Tausenden droht Quarantäne: Was gilt, wenn Covid in der Klasse Ihres Kindes auftritt
Mit Beginn des neuen Schuljahres steigt das Risiko für Kinder, sich mit Corona anzustecken. In einigen Bundesländern heißt das bei einem positiven Test: Quarantäne für die gesamte Klasse. FOCUS Online erklärt, welche Regeln nun wo gelten.
Während deutschlandweit mindestens jeder zweite Erwachsene vollständig gegen Corona geimpft ist, ist es unter den Kindern und Jugendlichen erst ein relativ kleiner Teil. Nur 18,2 Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen haben bereits zwei Dosen erhalten. Für Kinder unter zwölf Jahren ist noch gar kein Vakzin zugelassen.
Steigen nun die Infektionszahlen in Deutschland wieder an, droht insbesondere diesen ungeimpften Kindern eine Ansteckung. Und die könnte Folgen für ihre gesamte Klasse haben. Denn in einzelnen Bundesländern könnte ein positiver Test bedeuten: Quarantäne – und zwar für alle Kontaktpersonen.
Lehrerverband warnt: Ganze Jahrgangsstufen in Quarantäne
Davor warnte etwa bereits der deutsche Lehrerverband. Sollte sich die Prognose von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bewahrheiten und eine vierte Corona-Welle im Herbst so hohe Inzidenzwerte wie noch nie nach sich ziehen, sieht dieser große Probleme auf die Schulen zukommen. „Das hieße natürlich, dass es in sehr vielen Klassen Infizierte geben würde, dann würden wieder ganze Lerngruppen oder sogar Jahrgangsstufen in Quarantäne geschickt werden müssen", erklärte der Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger gegenüber der Tageszeitung "nd.DerTag". An regulären Unterricht wäre dann auf absehbare Zeit nicht zu denken.
Was genau gilt, wenn in der Klasse Ihres Kindes ein positiver Corona-Fall auftritt, unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland. In der Regel werden die Eltern des positiv getesteten Schülers informiert, ein PCR-Test angeordnet – und dann? FOCUS Online gibt einen Überblick über das, was schon angekündigt ist.
Baden-Württemberg:
"In der Regel umfasst die Quarantäne im schulischen Umfeld nur die Klasse eines betroffenen Schülers", heißt es in der Verordnung des baden-württembergischen Ministeriums für Soziales und Integration. Konkret bedeutet das: Wer infiziert ist, muss sich zehn Tage isolieren. Dessen enge Kontaktpersonen, die also mindestens 15 Minuten face-to-face-Kontakt hatten, müssen sich für 14 Tage in Quarantäne begeben.
Schule in Bayern:
In Bayern fällt die Anordnung von Quarantänemaßnahmen in den Zuständigkeitsbereich des lokalen Gesundheitsamtes, welches die Schulleitung nach einem positiven Selbsttestergebnis informiert. Bis dahin können die Schüler mit einem negativen Testergebnis zunächst weiter in der Klasse und im Unterrichtsbetrieb bleiben.
Berlin:
In Berlin müssen nach Angaben des Senats für Bildung, Jugend und Familie zunächst nur diejenigen in häusliche Quarantäne, die ein positives Testergebnis haben. „Die weiteren Personen, die sich während der Durchführung des Antigen-Laien-Tests im Raum befunden haben, gelten nicht automatisch als Kontaktpersonen. Sie nehmen am Unterricht teil“, heißt es in einer Mitteilung.
Die Regel für die Entscheidung zur häuslichen Isolation laute: „10 Minuten direkter Kontakt, ohne Abstand und ohne Maske. Dies kann bei der kurzen Selbsttestung in der Regel nicht passieren.“ Die Schulleitung übernimmt hier die Rolle des Gesundheitsamtes. Individuell kann sie mögliche Kontaktpersonen wie die Nebensitzer ermitteln und „im Auftrag des Gesundheitsamtes“ eine Quarantäne aussprechen.
Brandenburg:
Im Falle einer Corona-Infektion in Schulen sollen in Brandenburg möglichst nicht mehr ganze Klassen, sondern nur noch die direkten Kontaktpersonen der Erkrankten in Quarantäne geschickt werden.
„Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, also die Hygienemaßnahmen eingehalten wurden, müssen nur direkte Kontaktpersonen in Quarantäne“, sagte Ministeriumssprecher Dominik Lenz. „Die Entscheidung trifft aber am Ende das Gesundheitsamt.“ In einer Handlungsempfehlung der Behörden heißt es dazu: „Damit beschränkt sich die Quarantäne in vielen Fällen nur auf die direkten Sitznachbarinnen und Sitznachbarn.“
Bremen:
In Bremen ermitteln die Schulen bei einem positiven PCR-Test die engen Kontaktpersonen des Betroffenen. Dazu zählen Schüler und Lehrkräfte, die länger als 10 Minuten engen Kontakt zur infizierten Person hatten, die mit der infizierten Person mit einem Abstand unter 1,5 m gesprochen haben (unabhängig von der Gesprächsdauer) oder sich gleichzeitig im selben Raum mit dem Fall mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole aufgehalten haben. Deren Daten werden an die Gesundheitsämter übermittelt, über Quarantäneregeln entscheidet dann die Behörde.
Hamburg:
In Hamburg sind Lehrer dazu angehalten, bei einem positiven Fall in der Klasse die direkten Kontaktpersonen des Betroffenen ausfindig zu machen. Mit einem „direkten Kontakt“ sind Personen gemeint, die über mindestens 15 Minuten weniger als 1,5 Meter Abstand zur Indexperson hatten. Ob diese dann in Quarantäne müssen, entscheidet das Gesundheitsamt.
Hessen:
Ein einheitliches Vorgehen gab es in Hessen im vergangenen Schuljahr nicht. Wer nach einem positiven Test in der Schule in Quarantäne musste, entschieden jeweils die Kommunen vor Ort. Bislang verkündete das Land für den Start des neuen Schuljahres, welches am 30. August beginnt, keine Neuerungen dieser Regel. Allerdings soll die Testfrequenz in den ersten beiden Schulwochen von zwei auf drei Tests je Woche erhöht werden.
Mecklenburg-Vorpommern:
Auch in Mecklenburg-Vorpommern wird bei einem Corona-Fall in der Schule künftig nicht mehr die ganze Klasse und nicht einmal der Banknachbar mehr in Quarantäne geschickt. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lagus) habe das sogenannte Kontaktpersonenmanagement angepasst, teilte das Bildungsministerium in Schwerin Mitte August mit. Werde eine Schülerin oder ein Schüler positiv mit einem PCR-Test getestet, müsse die betroffene Person in Quarantäne. Der Rest der Gruppe werde nicht automatisch in Quarantäne geschickt, sondern für diese Schüler gelte künftig 14 Tage lang die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Außerdem müssten sie sich täglich testen und sich von anderen Schülern fernhalten.
Niedersachsen:
Tritt in Niedersachsen ein Verdachtsfall in der Schule auf, stimmt die Schule das weitere Vorgehen mit den Gesundheitsbehörden ab. Unter Umständen müssen sich neben dem Indexfall auch weitere Mitschüler in Quarantäne begeben. Je nach Situation, abhängig etwa von Hygienemaßnahmen und Abstand, kann das einzelne Mitschüler, aber auch die ganze Klasse betreffen.
Nordrhein-Westfalen:
Bislang drohte Schulkindern in NRW bei einem positiven Corona-Fall Quarantäne für die ganze Klasse. Mit Beginn des neuen Schuljahrs müssen sich laut Bildungsministerium nun allerdings nur noch direkte Sitznachbarn – also Personen, die direkt vor oder hinter dem infizierten Schüler beziehungsweise rechts oder links von ihm gesessen haben, isolieren. Gleiches gilt laut einem neuen Erlass für Lehrer und weiteres Schulpersonal, die in engem Kontakt zum betroffenen Schüler standen.
Von einer Einstufung als enge Kontaktperson sollte abgesehen werden, wenn Schüler sowie Lehrkräfte während des Unterrichts einen Mund-Nasen-Schutz korrekt getragen und auch alle anderen Schutzmaßnahmen eingehalten hätten, wie korrekte Lüftung und Abstandsregelungen, heißt es im Erlass. Allerdings könnten die örtlichen Gesundheitsämter strengere Quarantäne-Kriterien für Kontaktpersonen definieren, schränkte Bildungsministerin Yvonne Gebauer ein.
Die Lehrergewerkschaft (GEW) kritisierte diese neue Regel allerdings. „Die Quarantäne an der Sitzordnung fest zu machen ist realitätsfremd. Kinder sind agil“, sagte etwa GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik.
