziell auch zu einer Auseinandersetzung: auch eine rückwärts gerichtete Pandemie-Aufarbeitung. Aber die ist doch auch notwendig.“

Stöhr zählt zu den Initiatoren eines Schreibens von zahlreichen Medizinern und anderen Experten an die Bundesregierung, die eine systematische wissenschaftliche Aufarbeitung der Corona-Politik fordern. „Es gibt eine gesellschaftliche und politische Verantwortung, aus der Pandemie zu lernen. Das ist man auch dem Steuerzahler schuldig, der sich pro Kopf mit etwa 5300 Euro an den Maßnahmen beteiligt hat. Wer aus seinen Fehlern nicht lernen will, wird sie wiederholen“, sagte Stöhr der NOZ.

Ziel einer solchen Kommission sollte sein, „Deutschlands Pandemieplan auf den neuesten Stand zu bringen“. „Es kann doch nicht sein, dass die Verantwortlichen bei der nächsten Pandemie auf den aktuellen Plan zurückgreifen müssen. Die Kosten, das nicht zu tun, werden ungleich höher sein als die Aufwendungen für eine Kommission“, warnte Stöhr. Eine punktuelle Aufarbeitung, wie etwa mit den aktuellen Schulstudien, reiche nicht aus.

Kassenärzte sehen Einrichtung von Long-Covid-Ankerzentren kritisch

19.55 Uhr: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sieht die Pläne der rheinland-pfälzischen Landesregierung, fünf Ankerzentren für Menschen mit Long- oder Post-Covid einzurichten kritisch. „Wir wehren uns nicht dagegen“, sagte der KV-Vorstandsvorsitzende Peter Heinz am Donnerstag, allerdings fehlten Ärzte, Geld und sinnvolle Behandlungen.

„Wir sehen viele Menschen mit schweren Folgen. Das Beschwerdebild ist aber total uneinheitlich und bunt.“ Die richtige Behandlung sei noch unklar und „eine Struktur ohne die Erkenntnis, was ich machen muss, nicht so schlüssig“. Sinnvoller sei es, die Patienten erstmal je nach ihren Beschwerden vom entsprechenden Facharzt behandeln zu lassen. „Bei den meisten entwickelt es sich aber im Laufe der Zeit zum Guten“, betonte Allgemeinmediziner Heinz.

Für die Ankerzentren fehlten nicht nur Ärzte, sondern auch medizinisches Personal, sagte KV-Vorstandsmitglied und Psychotherapeut, Peter Andreas Staub. Die Finanzierung sei auch unklar, die Krankenkassen hätten der KV dazu noch nicht geantwortet, das Ministerium erwarte aber, dass sich Kassen und KV einigten, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und Anästhesist, Andreas Bartels. Die vorgesehenen 50 000 Euro der Landesregierung pro Ankerzentrum seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bartels sprach sich für eine Steuerung der Hausärzte und das Erstellen von Netzwerken aus Fachärzten aus. Rund 80 000 Menschen in Rheinland-Pfalz leiden nach Erkenntnissen des Gesundheitsministeriums an Long- oder Post-Covid-Symptomen.

Amtsärzte: Ende der Warnfunktion bei Corona-App gerechtfertigt

Donnerstag, 27. April, 10.30 Uhr: Das Ende der Warnungen über die Corona-App des Bundes zum 1. Mai ist aus Sicht der Amtsärzte gerechtfertigt. Die App sei „ein nützliches Instrument“ gewesen, um rechtzeitig auf mögliche Infektionsübertragungen hinzuweisen und dann Tests zu veranlassen, erklärte der Bundesverband der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Gegenwärtig seien kaum schwere Krankheitsverläufe zu verzeichnen. Das Risiko, wegen einer Corona-Infektion intensivmedizinisch behandelt werden zu müssen, sei außerordentlich gering. „Insofern ist es gerechtfertigt, die Warnfunktion abzustellen.“

Wie es auch in einer Nutzerinformation in der App heißt, ist es nur noch bis einschließlich diesen Sonntag möglich, andere nach einem positiven Test zu warnen und Warnungen über „Risikobegegnungen“ zu erhalten. Die App soll dann zum 1. Juni in einen „Schlafmodus“ gehen und nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums vorerst nicht mehr aktualisiert werden. Man kann sie aber auf dem Handy behalten, um damit weiter elektronische Impfzertifikate zu nutzen.

Der Amtsärzte-Verband bilanzierte, die App habe dazu beigetragen, die Zahl von Infektionsübertragungen zu reduzieren. Sie habe außerdem auch Handlungsorientierungen gegeben. „Der Nutzen sollte aber noch evaluiert werden.“ Insgesamt gab es nach Angaben der App-Macher gut neun Millionen Menschen, die nach einem positiven Test mithilfe der App mehr als 270 Millionen Warnungen ermöglichten. Seit dem Start am 16. Juni 2020 sei die App mehr als 48 Millionen mal heruntergeladen worden, bis zu 35 Millionen hätten die Anwendung aktiv genutzt.

Der Digitalbranchenverband Bitkom bezeichnete die App als eine „Erfolgsgeschichte made in Germany“. Präsident Achim Berg sagte: „Sie hat Menschenleben gerettet und wurde stetig weiterentwickelt und durch viele sinnvolle Zusatzfunktionen ergänzt.“ Dabei sei sie in höchstem Maße datenschutzkonform gewesen, die Veröffentlichung ihres Quellcodes habe für Transparenz gesorgt. Wichtig sei, dass die App im Fall der Fälle schnell aus dem Schlafmodus geweckt werden könne.

