Leopoldina für impfende Apotheker

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina fordert klare und konsequente Maßnahmen in der Corona-Pandemie. Die Wissenschaftler:innen fürchten, „dass Teile der Politik und Öffentlichkeit die Dramatik der Situation nicht in ihrem vollen Ausmaß erfassen“. Unter anderem empfehlen sie eine massive Verstärkung der Impfkampagne und die Einführung einer „stufenweisen Impfpflicht“. Zu ersterem zählt für sie auch, andere Berufsgruppen – etwa Apotheker:innen – in die Impftätigkeit einzubeziehen.

Weiterhin entwickeln sich die Coronazahlen nur in eine Richtung: Es gibt mehr Infektionen, mehr Todesfälle und mehr Krankenhauseinweisungen. Hinzu kommen neue Unsicherheiten durch die neue Omikron-Variante – die Weltgesundheitsorganisation hat ihr globales Risiko am heutigen Montag vorsorglich als „sehr hoch“ eingestuft. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina am vergangenen Samstag erneut eine Ad-hoc-Stellungnahme mit einem eindringlichen Appell an Politik und Gesellschaft. 

Darin konstatieren die Wissenschaftler:innen, dass es in den vergangenen Monaten zwar viel Wissenszuwachs über SARS-CoV-2 und über die medizinischen, ökonomischen und sozialen Folgen der Pandemie gegeben haben. Zudem gebe es – anders als noch vor einem Jahr – mit Schnelltests, FFP2-Masken und vor allem mit Impfstoffen mehr und bessere „Werkzeuge“ zur Eindämmung der Virusverbreitung. „Dennoch haben die Ausbreitung der hochansteckenden Delta-Variante, die deutlich zu niedrige Impfquote, nachlassende Immunität auch nach zweimaliger Impfung und die nicht ausreichend stringenten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie dazu geführt, dass der bevorstehende Corona-Winter für Deutschland erneut zu einer massiven gesellschaftlichen Herausforderung wird.“ Um den weiteren Anstieg der Todesfälle im Zusammenhang mit COVID-19-Infektionen und eine Unterversorgung auch anderer Schwerstkranker durch Überlastung der Krankenhäuser aufzuhalten, müssten nun schnellstmöglich klare und stringente Maßnahmen nach einheitlichen Kriterien ergriffen werden, so die Leopoldina.

30 Millionen Drittimpfungen bis Weihnachten

Vor allem geht es darum, die Impfungen voranzubringen und Kontakte zu reduzieren. Dabei sei die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen zu berücksichtigen. Was die Impfungen betrifft, so gelte es, Ungeimpfte zu motivieren oder „in die Pflicht“ zu nehmen. Zudem sollten bereits Geimpfte möglichst nach fünf bis sechs Monaten eine Auffrischungsimpfung erhalten, damit sie weiterhin als „vollständig geimpft“ gelten können. „Insgesamt sollten bis Weihnachten neben Erst- und Zweitimpfungen rund 30 Millionen Drittimpfungen ermöglicht werden“, so die Unterzeichner:innen der Stellungnahme, zu denen unter anderem Professor Christian Dorsten von der Charité Berlin zählt.

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Damit eine hohe Durchimpfungsrate erreicht werden kann, empfiehlt die Leopoldina auch, andere medizinische Berufsgruppen in die Impftätigkeit einzubeziehen. Ausdrücklich nennt sie dabei Apotheker, Amtsärzte, Zahnärzte, Pflegekräfte und Hebammen. Gegebenenfalls sollte es fachliche und logistische Unterstützung der Bundeswehr, des THW und anderer anerkannter privater Hilfsorganisationen in der Katastrophenvorsorge geben. Überdies raten die Wissenschaflter:innen die flächendeckende Wiedereinrichtung von Impfzentren mit langen Öffnungszeiten sowie eine Verstärkung  „aufsuchender Impfangebote”  an Orten, wo besonders viele Personen zusammenkommen (z. B. Bahnhöfe, Ämter, Einkaufszentren), an sozialen Brennpunkten, in Seniorenheimen sowie für Personen, die sich vornehmlich im häuslichen Bereich aufhalten.

Berufsbezogene Impfpflicht

Empfohlen wird überdies die rasche Einführung einer berufsbezogenen Impfpflicht für Ärztinnen und Ärzte, Pflegekräfte und medizinische Fachberufe sowie weiterer Multiplikatorengruppen. Zudem sollte man sich auf eine allgemeine Impfpflicht vorbereiten – unter Berücksichtigung der dafür erforderlichen rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen. 

Da Impfungen nicht so schnell wirken, müssen den Wissenschaflter:innen zufolge auch sofort Kontakte heruntergefahren werden. Dafür bieten sich aus ihrer Sicht zwei Optionen an: Die eine ist, schon ab dieser Woche sofortige umfassende Kontaktbeschränkungen vorzugeben – zumindest in Regionen mit hoher Inzidenz. Aufgrund der nachlassenden Immunität müssten diese Maßnahmen vorübergehend auch für Geimpfte und Genesene gelten, die in dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung erhalten müssen. Die zweite Option wäre eine kontrollierte und sanktionierte 2G-Regelung, die allerdings weniger effektiv sei als Option eins.

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