Omikron-Subtyp BA.2: Das wissen wir über die Variante
Mit der Ausbreitung der Omikron-Variante verknüpfen viele Menschen derzeit die Hoffnung auf ein schnelles Ende der Pandemie – Tenor: Nach der aktuellen Welle dürfte das Schlimmste überstanden sein. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen allerdings vor dieser Vorstellung und verweisen auf mögliche andere Virusvarianten, die in den kommenden Monaten entstehen und erneut für Herausforderungen sorgen könnten.
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Dass das Virus nach wie vor trickreich ist – zumindest im Rahmen seiner Möglichkeiten – zeigt aktuell auch eine Untervariante von Omikron, die sich BA.2 nennt. Sie konnte sich zuletzt in einigen Ländern rasch ausbreiten. In Dänemark machte die Variante Ende 2021 rund 20 Prozent aus. Mittlerweile ist ihr Anteil auf mindestens 45 Prozent gestiegen, wie das Statens Serum Institut vor einigen Tagen mitteilte. Im selben Zeitraum ging auch der Anteil der bisherigen Omikron-Variante BA.1 zurück.
Eine ähnliche Entwicklung zeichnet sich auch in anderen Ländern ab. Großbritannien, Norwegen und Schweden verzeichnen ebenfalls zunehmend Fälle mit BA.2 in den sequenzierten Proben.
Experten vermuten, dass der Subtyp im Vergleich zu der vielerorts noch vorherrschenden Omikron-Variante BA.1 gewisse evolutionäre Vorteile haben könnte. Die Variante könnte beispielsweise noch etwas ansteckender als BA.1 sein, was auch ihre rasche Verbreitung erklären würde. Um diese Frage abschließend beantworten zu können, fehlen aber noch weitere Daten. Unklar ist auch, ob die Variante sich auch in anderen Ländern ausbreiten wird. In rund 40 Staaten wurde BA.2 bisher nachgewiesen.
Wie schätzen Experten aktuell das Gefährdungspotenzial durch BA.2 ein? Wie könnte die Variante den Pandemieverlauf beeinflussen? Und was ist über die Schwere der Krankheitsverläufe bekannt? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie sind die Omikron-Subtypen BA.1 und BA.2 miteinander verwandt?
BA.2 ist nicht etwa aus BA.1 hervorgegangen. Stattdessen handelt es sich in beiden Fällen um Untervarianten von Omikron, auch B.1.1.529 genannt. Noch eine weitere gibt es. Sie nennt sich BA.3. Vielerorts konnte sich nach dem Auftauchen von Omikron zunächst BA.1 durchsetzen, so auch in Deutschland. "Alle drei Sublinien sowie die ursprünglich definierte B.1.1.529 Linie werden unter Omikron zusammengefasst", schreibt dazu das Robert Koch-Institut (RKI) in der aktuellen Ausgabe seines Wochenberichts.
Die drei Sublinien unterscheiden sich in mehreren Aminosäurepositionen voneinander. So gibt es etwa im genetischen Bauplan des Spike-Proteins, mit dem das Virus an menschliche Zellen andockt, Unterschiede zwischen den Varianten. "Beispielsweise weist BA.2, im Gegensatz zu BA.1, unter anderem die Deletion delH69/V70 nicht auf", so das RKI.
Fehlende oder neu dazu gewonnene Mutationen im Erbgut sagen aber allein noch nichts über darüber aus, ob eine Sublinie unter Umständen gefährlicher oder ansteckender als eine andere ist. Hierfür braucht es weitere Untersuchungen.
Wie stark ist BA.2 in Deutschland verbreitet?
Noch nicht allzu stark. Das legen zumindest RKI-Zahlen aus der ersten Januar-Woche nahe. In der damaligen Stichprobe wurde BA.1 1568-mal nachgewiesen, BA.2 38-mal und BA.3 nur einmal. Es sei daher bisher "keine starke Zunahme" des BA.2-Anteils wie in anderen Ländern zu beobachten, so das RKI.
Die Elternlinie Omikron und die drei Sublinien machten Anfang Januar 62,4 Prozent aller sequenzierten Proben in Deutschland aus – gefolgt von Delta mit 37,4 Prozent.
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Wie bewerten Experten BA.2?
