Drosten im Interview: Machen Mutationen das Coronavirus bald harmloser?
Spricht man bei einem Virus von Mutationen, schrillen bei vielen direkt die Alarmglocken. Auch vor einigen Wochen waren sich Experten uneinig darüber, ob eine solche Entwicklung des Coronavirus negativ zu beurteilen sei.
Der Virologe der Charité Berlin, Christian Drosten, gibt nun im NDR-Podcast jedoch zu bedenken, dass eine Mutation des Coronavirus sogar vorteilhaft sein könnte.
Dabei bezieht sich der Experte auf eine vorveröffentlichte Studie der Universität Oxford. Innerhalb dieser hatten Wissenschaftler die Virenpopulationen von insgesamt 405 Patienten untersucht.
Verschiedene Virenpopulationen in Patienten
Während dieser Untersuchungen auf Virenstämme stellten sie fest, dass manche Personen der 405 Probanden gleichzeitig zwei unterschiedliche Virenpopulationen von Sars-Cov-2 aufwiesen.
„Die Viren differenzieren sich jetzt schon ein wenig und wir haben Mutationen, welche die verschiedenen Äste des jungen Stammbaums unterscheiden“, erklärt Drosten.
Es ist also möglich, dass Patienten verschiedene Viruspopulationen in sich tragen. Dies könne man besser veranschaulichen, indem man sich die einzelnen Infektionen in unterschiedlichen Farben vorstellt.
Somit gebe es grüne und rote Patienten. Die Mehrheit der Patienten weise laut dem Virologen zwar nur eine der beiden Farben auf.
Beide Corona-Mutationen können weitergegeben werden
Es gebe aber auch Patienten, die beide Farben, also beide Viruspopulationen in sich tragen. „Die sogenannten bunten Patienten.“
Drosten erklärt, dass ein solches Vorkommen beider Virusmutationen in einem Patienten bereits bei anderen Krankheiten beobachtet wurde. „Dieses Phänomen ist nicht selten, dass es diese gemischten Viruspopulationen gibt.“
Die betroffenen Personen tragen dabei jedoch nicht nur beide Virusmutationen in sich, sie können auch beide Mutationen an andere Menschen weitergeben.
Bessere Anpassung durch Mutation
Das klingt im ersten Moment natürlich nach keiner allzu guten Nachricht. Denn zum einen zeugt dieses Aufeinandertreffen der Virusstämme von einer hohen Überlebensfähigkeit des Virus.
Zum anderen zeigt es, dass sich sich die Viren auch nach einer unterschiedlichen Entwicklung bei einem erneuten Aufeinandertreffen noch zusammen vermehren können – dies begünstigt Mutationen.
Diese Population aus gemischten Zusammensetzungen sei laut Drosten jedoch nicht unbedingt etwas Schlechtes. Denn dadurch hätte „das Virus eine bessere Aussicht auf Anpassung an den Menschen.“
Dies könne zwar dazu führen, dass es sich besser überträgt, „aber in der Nase bleibt und zu einem einfachen Schnupfen wird, der sich gar nicht mehr für die Lunge interessiert.“
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Epidemien schwächen sich in der Regel ab
Es wäre auch möglich, dass sich das Coronavirus zu einem schwereren Krankheitsverlauf hinentwickelt. Dies würde für die Entwicklung des Virus jedoch evolutionsbedingt eher weniger Sinn machen.
Denn sobald das Virus sein Replikationsniveau in allen Schleimhäuten steigern würden, „dann würde es eine schwerere Erkrankung werden.“
Diese Infektion würde laut Drosten den Körper zwar mit heftigen Symptomen schwächen. Da sich die Betroffenen jedoch schneller krank fühlen, würden sie sich auch früher isolieren und dadurch weniger Menschen anstecken.
In der Regel würden sich Virenepidemien deswegen abschwächen – das zeigen Beispiele aus der Vergangenheit.
Coronavirus wird mit der Zeit harmloser
In beiden möglichen Fällen, die Drosten im Interview aufzeigt, stellt das Virus mit der Zeit ein geringeres Problem für die Bevölkerung dar:
Die Optimierung des Virus durch eine Mutation sei laut Drosten somit ein Faktor, welcher dazu führe, dass die Epidemie mit der Zeit harmloser werde.
„Wie wir es auch drehen und wenden, es wird auf jeden Fall harmloser werden – schon allein durch die Populationsimmunität. Aber vielleicht spielt auch die Evolution noch eine Rolle dabei.“
Quelle
- NDR (2020): Corona-Podcast (47) Mutationen können auch Hoffnung bieten, abgerufen am 10.06.2020 https://www.ndr.de/nachrichten/info/47-Mutationen-koennen-auch-Hoffnung-bieten,audio694966.html
Cornelia Bertram
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