Drosten kritisiert Home-Office-Regelungen und warnt vor 100.000 Neuinfektionen am Tag

Der Chef-Virologe der Berliner Charité, Christian Drosten, hat die kürzlich beschlossenen Regelungen zum Homeoffice als unzureichend bezeichnet. "Da hätte man sicher noch mehr tun können", sagt Drosten dem "Spiegel". Es wäre gut gewesen, sich an der irischen Erfahrung im Herbst zu orientieren. "Irland hat damals strikt auf Homeoffice gedrängt, und das war anscheinend sehr effektiv", sagte Drosten. "Dadurch reduziert sich automatisch die Belegung im öffentlichen Personennahverkehr."    

Das Bundeskabinett hatte am Mittwoch eine Verordnung verabschiedet, welche die Arbeitgeber dazu verpflichtet, den Beschäftigten Homeoffice zu ermöglichen, sofern keine zwingenden betrieblichen Gründe dagegen sprechen. Ein verbindliches Recht auf Homeoffice gibt es aber nicht.Angesichts der ansteckenderen Virus-Variante B.1.1.7 aus Großbritannien müssten die Fallzahlen nun möglichst weit nach unten gedrückt werden, sagte Drosten. "Es wäre absolut erstrebenswert, jetzt auf die Null zumindest zu zielen". Es bestehe momentan noch "die einmalige Gelegenheit", die Verbreitung dieser Variante in Deutschland zu verhindern oder zumindest stark zu verlangsamen.    

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Sollten die Fallzahlen jetzt nicht tief genug gesenkt werden, könne dies im Frühjahr und den Sommer negative Folgen nach sich ziehen. "Wenn die alten Menschen und vielleicht auch ein Teil von Risikogruppen geimpft sein werden, wird ein riesiger wirtschaftlicher, gesellschaftlicher, politischer und vielleicht auch rechtlicher Druck entstehen, die Corona-Maßnahmen zu beenden", sagte Drosten. 

Christian Drosten warnt vor vollen Intensivstationen

Dann würden sich innerhalb kurzer Zeit sehr viele Menschen mit Sars-CoV-2 infizieren. "Dann haben wir Fallzahlen nicht mehr von 20.000 oder 30.000, sondern im schlimmsten Fall von 100.000 pro Tag", warnte Drosten. Betroffen seien dann zwar eher jüngere Menschen, die seltener schwere Verläufe haben als ältere. "Aber wenn sich ganz viele junge Menschen infizieren, dann sind die Intensivstationen trotzdem wieder voll", sagte Drosten. "Und es gibt trotzdem viele Tote. Nur dass es jüngere Menschen trifft. Dieses schlimme Szenario könnten wir etwas abfedern, wenn wir die Zahlen jetzt ganz tief nach unten drücken."

Der Virologe geht auch nicht davon aus, dass die Fallzahlen automatisch wieder sinken werden, wenn es wärmer wird. "Dass wir 2020 einen so entspannten Sommer hatten, hatte wahrscheinlich damit zu tun, dass unsere Fallzahlen im Frühjahr unter einer kritischen Schwelle geblieben sind", sagte Drosten. "Das ist inzwischen aber nicht mehr so."    

Nach jüngsten Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) sind in Deutschland inzwischen mehr als 50.000 Menschen im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektionen gestorben. Die Gesamtzahl der Infizierten liegt bei 2,1 Millionen.

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