Großbritannien: Ketteninhaber mobben impfende Apotheker

Am 1. September 2020 wurde in Großbritannien der Nationale Grippeimpfservice für diese Saison gestartet, bei dem auch die öffentlichen Apotheken eine große Rolle spielen. Offensichtlich ist der Andrang in den Apotheken so groß, dass es mancherorts Probleme gibt, die vielen Impfungen in der Offizin überhaupt bewältigen zu können. Apotheker berichten, dass sie von ihren Ketten-Chefs unter Druck gesetzt werden, was zu Lasten der Sicherheit gehen könnte. 

Grippeimpfungen sind derzeit wegen der Corona-Pandemie so gefragt wie nie zuvor. Das gilt auch für das leidgeprüfte Großbritannien, wo Apotheker im Rahmen des „Flu vaccination service“ ebenfalls gegen Influenza impfen. Nun berichtet das Portal „Chemist and Druggist“ über „brutales Mobbing-Verhalten der Kettenarbeitgeber“, die von ihren Impfapothekern noch mehr als den „vollen Einsatz“ verlangen. 
Die Apotheker-Organisation Pharmacists‘ Defence Association (PDA) möchte die angestellten verantwortlichen Apotheker (responsible pharmacists), die den Service erbringen, vor Überforderung schützen und hat deswegen ihre Guidance dazu angepasst. 

Androhung von Disziplinarmaßnahmen

Apotheker hätten berichtet, dass sie manchmal „mehr als 40 Grippeimpfungen an einem einzigen Tag durchführen müssen“, zusätzlich zu ihrer normalen Arbeit, heißt es darin. Wer sich weigere, diese „großen Mengen an Impfungen“ durchzuführen, müsse mit weiterem Druck seitens des Arbeitgebers rechnen. Mit den neuen Leitlinien will die PDA nach eigenem Bekunden „bestimmte Geschäftsgebaren“, vor allem die der großen Unternehmensbetreiber, ins Rampenlicht der Öffentlichkeit stellen. Sie verurteilt das „verwerfliche Verhalten“ und fordert vom General Pharmaceutical Council Leitlinien gegen das Mobbing am Arbeitsplatz.

Verantwortliche Apotheker werden überstimmt

Die Organisation befürchtet gerade jetzt während der Corona-Pandemie zusätzliche Gefahren für das Apothekenpersonal und die Impflinge, wenn die Sicherheitsmaßnahmen rund um die Impfung wegen des großen Zeitdrucks vernachlässigt werden. Sie habe „beunruhigende und konsistente Rückmeldungen erhalten“, dass verantwortliche Apotheker in einigen Fällen nicht entscheiden dürften, ob es sicher sei, den Grippeimpfdienst zu erbringen, und dass ihre Entscheidungen überstimmt oder mit Androhung von Disziplinarmaßnahmen beantwortet würden, „oft von nicht qualifizierten Managern“. Einige Unternehmen arbeiteten für die Terminierung der Influenza-Impfungen mit einem zentralisierten oder Online-Buchungssystem auf das die Apotheker, die die Impfungen dann durchführen müssten, jedoch keinen Einfluss hätten. Sie könnten die Buchungszeitpunkte weder kontrollieren noch Buchungen begrenzen, wenn sie nicht mehr bewältigt werden könnten.  

Sicherheit als oberste Priorität

Außerdem dürften die Apothekeninhaber die verantwortlichen Apotheker nicht dazu auffordern, dem Grippeimpfdienst Vorrang vor der Erbringung anderer Kernleistungen einzuräumen, fügte die PDA in der Anleitung hinzu. Ihr seien zahlreiche Fälle bekannt geworden, in denen Apotheker dazu aufgefordert worden seien, die Abgabe von Arzneimitteln zugunsten von Grippeimpfungen auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, so die PDA. Deren Direktor Paul Day fordert, dass der Sicherheit sowohl der Patienten als auch der Apothekenteams „in allen öffentlichen Apotheken Priorität vor kommerziellen Zielen eingeräumt werden müsse“.

10,08 Pfund pro Impfung

Die Vergütung, die die Apotheken in dieser Grippesaison für den Impfservice bekommen, bleibt mit 9,58 Pfund grundsätzlich unverändert gegenüber der letzten Saison. Allerdings haben sich das Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC) und der NHS England and Improvement (NHSE&I) darauf geeinigt, dass es in dieser Saison ausnahmsweise 50 Cent mehr pro Impfung geben soll, das heißt 10,08 Pfund.

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