Sexualberaterin: "Probleme im Bett werden durch die Krise verstärkt"
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Susanna-Sitari Rescio:
„Das ist für mich ein großer Widerspruch: Einerseits werden wir angehalten, Abstand zu halten, dabei ist Berührung zentral.
Ich bin Susanna-Sitari Rescio. Ich bin Sexologin und seit 20 Jahren arbeite ich hier in meiner eigenen Praxis in Hamburg.
Ich habe das erfahren als ich in Italien war, um eine Gruppe dort zu leiten, und ich durfte es eben nicht, weil da schon die Einschränkungen waren. Dann bin ich nach Hamburg zurückgeflogen und hier war es noch nicht so weit. Aber ich kam mit diesem Gefühl hier her und habe meine Freundin auch gesagt, es könnte auch hier passieren. Und tatsächlich: Eine Woche später ungefähr kamen die ersten Aufnahmen.
Ich bin oft gefragt worden: ‚Wie ist es nun mit der Sexualität in der Corona-Zeit?‘ Meine Antwort ist: Für Paare, bei denen Sexualität eine Ressource ist, das heißt, wo es ausreichend gut läuft, bleibt es auch eine Ressource. Dann ist sie eine wichtige Energiequelle. Bei den Paaren, bei denen es weniger gut läuft, läuft es nicht besser. Alleine dadurch, dass sie mehr Zeit haben oder im Homeoffice sind. Das heißt, wenn es Probleme gibt, dann werden diese verstärkt.
Die Selbsterfahrungsgruppen durfte ich nicht mehr machen. Das war schon traurig für mich. Genauso konnte ich die Ausbildungen nicht fortführen, die ich mache. Die Arbeit in der Praxis war noch möglich. Aber sie hat sich stark reduziert, weil die Menschen dann auch nicht mehr so gerne gekommen sind.
Dann habe ich relativ schnell auf online umgestellt. Ich musste mich auch irgendwie schlau machen, wie das geht, weil das war für mich neu. Also in einer Gruppe, Videokonferenzen zu leiten. Das hat aber zum Glück geklappt, und ich bin auch sehr froh darüber.
Das Thema Berührung und Berührungslosigkeit in dieser Zeit ist etwas, was mich sehr beschäftigt und auch traurig macht. Denn Berührung ist nicht einfach optional. Es ist ein absolutes Grundbedürfnis, sowohl seelisch, als auch körperlich, organisch. Das ist für mich jetzt gerade ein großer Widerspruch. Einerseits werden wir angehalten, Abstand zu halten. Aber wie gesagt, Berührung ist zentral.
Persönlich hat mich der Lock-down stark getroffen. Ich bin Italienerin und lebe auch in zwei Länder. Ich pendele hin und her und arbeite hier und dort. Und auch meine Beziehung, also mein Partner lebt in Italien, und wir durften uns jetzt dreieinhalb Monate nicht sehen. Das hat mich schon sehr getroffen und sehr traurig gemacht, manchmal auch richtig wütend. Zum Beispiel, als ich mit der italienischen Botschaft sprach und mir gesagt wurde, dass ich nur aus schwerwiegenden Gründen wieder reisen durfte. Ich habe gedacht: ‚Ja, ich will mein Partner sehen. Das ist schwerwiegend für mich.‘ Aber das hat für sie nicht gereicht.
Ansonsten fehlt mir Kontakt, fehlt mir Berührung und ich bin eine leidenschaftliche Tango Tänzerin. Da passiert ganz viel von dem, was mir im Leben wichtig ist, was ich mit meiner Arbeit transportiere. Achtsamkeit, Berührung, Bewegung, Tanz, Körperlichkeit, Sinnlichkeit. Und das ist gerade jetzt nicht möglich. Und wer weiß, für wie lange – gerade das Tango tanzen?“
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