Der Amtsärzte-Verband erläuterte, in der gegenwärtigen Lage “ohne erhebliches Gefährdungspotential für die Bevölkerungsgesundheit“ durch die Omikron-Variante sei das Unterbrechen von Infektionsketten nicht mehr vordergründig. Ermittlungen erfolgten in Gesundheitsämtern daher noch zur Orientierung und Bewertung der Situation, aber nicht mehr umfassend. Corona-Meldungen gingen noch in sehr geringem Umfang ein. Monitoring-Daten des Abwassers und des Robert Koch-Instituts (RKI) gäben daher vermutlich eine bessere Übersicht über das Infektionsgeschehen als PCR-Ergebnisse, die in den Ämtern eingehen.

Viele Anrufe wegen Corona-Impfbeschwerden bei Info-Hotline

Dienstag, 25. April, 8.05 Uhr: Knapp 2000 Menschen haben sich bisher wegen gesundheitlichen Problemen nach einer Corona-Impfung bei einer Telefonhotline gemeldet. „Die Erfahrungen der Hotline zeigen, dass der Leidensdruck von einigen Menschen enorm ist und es deshalb richtig war, ein Informationsangebot zu schaffen“, teilte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) am Dienstag mit. Die Anrufe kommen demnach nicht nur aus Bayern, sondern auch aus vielen anderen Bundesländern.

Der Freistaat hatte die sogenannte Post-Vac-Hotline Anfang des Monats gestartet. Die telefonische Beratung übernehmen bis zu 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen. Nach einem anfänglichen Ansturm in der ersten Woche von zum Teil mehr als 400 Anrufen pro Tag haben sich die Anfragen nach Angaben des Ministeriums mittlerweile in einem zweistelligen Bereich pro Tag eingependelt.

Über das sogenannte Post-Vac-Syndrom ist nach Angaben des Ministeriums noch zu wenig bekannt. Dabei können Beschwerden auftreten, die denen bei Post- oder Long-Covid ähneln. „Daher brauchen wir dringend eine intensivere Forschung zu diesem Themenkomplex“, mahnte Holetschek. Die Gesundheitsministerkonferenz habe die Bundesregierung deshalb aufgefordert, die Forschung dazu zu verstärken.

Das Post-Vac-Syndrom sei von den Impfschäden nach einer Corona-Impfung abzugrenzen, betonte Holetschek. Diese seien sehr selten: In Bayern seien bislang 90 Impfschäden bekannt, dem gegenüber stehen rund 29 Millionen Covid-19-Impfungen.

Kassen übernehmen noch nicht überall Corona-Impfungen

Sonntag, 23. April, 06.00 Uhr: Corona-Impfungen sind nach dem Ende der lange geltenden Krisenregeln noch nicht in allen Bundesländern direkt auf Kassenkosten zu bekommen. Die dafür notwendigen Vergütungsvereinbarungen wurden zunächst nur in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Thüringen, Westfalen-Lippe und im Saarland beschlossen, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Dort, wo die Kostenerstattung noch nicht geregelt ist, wie in NRW und Berlin, erhalten die Patientinnen und Patienten demnach zunächst eine Privatrechnung, die sie dann bei ihrer gesetzlichen Krankenkasse zur Erstattung einreichen können.

Die Organisation der Corona-Impfungen war zu Ostern vom vorherigen Krisenmodus in die reguläre Versorgung in den Praxen übergegangen. Die Vergütung dafür wird den Angaben zufolge jeweils auf Landesebene zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen und Krankenkassen geregelt.

Rahmen für den Anspruch auf kostenlose Impfungen ist nun eine Richtlinie, die sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) orientiert. Laut einer Bundesverordnung sind Impfungen auf Kassenkosten aber weiterhin auch darüber hinaus möglich, wenn eine Ärztin oder ein Arzt es für medizinisch erforderlich hält. Die einst stark nachgefragten Impfungen laufen seit langem nur noch schleppend.

Drosten: Bevölkerungsimmunität hat zum Ende der Pandemie geführt

Samstag, 22. April, 09.37 Uhr: Eine bevölkerungsweite Immunität gegen das Corona-Virus hat nach Angaben des Berliner Virologen Christian Drosten zum Ende der Corona-Pandemie in Deutschland geführt. „Wir sind jetzt bevölkerungsweit in der Situation, dass wir immun sind. Das ist Bevölkerungsimmunität und darum ist jetzt die Pandemie vorbei“, sagte Drosten bei einer Veranstaltung des Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten am Freitag in Berlin.

Die Pandemie sei nicht etwa vorbei, weil die Omikron-Variante mild sei, betonte der Charité-Professor. „Omikron ist nicht mild. Das ist einfach eine öffentliche Fehldarstellung“, sagte Drosten. „Was uns in die bessere Situation bringt, ist die Impfung insbesondere und dann die Möglichkeit, auf dem Boden der Impfung uns endlich infizieren zu können, ohne zu sterben.“ Die sogenannte Hybrid-Immunität schütze perfekt vor schweren Verläufen. Von einer Hybrid-Immunität spricht man, wenn eine Person sowohl geimpft ist als auch infiziert war, beziehungsweise wieder genesen ist.

Drosten hatte sich bereits in einem Interview Ende 2022 zu einem Pandemie-Ende geäußert, sich danach aber missverstanden gefühlt. Im Podcast „Coronavirus-Update“ bei NDR-Info sagte der Virologe im Januar, dass er eigentlich etwas anderes gesagt habe als das, was in Teilen der Öffentlichkeit angekommen sei. Das Pandemie-Ende lasse sich nicht vorab ankündigen, man könne dies nur im Nachhinein – also nach dieser Welle – betrachten.

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