"Was uns überrascht hat, ist die Schnelligkeit, mit der diese Untervariante, die in Asien in großem Umfang zirkuliert, sich in Dänemark ausgebreitet hat", sagte der französische Epidemiologe Antoine Flahault gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Ursprünglich habe Dänemark Mitte Januar den Höhepunkt der Ansteckungen erwartet, dieser sei jedoch ausgeblieben. Möglicherweise sei das auf die Subvariante zurückzuführen. BA.2 scheine leichter als der bisherige Omikron-Typ BA.1 übertragbar zu sein, so der Experte. Er riet zu Wachsamkeit angesichts der Sublinie. Panik sei aber nicht angesagt.
Der US-amerikanische Epidemiologe Eric Feigl-Ding schrieb am vergangenen Sonntag auf Twitter, er sei "besorgt" über die Zunahme der Zahlen mit BA.2 in Dänemark. Seiner Einschätzung nach übertrage sich die Variante entweder "viel schneller" oder aber sie könne der Immunantwort des Körpers noch besser als die bisherige Omikron-Variante entgehen.
Was ist über die Krankheitsschwere bekannt?
Erste Daten legen nahe, dass Erkrankungen mit der BA.2-Variante nicht schwerer als mit der BA.1-Sublinie verlaufen. "Sehr frühe Beobachtungen aus Indien und Dänemark deuten darauf hin, dass es keinen dramatischen Unterschied im Schweregrad im Vergleich zu BA.1 gibt", schrieb etwa der Virologe Tom Peacock vom Imperial College in London auf Twitter. Grundsätzlich ist die Datenlage aber noch sehr dünn.
Omikron-Infektionen verlaufen grundsätzlich etwas milder als Erkrankungen durch frühere Varianten wie Delta. So zeigte sich, dass Omikron-Infizierte seltener auf Intensivstationen behandelt werden müssen. Experten warnen aber davor, dass die Variante dennoch zu großem Druck auf das Gesundheitssystem führen könnte, wenn sich gleichzeitig sehr viele Menschen anstecken.
BA.2 wird auch als „Stealth-Variante“ bezeichnet. Was steckt dahinter?
BA.2 gilt als "getarnte" Variante ("stealth variant"), da sie eine für BA.1-typische Mutation nicht besitzt. Über diese Veränderung ließ sich die bisherige Omikron-Variante relativ leicht via PCR ausfindig machen. Zwar lässt sich auch BA.2 zweifelsfrei nachweisen, dafür braucht es aber eine aufwendigere Genom-Untersuchung. Die Nachverfolgung der Ausbreitung von BA.2 dürfte das deutlich erschweren.
Warum wird BA.2 nun sehr genau beobachtet?
Von Interesse ist derzeit, ob BA.2 dem Immunschutz von Genesenen und Geimpften noch besser als die bisherige BA.1-Variante entgehen kann. Und ob sich beispielsweise auch Personen noch einmal mit BA.2 anstecken können, die bereits von Omikron genesen sind. Sollte dies der Fall sein, dürfte der Subtyp vielerorts erneut für steigende Fallzahlen sorgen.
Wie wird BA.2 den weiteren Pandemieverlauf beeinflussen?
Das ist zum aktuellen Zeitpunkt noch schwer vorherzusagen. Hier müssen weitere Daten abgewartet werden. Der britische Virologe Peacock hält zweite und starke Omikron-Wellen, die durch BA.2 angetrieben werden, zum aktuellen Zeitpunkt jedoch für unwahrscheinlich.
"Mehrere Länder haben den Höhepunkt der BA.1-Wellen erreicht oder sogar überschritten", schrieb Peacock in seinen Tweets weiter. Es würde ihn "sehr überraschen", sollte BA.2 dort nun sofort eine zweite, vergleichbar starke Omikron-Welle auslösen. "Selbst bei einer geringfügig höheren Übertragbarkeit handelt es sich absolut nicht um eine Veränderung wie von Delta zu Omikron, sondern wahrscheinlich um eine langsamere und subtilere", so seine Einschätzung. Gleichwohl könnte die Variante aber bestehende Omikron-Wellen verstärken oder die Abnahme der Fallzahlen verzögern, prognostizierte er.
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