Geht’s noch?

Die Gehgeschwindigkeit eines Menschen kann verraten, wie gesund und geistig fit er ist. Wer im mittleren Alter schneller gehen kann, ist biologisch jünger und intelligenter als langsame Geher, schreiben Forscher um Line Jee Hartmann Rasmussen von der Duke University im US-Bundesstaat North Carolina im Fachmagazin „Jama Network Open“. Das Besondere an der Untersuchung: Die Teilnehmer waren erst 45 Jahre alt. Zuvor war dieser Zusammenhang vor allem bei deutlich älteren Menschen bekannt.

Die 904 Probanden der Studie sind 1972 oder 1973 in der neuseeländischen Stadt Dunedin geboren worden und wurden seitdem immer wieder medizinisch untersucht. Dazu gehörten eine Ganganalyse und ein Gehirnscan. Für die aktuelle Untersuchung sollten die Teilnehmer zunächst in ihrer normalen Geschwindigkeit gehen, dann mussten sie dabei Aufgaben lösen und schließlich so schnell gehen, wie sie können.

Langsame biologisch fünf Jahre älter

Formal waren alle Teilnehmer in etwa gleich alt, doch die Forscher ermittelten auch ihr biologisches Alter anhand verschiedener Messwerte wie Blutdruck, Atemvolumen und Herzschlag. Zudem floss die Wertung einer Jury mit ein, die das Alter der Probanden anhand ihres Aussehens schätzte.

Das Ergebnis: Einige Probanden waren so gesund und fit als wären sie mehrere Jahre jünger. Der Effekt zeigte sich vor allem bei der Höchstgeschwindigkeit. Gerade diejenigen, die besonders schnell gehen konnten, waren junggeblieben. Das Fünftel der Probanden mit der niedrigsten Gehgeschwindigkeit war zwischen dem 26. und dem 45. Lebensjahr um fünf Jahre schneller biologisch gealtert als das am schnellsten gehende Fünftel.

Die langsamsten Geher zeigten zudem durchschnittlich einen um 16 Punkte niedrigeren Intelligenzquotienten als die schnellsten Geher sowie eine geringere Dicke der Hirnrinde.

Dass Bewegung die geistige Fitness fördern kann, ist schon aus vorherigen Studien bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt seit Kurzem sogar Bewegung zur Vorbeugung von Demenz. Warum fitte Menschen jedoch geistig gesünder sind, ist unklar. Es könnte beispielsweise sein, dass sich intelligente Menschen im Schnitt mehr bewegen. Denkbar wäre aber auch, dass die Bewegung das Gehirn gesund hält.

Bei der aktuellen Studie gehörten die Probanden, die im Alter von drei Jahren eher schlecht abschnitten, mit 45 Jahren häufig zu den langsameren Gehern. Damals beurteilte eine Kinder-Neurologin anhand standardisierter Tests, wie intelligent die Kinder waren, wie gut sie sprechen konnten sowie die motorischen Fähigkeiten und das soziale Verhalten. „Vielleicht haben wir hier eine Chance zu sehen, wer im späteren Leben gesundheitlich besser abschneiden wird“, sagt Rasmussen. Extrem langsames Gehen könne zudem auf mögliche Veränderungen des zentralen Nervensystems im Kindesalter hinweisen.

„Die Gehgeschwindigkeit scheint ein wertvolles Signal für mögliche gesundheitliche Probleme bei Erwachsenen im mittleren Lebensalter zu sein“, sagt Stephanie Studenski von der University of Pittsburgh, die nicht an der Untersuchung beteiligt war.

Wie viel sich ein Mensch pro Tag bewegen sollte, um gesund zu bleiben, ist umstritten. Forscher zweifeln zunehmend an der viel zitierten 10.000-Schritte-Regel, die nicht auf wissenschaftlichen Untersuchungen basiert, sondern auf einem Werbegag. (Mehr dazu lesen Sie hier.) Neuere Analysen weisen darauf hin, dass schon 6000 bis 8000 Schritte am Tag die Gesundheit ähnlich fördern.

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