- Lesen Sie auch: Inzidenz in NRW bei über 100: Drei Gründe, warum Corona-Zahlen so stark steigen
Rheinland-Pfalz:
Wird in einer Schulklasse in Rheinland-Pfalz eine Corona-Infektion bestätigt, entscheidet hier das Gesundheitsamt über weitere Quarantäneregeln. Darunter fällt also auch, wer von den Mitschülern als Kontaktperson eingestuft wird. Außerdem entscheide die Behörde „unter Berücksichtigung einer individuellen Risikobewertung der konkreten Situation in der Schule“, wie das Ministerium für Bildung erklärt.
Saarland:
Lehrkräfte im Saarland informieren neben den Eltern auch das Gesundheitsamt über einen positiven Test. Das weitere Vorgehen, ob auch Mitschüler (nach einem positiven PCR-Test des Betroffenen) in Quarantäne müssen, entscheidet dieses dann individuell. Eine einheitliche Regelung gibt es nicht.
Sachsen:
Auch in Sachsen gibt es keine einheitliche Regelungen zur Quarantäne bei einem positiven Corona-Fall. „Je nach Hygienekonzept der jeweiligen Einrichtung entscheidet das Gesundheitsamt in Rücksprache mit den betroffenen Einrichtungen individuell über die Maßnahmen“, heißt es etwa von der Stadt Chemnitz. „Diese können von einzelnen Kontaktnachverfolgungen bis hin zur eventuellen Schließung von Einrichtungen reichen.“
Sachsen stockt ebenfalls seine Schnelltests auf. Vom 6. bis 19. September 2021 ist eine zweimalige Testung pro Woche an Schulen geplant – in Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer Inzidenz über 10 eine dreimalige Testung.
Sachsen-Anhalt:
Das neue Schuljahr beginnt in Sachsen-Anhalt am 2. September. Bis dahin will die Landesregierung einen neuen Rahmenplan für die Hygienemaßnahmen, den Infektions- und Arbeitsschutz an Schulen entwickeln. Dieser werde „zeitnah“ veröffentlicht, heißt es auf der Website der Regierung. Bislang wurde vorerst lediglich der positiv auf Corona getestete Schüler isoliert, das Gesundheitsamt bestimmte dann über das weitere Vorgehen.
Schleswig-Holstein:
In Schleswig-Holstein läuft der Schulbetrieb bereits seit Anfang August wieder. Wird dort ein Schulkind positiv getestet, hat das in der Regel keine Auswirkungen auf die Mitschüler. Lediglich der Fall wird zunächst an das Gesundheitsamt gemeldet. „Darüberhinausgehende Schutzmaßnahmen, etwa die präventive Quarantäne der gesamten Lerngruppe oder aller Personen, die mit der positiv getesteten Person Kontakt hatten, ist im Regelfall nicht erforderlich“, heißt es von der Landesregierung.
Thüringen:
In Thüringen startet der Unterricht am 6. September wieder. Neue Regeln für das Schuljahr 2021/2022 veröffentlichte die Landesregierung bislang nicht. Im vergangenen Schuljahr galt: Die Schule informiert das Gesundheitsamt. Dieses entscheidet dann individuell, ob auch bei anderen Mitschülern PCR-Tests durchgeführt werden müssen oder diese sich in Quarantäne begeben müssen. Ebenso über eine kurzfristige Schließung von Teilen oder der ganzen Schule.
Covid-19: Lehrerverband unzufrieden mit den Vorbereitungen der Schulen
In vielen Bundesländern geben die Schulen also bei einem positiven Fall die Verantwortung und Kontaktnachverfolgung an die Gesundheitsämter ab. Die Regeln unterschieden sich, teilweise auch innerhalb der einzelnen Bundesländer. Das konkrete Vorgehen kann also auch von den Schulen selbst und den dort getroffenen Hygienemaßnahmen abhängen.
Letztere kritisierte der Deutsche Lehrerverband unlängst. Präsident Heinz-Peter Meidinger erklärte Anfang August, er sei unzufrieden mit den Vorbereitungen auf das neue Schuljahr. Man stehe ehrlicherweise nicht viel besser da als im vergangenen Jahr. „Wenn wir uns die Luftfilter anschauen, dann stehen wir da nicht so gut da, wie wir stehen könnten. Das Bundesprogramm kam ja viel zu spät – erst im Juli.“ Hier habe man viel Zeit liegen gelassen. Besser sehe es aber immerhin bei den Schnelltests aus.
Sehen Sie im Video: Ist schnell gemacht: Der beerige Skyr-Smoothie ist fruchtig, frisch und kalorienarm
Esslust Sehen Sie im Video: Ist schnell gemacht: Der beerige Skyr-Smoothie ist fruchtig, frisch und kalorienarm
Quelle: Den ganzen Artikel lesen