Lässt sich die Erhöhung des Fixums einklagen?
Die Apothekerschaft fordert seit Jahren eine Anpassung des Fixums – zuletzt erfolgte diese bekanntermaßen im Jahr 2013 von dem seit 2004 geltenden Beitrag von 8,10 Euro auf 8,35 Euro. Angesichts der aktuellen Kostensteigerungen wird eine Honorarerhöhung seitens des Berufsstandes als dringlicher denn je erachtet. Ein Apotheker aus Schleswig-Holstein hat nun im Rahmen eines Gutachtens juristische Möglichkeiten prüfen lassen.
Der kürzlich veröffentlichte Forderungskatalog der ABDA fordert an allererster Stelle eine Anpassung des packungsbezogenen Fixhonorars von derzeit 8,35 Euro netto auf 12,00 Euro. Außerdem müsse, so lautet die zweite Forderung, dieses Fixum durch einen regelhaften Mechanismus jährlich an die Kostenentwicklung angepasst werden, ohne dass es gesonderter Maßnahmen des Gesetz- oder Verordnungsgebers bedürfe. Letzteres soll verhindern, dass man wieder in eine Situation gerät, wie es derzeit der Fall ist: Seit fast 20 Jahren, seit dem Jahr 2004, wurde das Fixhonorar kaum angepasst. Seit 2012, als eine Erhöhung um 25 Cent erfolge, stagniert es ganz. Neu ist die Forderung nach Erhöhung und Dynamisierung nicht, eine konkrete Ansage, was sich die ABDA vorstellt, gab es allerdings vorher nicht. Inwiefern sie damit bei der aktuellen Bundesregierung auf Gehör stößt, ist fraglich, auch wenn einzelne Gesundheitspolitiker wie Dirk Heidenblut (SPD) die Notwendigkeit der Anpassung des Fixbetrags offenbar erkannt haben.
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Einen ganz anderen Ansatz als die Appelle an die Politik hat nun Yannick Detampel, Inhaber der Holsten Apotheke in Schacht-Audorf, prüfen lassen. Der Apotheker aus dem hohen Norden – Schacht-Audorf liegt in Schleswig-Holstein zwischen Kiel und Flensburg – hat ein Kurzgutachten erstellen lassen: „Zu den juristischen Möglichkeiten einer Verpflichtung des Gesetzgebers zur Erhöhung des Fixbeitrages in § 3 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung“. Konkret möchte er wissen, ob er einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch gegen den Verordnungsgeber hat, § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV dahingehend zu ändern, dass bei der Berechnung des Apothekenabgabepreises zukünftig ein höherer Fixbetrag zu erheben ist.
Per Gericht zur Anpassung verpflichten – geht das?
Gutachter Dr. Fiete Kalscheuer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht von der Kieler Kanzlei Brock/Müller/Ziegenbein, kommt zu dem Schluss, dass es rechtlich möglich sein dürfte, den Verordnungsgeber gerichtlich zu einer Anpassung zu verpflichten.
Dazu verweist der Anwalt unter anderem auf die Begründung zum GKV-Modernisierungsgesetz, mit dem der Fixzuschlag seinerzeit eingeführt wurde. Darin heißt es, dass der Festzuschlag „in der Regel durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, angepasst werden kann“. Und weiter: „Die Anpassung soll sich dabei an der jeweiligen Kostenentwicklung der Apotheken bei wirtschaftlicher Betriebsführung richten. In der Regel soll eine Überprüfung im Abstand von zwei Jahren erfolgen, um häufige Anpassungen im geringen Cent-Bereich zu vermeiden.“
Doch die Frage ist: Ergibt sich daraus bereits ein Recht für einen einzelnen Apotheker, eine Anpassung zu verlangen? Der Verwaltungsrechtler meint, dieses könnte sich bereits aus § 78 Abs. 2 Satz 1 AMG herleiten lassen: „Die Preise und Preisspannen müssen den berechtigten Interessen der Arzneimittelverbraucher, der Apotheken und des Großhandels Rechnung tragen (…)“. Jedenfalls aber könnte sich ein solches subjektives Recht aus dem Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) ergeben.
Das ganz große Aber: das 2HM-Gutachten
Allerdings gibt es in den Augen des Juristen ein ganz großes Aber: das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums aus dem Jahr 2018, auch bekannt als 2HM-Gutachten. Da dieses sogar eine deutliche Reduktion des Fixbetrages empfohlen habe, gebe es an dem Bestehen und insbesondere der gerichtlichen Durchsetzbarkeit eines tatsächlichen Anspruchs auf Änderung des § 3 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV mit dem Ziel einer Erhöhung des Fixbetrages Zweifel, heißt es.
Das Gutachten hatte eine Absenkung des Festzuschlags auf 5,84 Euro empfohlen, dafür aber unter anderem eine Erhöhung des prozentualen Aufschlags auf Rx-Fertigarzneimittel von 5 Prozent statt bisher 3 Prozent sowie signifikante Erhöhungen der Arbeitspreise für Standardrezepturen auf 31 bis 61 Euro und der BtM-Gebühr von 14 Euro statt bisher 2,91 Euro.
Aussicht auf Erfolg habe ein gerichtliches Vorgehen nur, wenn sich das 2HM-Gutachten mit substantiellen Argumenten gegengutachterlich infrage stellen ließe, so der Gutachter. Die ABDA hat den Aussagen des Gutachtens tatsächlich nie offiziell widersprochen. Das gebe dem zu viel Bedeutung, hieß es immer wieder. Allerdings haben andere dies getan. Zum Beispiel der ehemalige Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein, Uwe Hüsgen, der den 2HM-Gutachtern Rechenfehler, falsche Bezugsgrößen und widersprüchliche Aussagen attestierte, sowie der Wirtschafsexperte Thomas Müller-Bohn, der das Honorargutachten mit der bisher üblicherweise bei Berechnungen zur Arzneimittelpreisverordnung verwendeten Methode nachrechnete und zu einem ganz anderen Ergebnis kam.
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Rein praktisch verweist Anwalt Kalscheuer darauf, dass ein entsprechender Anspruch zunächst mit der verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage zu verfolgen wäre. Eine Verfassungsbeschwerde komme erst nach Erschöpfung des Verwaltungsrechtswegs infrage.
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