Wissen & Umwelt: Vor dem Schlaganfall kommt oft Vorhofflimmern

Das Herz schlägt unregelmäßig und schnell, es stolpert, der Puls steigt auf bis zu 160 Schläge pro Minute. Es schlägt bis hoch in den Hals. Angst und Panikattacken sind oft die Folge. Das Herz ist schließlich unser wichtigstes Organ.

Vorhofflimmern ist eine Rhythmusstörung der Herzvorhöfe. Das Tückische daran ist, dass es harmlos sein kann und schnell wieder aufhört, es kann aber auch zu lebensbedrohlichen Situationen führen.

"Zunächst verspürt der Patient einen ungeordneten, meist auch beschleunigten Herzschlag. Das Herz kommt aus dem Takt, schlägt unregelmäßig, beginnt zu rasen und merkbar stark zu klopfen. Das kann mit Schweißausbruch und Luftnot verbunden sein, mit Engegefühl im Brustkorb und mit Schwindel", erklärt Prof. Andreas Götte, Chefarzt der Kardiologie am St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. Er ist außerdem wissenschaftlicher Beirat bei der Deutschen Herzstiftung.

Der Patient merke, dass irgendetwas nicht stimmt. Vorhofflimmern ist eine oft verkannte und oft nicht diagnostiziert Herzrhythmusstörung. Allein in Deutschland haben etwa 1,8 Millionen Menschen Vorhofflimmern, manche, ohne es zu wissen.

Was bei Vorhofflimmern passiert

Elektrische Fehlreize können Vorhofflimmern auslösen. Das beginnt meist in den Lungenvenen, die in den linken Herzvorhof münden. Ist der Herzschlag unregelmäßig, schaffen es die Herzkammern und die Herzvorhöfe nicht mehr, sich zuverlässig und koordiniert zusammenzuziehen. "Die unregelmäßige Aktivität der Vorhöfe breitet sich in Flimmerwellen aus und bringt so den Vorhof zum Zittern und Flimmern", sagt Götte.

Ist der Herzschlag über längere Zeit unkontrolliert und der Puls liegt bei weit über 110 Schlägen pro Minute, entwickelt sich häufig eine Herzmuskelschwäche. Der Herzmuskel ermüdet, weil das Herz Tag und Nacht unkontrolliert schlägt, also Hochleistung bringen muss.

In der Folge können sich in kleinen Ausbuchtungen der Vorhöfe, in den sogenannten Herzohren, Blutgerinnsel bilden. Diese Gerinnsel können aus dem Herzen weggeschwemmt werden und über die Arterien in den Kopf gelangen. Die Arterien verstopfen und können so einen Schlaganfall oder eine Embolie auslösen.

Warnzeichen beachten

Nicht nur der unregelmäßige und manchmal stolpernde Herzschlag ist ein ernstes Warnzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Bei den Betroffenen kommen oft noch andere Beschwerden hinzu. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab, Treppensteigen etwa fällt plötzlich schwer.

Dann steht auf jeden Fall ein Arztbesuch an. Er kann klären, ob es lediglich ein harmloses Stolpern des Herzens ist, das meist von selbst wieder aufhört, oder ob es sich in der Tat um Vorhofflimmern handelt. Das sollte dann umgehend behandelt werden.

Mögliche Ursachen aufspüren

Sind allein schon die Blutdruckwerte sehr hoch, ist es an den Ärzten herauszufinden, wo die Ursachen liegen könnten. Das geschieht zunächst über die Blutdruckmessung oder mit Hilfe eines EKG.

Auch bildgebende Verfahren wie die Echokardiografie, auch als Herzecho bekannt, oder ein Kardio-MRT können Hinweise darauf geben, wo die Ursachen für den unregelmäßigen Herzschlag liegen könnten und um letztendlich die entsprechenden Folgen zu verhindern.

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Risikofaktor Bluthochdruck

Klassische Volkskrankheiten wie Bluthochdruck, unter dem vor allem ältere Menschen leiden, können Einfluss auf die Herzfrequenz haben. Rund 60 Prozent der Patienten mit hohem Blutdruck werden auch von Vorhofflimmern geplagt. Weitere ernstzunehmende Faktoren sind Diabetes oder etwa Lungenerkrankungen. "Auch Schilddrüsenerkrankungen oder extensiver Alkoholkonsum können die Herzvorhöfe insgesamt verändern", sagt Götte.

