Sommerblues: Warum uns das Regenwetter so fertig macht
"Alles grau, alles grau in grau. Alles kalt, alles kalt, kalt, kalt" – so beginnt ein Lied der Berliner Band Isolation Berlin. Eigentlich keine Zeilen, die man unmittelbar mit dem Sommer in Verbindung bringt. Eigentlich. Leider passen sie aktuell aber nur allzu gut zu dem Wetter, das in manchen Teilen Deutschlands – man möchte sagen – wütet. Wer es gern mollig warm hat, muss bei Temperaturen, die locker unter die 20-Grad-Marke fallen, den Wollpullover aus dem Schrank ziehen. Der Hochsommer ist von dicken Wolken verhangen und fällt im wahrsten Sinne des Wortes vielerorts ins Wasser. Mit jedem trüben Tag mehr breiten sich die hängenden Mundwinkel aus, der Sommerblues greift um sich. Aber woher kommt es, dass uns das Regenwetter launentechnisch so in die Knie zwingt?
Auch wenn eine sogenannte Wetterfühligkeit lange Zeit wenig ernstgenommen wurde, weisen inzwischen immer mehr Studien daraufhin, dass bestimmte Wetterlagen Auswirkungen auf das Wohlbefinden haben können – gerade bei starken Temperaturschwankungen und Wetterumschwüngen. So fand ein Forschungsteam bei einer Umfrage im Auftrag des Umweltbundesamtes heraus, dass schlechtes Wetter Menschen gesundheitlich mehr zu schaffen macht als Sonnenschein. Von rund 1600 Befragten gaben gut 38 Prozent an, bei Kälte und Sturm einen Einfluss des Wetters auf ihre Gesundheit zu spüren. Die Sonne machte demnach nur etwa sechs Prozent der Umfrageteilnehmenden Beschwerden. Als häufigste wetterassoziierte Beschwerden wurden Kopfschmerzen, Müdigkeit und Schlafstörungen genannt. Der Deutsche Wetterdienst weist inzwischen sogar das Biowetter aus.
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Wetterchaos bringt Hormone durcheinander
Sonnig, wolkig, sonnig – das meteorologische Verwirrspiel nervt nicht einfach nur, es kann auch unseren Hormonhaushalt durcheinander bringen. Stichwort: Melatonin. Das ist das Hormon, das unseren Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Haben wir zu wenig Melatonin im Körper, kann das dazu führen, dass wir schlecht in den Schlaf finden. Wird zu viel des Hormons produziert, kann das ständige Müdigkeit verursachen und dazu führen, dass wir am liebsten nur noch schlafen wollen. Produziert wird das Hormon hauptsächlich nachts, im Dunkeln. Je mehr Tageslicht vorhanden ist, desto gehemmter ist in der Regel die Melatoninproduktion. Wird es draußen also nicht richtig hell, bleibt der Melatoninspiegel erhöht, der Schlafrhythmus und damit auch die innere Uhr geraten durcheinander. Müdigkeit, gedrückte Stimmung und Antriebslosigkeit können eine Folge sein. Halten sich die Symptome über einen längeren Zeitraum, kann sich daraus eine Depression entwickeln.
Wiederholen sich Symptome einer depressiven Episode ausschließlich zu einer bestimmten Jahreszeit, spricht man von saisonal bedingter Depression, auch als saisonal-affektive Störung (SAD) bekannt, erklärt die Deutsche Depressionshilfe. In den meisten Fällen handelt es sich um die sogenannte Winterdepression, die meist dann einsetzt, wenn die Tage im Herbst kürzer und dunkler werden und mehr Melatonin produziert wird. Weniger bekannt ist die Sommerdepression, bei der ein niedrigerer Melatoninspiegel die Stimmungslage aus dem Gleichgewicht bringt. Neben Hormonen können auch Stress und der allgemeine Gesundheitszustand Einfluss auf die Wetterfühligkeit haben.
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Wetter kann depressiv machen
Schätzungen zufolge sind etwa 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung von einer milden Form der saisonalen Depression betroffen, ist auf dem Informationsportal der Neurologen und Psychiater im Netz nachzulesen. Betroffene dieser milden Variante kommen demnach morgens schlecht aus dem Bett, sind dauernd müde und haben oftmals auch gesteigerten Appetit. Der Heißhunger konzentriert sich dann vornehmlich auf Süßes. Bei weiteren etwa fünf Prozent handelt es sich allerdings um eine ausgeprägte depressive Episode. Zu den Symptomen gehören neben Tagesmüdigkeit, Erschöpfung und Energielosigkeit auch Angstzustände. In solchen Fällen sollte ein Facharzt aufgesucht werden, der dann auch ermittelt, ob es sich um eine saisonale oder eine andere Depressionsform handelt. Studien weisen daraufhin, dass jüngere Menschen vermehrt an saisonalen Depressionen leiden, Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Gegen von schlechtem Wetter verursachte Miesepetrigkeit können unter anderem Spaziergänge etwas Linderung verschaffen. Auch wenn das trübe Draußen nicht gerade zu solchen einlädt – UV-Licht dringt auch durch bedeckten Himmel. Empfohlen wird mindestens eine Stunde Aufenthalt im Freien täglich. Alternativ können entsprechende Therapielampen mit 2500 bis 10.000 Lux genutzt werden.
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