Mifepriston: US-Richter setzen Zulassung aus, Regierung interveniert

Im US-Bundesstaat Texas hat ein konservativer Richter die Zulassung von Mifepriston, das zum medikamentösen Schwangerschaftsabbruch angewendet wird, ausgesetzt. Der am vergangenen Freitag (Ortszeit) erlassene Beschluss soll allerdings erst in sieben Tagen in Kraft treten. Die US-Regierung geht bereits dagegen vor und hat einen Eilantrag bei einem Berufungsgericht eingereicht.

Der Streit um das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche in den USA geht in die nächste Runde. Nachdem im vergangenen Juni der mehrheitlich mit konservativen Richtern besetzte Supreme Court das fast 50 Jahre alte landesweite Recht auf Abtreibung gekippt hatte und seitdem die Bundesstaaten eigenständig über die Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch entscheiden können, hat nun ein Bundesrichter im Bundesstaat Texas per einstweiliger Verfügung die Zulassung des Abtreibungsmedikaments Mifepriston ausgesetzt. Texas ist einer von 13 ausnahmslos republikanisch regierten Staaten, in denen seit dem Supreme-Court-Urteil Abtreibungen komplett verboten bzw. nur in wenigen Ausnahmefällen erlaubt sind. Der am Freitag (Ortszeit) erlassene Beschluss soll allerdings erst in sieben Tagen in Kraft treten, um der für die Zulassung von Medikamenten zuständigen Behörde die Möglichkeit zu geben, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen, heißt es in dem Gerichtsbeschluss.

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US-Präsident Joe Biden kündigte nach Bekanntwerden des Beschlusses an, seine Regierung werde gegen den Richterspruch ankämpfen. Justizminister Merrick Garland teilte am Freitag mit, sein Ministerium werde Berufung dagegen einlegen. Das ist nun auch geschehen: Am gestrigen Montag reichte das Justizministerium einen Eilantrag bei einem Berufungsgericht ein. In dem Antrag heißt es, dass der Richter zu einer „falschen Einschätzung“ gekommen sei. Das Medikament sei „sicher und wirksam“. „Sollte diese Anordnung in Kraft treten, wird sie Patienten, dem Gesundheitssystem und Unternehmen irreparablen Schaden zufügen.“

Es droht ein jahrelanger Rechtsstreit

Damit deutet sich ein langwieriger Rechtsstreit um die Zukunft von Mifepriston an, der nach Ansicht vieler Beobachter am Ende mit hoher Wahrscheinlichkeit vor dem obersten Gerichtshof der USA landen könnte. Kurz nach der Entscheidung in Texas erließ ein anderes Bundesgericht im Bundesstaat Washington an der US-Westküste einen Beschluss, der dem aus Texas weitgehend zuwider läuft. 17 von Demokraten regierte Bundesstaaten und der District of Columbia, der Bezirk, in dem die US-Hauptstadt Washington liegt, hatten geklagt, den Zugang zu dem Arzneimittel in ihren Staaten aufrechtzuerhalten. Dem gab der vom früheren Präsidenten Barack Obama eingesetzte Richter im Bundesstaat Washington statt.

Sollte die Zulassung von Mifepriston tatsächlich zurückgezogen werden, hätte das nach Ansicht von Befürwortern des Rechts auf Abtreibung dramatische Auswirkungen für die Gesundheit von Frauen im ganzen Land. Präsident Biden sagte am Freitag, die Entscheidung des texanischen Gerichts sei ein weiterer beispielloser Schritt, Frauen grundlegende Freiheitsrechte abzuerkennen und ihre Gesundheit aufs Spiel zu setzen.

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Mifepriston wurde im Jahr 2000 in den USA zugelassen und wurde bisher üblicherweise zusammen mit dem Prostaglandinanalogon Misoprostol für den Schwangerschaftsabbruch eingesetzt. Misoprostol kann aber auch alleine verwendet werden. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt dieses Vorgehen in Fällen, in denen Mifepriston nicht verfügbar ist. Es sei unklar, wie viele Ärzte tatsächlich auf diese Methode umsteigen würden, schrieb das auf reproduktive Gesundheit spezialisierte Guttmacher Institut. Mediziner in den USA hätten damit weniger Erfahrung, sagte die Epidemiologin Heidi Moseson, der Zeitschrift Nature.

Die Bedeutung medikamentöser Abtreibung in den USA nimmt auf jeden Fall immer weiter zu. Nach einer Analyse des Guttmacher Instituts werden inzwischen mehr als die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche in den USA medikamentös durchgeführt.

Mifepriston

Mifepriston verdrängt als kompetitiver Antagonist das Schwangerschaftshormon Progesteron von den Progesteron-Rezeptoren. Dies führt zu einem Abbruch der Schwangerschaft. 36 bis 48 Stunden später wird ein Prostaglandinanalogon, meist Misoprostol verabreicht. Das induziert Kontraktionen des Myometriums (glatte Muskelschicht der Gebärmutter) und eine Entspannung des Gebärmutterhalses. Dadurch öffnet sich der Gebärmutterhals und der Fötus kann ausgestoßen werden.


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