„GKV-Versorgung ist für Apotheken defizitär“

Die Versorgung von GKV-Patient:innen ist für die Apotheken seit 2020 ein Zuschussgeschäft und wird durch das übrige Portfolio und Einkaufskonditionen quersubventioniert – das ist die bittere Kernbotschaft, die der Generalbevollmächtigte der Treuhand Hannover, Frank Diener, den Zuhörer:innen beim DAV -Wirtschaftsforum in Berlin überbrachte. Wie konnte es so weit kommen und wie könnte man das Problem lösen?

Die Stückvergütung für zulasten der GKV abgegebene Packungen ist seit 2020 im roten Bereich. Oder mit anderen Worten: Die Apotheken subventionieren die GKV. Das zeigen Zahlen der Treuhand, die Frank Diener am heutigen Mittwoch beim Wirtschaftsforum präsentierte. Konkret lag das Defizit 2020 bei 7 Cent, 2021 bei 15 Cent und 2022 bei 27 Cent pro Packung. Wenn nichts passiert, werde sich der Stückverlust in der GKV in Richtung eines Euros bewegen, prognostizierte Diener. 

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So sei zwar die Stückvergütung seit 2011 von 7,39 auf 8,48 Euro im Jahr 2022 gestiegen, die Stückkosten hätten aber auch zugelegt – von 7,13 (2011) auf 8,75 (2022). Vergütung und Kosten seien auseinandergelaufen. In der Apothekenvergütung seien weder Betriebskosten noch Unternehmerlohn enthalten, so Diener. „Um in der GKV-Versorgung arbeiten zu können, müssten sich Apotheker die Marge anderswo zusammensuchen.“ Die Abgabe von Rx-Arzneimitteln werde durch das übrige Portfolio und Einkaufskonditionen subventioniert. Angesprochen auf das 2hM-Gutachten, das ja zu dem gegenteiligen Ergebnis kam, nämlich dass das Packungshonorar zu hoch sei, sagte Diener: „Das Gutachten ist hundsmiserabel, methodisch und datentechnisch falsch, einfach Murks.“

Diener zufolge ist die Balance zwischen fixen und variablen Kosten verloren gegangen. Was unter anderem am steigenden Anteil der innovativen Arzneimittel (in Dieners Vortrag alles mit einem APV über 500 Euro) liegt. Denn in diesem Segment, das mittlerweile mit nur 1,5 Prozent der Packungen für fast 50 Prozent des Umsatzes, aber nur marginal für den Rohertrag verantwortlich ist, dominierten die umsatzvariablen Stückosten, bei Packungen unter 500 Euro („Alt-Rx-Segment“) dominierten die packungsbezogenen Fixkosten.

Die Idee hinter dem Kombimodell

Doch wie konnte es so weit kommen? Zur Erläuterung tauchte Diener tief in die Entwicklung der Stückvergütung ein. So löste bekanntermaßen im Jahr 2004 das Kombimodell aus Fixum und einem prozentualen Aufschlag die degressiven prozentualen Aufschläge auf den Apothekeneinkaufspreis ab. Mit dem Fixum sollten die umsatzunabhängigen Kosten, die circa 90 Prozent des Gesamtumsatzes ausmachten, abgedeckt werden. Zu diesen Kosten zählen beispielsweise die Miete, Energiekosten oder auch zumindest teilweise das Personal. Der prozentuale Anteil sollte für die variablen, also die umsatzabhängigen Kosten da sein. 

Dieses Modell habe sich insofern als vorteilhaft erwiesen, weil es im Gegensatz zum früheren Modell immun gegen die sinkenden Apothekeneinkaufspreise bei den Alt-Rx infolge von Festbeträgen und Rabattverträgen war, so Diener. Das hätte so manche Apotheke vernichtet. Der große Haken sei aber, dass es keine adäquate Berücksichtigung der steigenden Betriebskosten gegeben habe. Und die werden Diener zufolge weiter anziehen. Er erwartet aufgrund von Mehraufwand durch die Lieferengpässe, steigende Personalkosten und Inflation Extrakosten pro Apotheke in Höhe von durchschnittlich 30.000 Euro.

Strukturhonorar als Lösung

Den Vorschlag der ABDA für jede Apotheke ein Strukturhonorar einzuführen, hält Diener für ein praktikables Mittel gegenzusteuern. Dieser Basisbeitrag solle die Kosten abdecken, die zum Erhalt der Betriebserlaubnis notwendig sind, also die regulativ bedingten Mindestkosten. Das könne seiner Ansicht nach problemlos über dieselbe Mechanik wie der NNF abgewickelt werden. Ein weiterer Vorteil dieses Modells sei, dass man sich eine Bewertung der Apotheken hinsichtlich ihrer Versorgungsrelevanz spare. Zudem müsse man die operativen Rx-Kosten mit dem Kombimodell neu justieren, so Diener.

Weitergehen kann es in seinen Augen auf jeden Fall so nicht. „Der Staat muss laut Gesetz für eine angemessene Vergütung sorgen, wenn man sich bei Marktpartnern die Marge zusammenbetteln muss, kann man nicht mehr von einem angemessenen Honorar reden“ Es würde helfen, das Bundeswirtschaftsministerium zu verpflichten, das Honorar regelmäßig zu prüfen. Darüber, wie man prüft, könne man Konsens erzielen, so Diener.

Das alles werde aber ein langer Weg für die Apotheken werden, sagte er. Er selbst werde den allerdings nicht mehr mitgehen, weil er sich demnächst in den Ruhestand verabschieden werde.


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