Es gibt zahlreiche weitere Aspekte, die ein Arzt bei Vorhofflimmern bedenken muss. So verlieren Menschen mit Vorhofflimmern häufiger ihre kognitiven Fähigkeiten. Das könne auch am unregelmäßigen Blutfluss im Gehirn liegen, meint Götte. "Man findet auch überdurchschnittlich häufig Alzheimer, also die Entwicklung einer Demenz. Die Nierenfunktion nimmt bei diesen Patienten über die Lebensjahre hinweg schneller ab", erläutert Götte. Der unregelmäßige Blutfluss scheine also auch dabei eine Bedeutung zu haben.

Therapien gegen Vorhofflimmern

Damit Vorhofflimmern nicht zu einem Schlaganfall führt, verschreibt der Arzt meist gerinnungshemmende Medikamente, auch als Blutverdünner bekannt. Solche Medikamente verhindern etwa, dass sich gefährliche Gerinnsel bilden, die dann zum Schlaganfall führen können.

Je mehr Risikofaktoren beim Patienten zutreffen, desto wichtiger ist es, dass der Arzt ein solches Medikament verschreibt.

Aber Gerinnungshemmer können starke Nebenwirkungen haben. Dazu gehört vor allem eine erhöhte Blutungsneigung, es kann bei den Patienten häufiger zu Zahnfleischbluten oder Nasenbluten kommen. Da das Blut dünner ist, bluten selbst kleinere Wunden erheblich länger und stärker.

Und so wird mittlerweile vor jeder größeren Operation erst einmal abgeklärt, ob der Patient Blutverdünner nimmt. Auch das nicht verschreibungspflichtige Aspirin oder ASS gehören in diese Kategorie, wenngleich es eine wesentlich schwächere Wirkung hat als verschreibungspflichtige Medikamente.

Neue Verfahren

Häufig versuchen Ärzte über Betablocker das Vorhofflimmern unter Kontrolle zu bringen, die Herzfrequenz zu senken und so eine Herzmuskelschwäche zu verhindern. Wenn die Rhythmusstörung auch dann nicht aufhört, behandeln viele Kardiologen ihre Patienten mittlerweile mit der sogenannten Kardioversion, einem Elektroschock. "Dabei klebt man Elektroden auf den Brustkorb und schickt dann einen größeren Stromimpuls über diese Stellen. So kann der Sinusknoten, der quasi die Batterie unseres Herzens ist, versuchen, das Herz wieder in den richtigen Takt zu bringen", erklärt Götte.

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  • Auch die Gabe arrhythmische Medikamente zu verabreichen hat sich bewährt. Mittlerweile stehen der Medizin zahlreiche Behandlungsmethoden für Vorhofflimmern zur Verfügung, und die müssen nicht notwendigerweise in der Gabe von Medikamenten bestehen.

    Ein Beispiel ist die sogenannte Katheterablation, die längerfristig den Herzrhythmus erhalten kann. "Man geht dabei mit einem Katheter in den linken Vorhof und führt entweder unter Kälteeinwirkung oder über Hitze eine Verödung der Herzmuskelzellen durch", beschreibt Götte das Verfahren. Auch dieses Verfahren kann das Auftreten von Vorhofflimmern verhindern.

    Mögliche Vorsorge

    Vorhofflimmern zu diagnostizieren, ist selbst für erfahrene Ärzte nicht immer ganz einfach, vor allem nicht, wenn der Patient selbst keine Symptome spürt. Vor allem Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören, rät Götte, regelmäßig den Puls zu kontrollieren. Es gibt einiges, das Patienten selbst tun können, um das Risiko von Vorhofflimmern und damit das Risiko eines Schlaganfalls zu verringern.

    Vor allem sollte man seinen Pulsschlag selbst regelmäßig kontrollieren, etwa mit einem gängigen Blutdruckmessgerät. Seit geraumer Zeit schon helfen auch Wearables dabei, den Pulsschlag regelmäßig zu erfassen und zu beobachten.

    Dazu gehören wie bei so vielen Erkrankungen regelmäßige Bewegung, das Gewicht möglichst auf einen Normalwert zu reduzieren und zu halten. Wichtig ist natürlich eine gesunde Ernährung, denn Übergewicht ist ein wichtiger Risikofaktor, genauso wie Rauchen, Alkoholmissbrauch, große Mengen von Kaffee oder auch Stress können sich auf das Herz und dessen Funktionen negativ auswirken.

    Es gibt also einiges, das jeder selbst tun kann, um einem möglichen Schlaganfall vorzubeugen und um zu verhindern, dass einem das Herz sprichwörtlich bis zum Halse schlägt.

    Autor: Gudrun Heise

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