Wie oral oder topisch angewandtes Cannabis helfen kann
Einer von fünf Menschen leidet an chronischem Schmerz. Neben physischen und emotionalen Beeinträchtigungen führt dieser auch zu einer reduzierten Lebensqualität und hohen Kosten für das Gesundheitssystem. Inwiefern oral oder topisch angewandter Cannabis und Cannabinoide Abhilfe verschaffen können, wurde vor Kurzem in einer Metaanalyse untersucht.
In der Therapie chronischer Schmerzen möchte man weg von der Langzeit-Opioid-Anwendung. In den letzten Jahren ist daher das Interesse an medizinischem Cannabis als therapeutische Alternative gestiegen. Leitlinien beurteilen diese Behandlungsstrategie im Moment noch sehr unterschiedlich: So empfehlen einzelne Leitlinien medizinischen Cannabis nur, wenn andere Therapieoptionen keinen Erfolg gezeigt haben. Andere sehen nur in der Behandlung von bestimmten Schmerzarten (z. B. neuropathischer Schmerz) oder in der Palliativmedizin einen Benefit. Wieder andere raten komplett vom Cannabis-Gebrauch ab.
Um eine bessere Beurteilung über den Nutzen von Cannabis bei chronischem Schmerz (Tumor- und Nicht-Tumorpatienten) zu erlangen, hat eine Arbeitsgruppe einen systematischen Review mit Metaanalyse durchgeführt. Dazu hat sie zunächst Datenbanken wie Medline, Embase, Pubmed und PsycInfo nach randomisierten kontrollierten Studien durchsucht, in denen die Wirkung von medizinischem Cannabis oder Cannabinoiden zur Behandlung von chronischem Schmerz gegen Placebo oder Nicht-Cannabis-Analgetika verglichen wurde.
Geringe Verbesserung durch nicht-inhalative Cannabis-Therapie
Schlussendlich flossen 32 Studien mit 5.174 Probanden in die Analyse ein, 29 davon waren placebokontrolliert. In zwei Studien erhielten die Teilnehmer topisches Cannabidiol (CBD), in den restlichen 30 Studien erfolgte die Applikation oral in Form von Kapseln, Sprays oder Sublingualtabletten, die entweder Cannabidivarin, Tetrahydrocannabinol (THC) oder Kombinationen von THC und CBD enthielten. Die Nachbeobachtung erfolgte über mindestens einen bis 5,5 Monate. Da alle Studien zu inhalativem Cannabis nur eine maximale Nachbeobachtungszeit von vier Wochen aufwiesen, wurden diese nicht in die Bewertung eingeschlossen. Mithilfe visueller Analogskala (max. 10 cm) bewerteten die Teilnehmer die Schmerzintensität und die Schlafqualität, und mittels verschiedener Short-Form-36-Fragebögen emotionale, rollenbezogene und soziale Beeinträchtigungen.
Es zeigte sich, dass die nicht-inhalative Cannabis-Therapie zu einer geringen bis sehr geringen Verbesserung der Schmerzintensität, der Schlafqualität und der körperlichen Leistungsfähigkeit führte. Allerdings musste dieser Effekt mit vorübergehenden Nebenwirkungen wie kognitiver Beeinträchtigung (Risikodifferenz [RD]: 2%), Erbrechen (RD: 3%), Schläfrigkeit (RD: 5%), Übelkeit (RD: 3%) und Schwindel (RD: 9%, bei längerer Anwendung als drei Monate RD: 28%) erkauft werden.
Die Autoren merken an, dass diese Ergebnisse nicht automatisch auf inhalativ angewandtes Cannabis übertragen werden können. Hierzu müssen weitere Studien folgen.
Literatur
Wang L et al. Medical cannabis or cannabinoids for chronic non-cancer and cancer related pain: a systematic review and meta-analysis of randomised clinical trials. BMJ 2021. doi: 10.1136/bmj.n1034
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