COVID-19-Erkrankungen in Deutschland: Ein Fünftel der stationär Behandelten gestorben – Naturheilkunde & Naturheilverfahren Fachportal

Analyse zu stationären Corona-Behandlungen

Eine Infektion mit dem neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 kann bei jedem Menschen andere Auswirkungen haben. Manche Infizierte bemerken gar nichts. Die meisten angesteckten Menschen entwickeln leichte bis mittelschwere Symptome und werden ohne stationäre Behandlung wieder gesund. Doch ein Teil erkrankt schwer und muss ins Krankenhaus. Viel von ihnen überleben nicht, wie eine erste deutschlandweite Analyse auf Basis abgeschlossener Krankenhausfälle nun zeigt.

Das Coronavirus SARS-CoV-2 ist sehr infektiös. Es besteht weltweit noch immer eine sehr dynamische und ernst zu nehmende Situation mit starker Zunahme der Fallzahlen. Insbesondere ältere Menschen und solche mit vorbestehenden Grunderkrankungen sind von schweren Krankheitsverläufen betroffen und können an der Krankheit sterben. Das wird auch in einer nun veröffentlichten Analyse deutlich.

Ergebnisse zur COVID-19-Behandlung

Laut einer aktuellen Mitteilung sind etwa ein Fünftel der COVID-19-Patientinnen und -Patienten, die von Ende Februar bis Mitte April 2020 in deutschen Krankenhäusern aufgenommen wurden, verstorben. Bei Patientinnen und Patienten mit Beatmung lag die Sterblichkeit bei 53 Prozent, bei denen ohne Beatmung mit 16 Prozent dagegen deutlich niedriger. Insgesamt wurden 17 Prozent der Erkrankten beatmet.

Das sind zentrale Ergebnisse einer Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO), der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) und der Technischen Universität (TU) Berlin, die vor kurzem im medizinischen Fachmagazin „The Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlicht worden ist.

Ausgewertet wurden die Daten von etwa 10.000 Patientinnen und Patienten mit bestätigter COVID-19-Diagnose, die vom 26. Februar bis zum 19. April 2020 in insgesamt 920 deutschen Kliniken aufgenommen wurden.

Die gemeinsame Studie liefert erstmals bundesweite und bevölkerungsrepräsentative Ergebnisse zur Behandlung der COVID-19-Erkrankten in Deutschland auf Basis der AOK-Abrechnungsdaten, die knapp ein Drittel der deutschen Bevölkerung abbilden. Ein Fokus liegt dabei auf der Situation der beatmeten Patientinnen und Patienten.

Den Angaben zufolge verstarb insgesamt etwa ein Fünftel (22 Prozent) der stationär behandelten COVID-19-Patientinnen und -Patienten. Dabei lag die Sterblichkeit der Männer mit 25 Prozent um sechs Prozentpunkte über der der Frauen (19 Prozent). Unabhängig vom Geschlecht war die Mortalität bei den älteren Erkrankten sehr hoch: 27 Prozent verstarben in der Altersgruppe der 70- bis 79-Jährigen, 38 Prozent in der Gruppe der Menschen ab 80 Jahren.

Hohe Sterblichkeitsrate bei Beatmeten

Laut der Mitteilung verstarben etwas mehr als die Hälfte der Patientinnen und Patienten, die künstlich beatmet werden mussten (53 Prozent). Die höchsten Sterblichkeitsraten waren bei beatmeten Erkrankten in der Altersgruppe von 70 bis 79 Jahren (63 Prozent) sowie bei den Patientinnen und Patienten ab 80 Jahren (72 Prozent) zu verzeichnen.

Bei den beatmeten Patientinnen und Patienten, die während des Krankenhausaufenthalts wegen eines Nierenversagens zusätzlich dialysepflichtig waren (27 Prozent aller beatmeten Betroffenen), lag die Sterblichkeit mit 73 Prozent ebenfalls sehr hoch. Im Falle der Beatmung wiesen Frauen und Männer eine ähnliche Sterblichkeit auf.

Bei den Patientinnen und Patienten ohne Beatmung war die Sterblichkeit zwar deutlich geringer, erreichte aber immerhin 16 Prozent. Auch hier korrelierte das Alter mit der Sterblichkeit. „Die hohen Sterblichkeitsraten machen deutlich, dass in den Kliniken relativ viele Patienten mit einem sehr schweren Krankheitsverlauf behandelt wurden. Diese schweren Verläufe betreffen eher ältere und gesundheitlich bereits beeinträchtigte Menschen, kommen aber auch bei jüngeren Patienten vor“, erläutert Jürgen Klauber, Geschäftsführer des WidO.

„Auch wenn die Infektionszahlen in Deutschland im Moment niedrig sind, sollten weiterhin alle nötigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen werden, um das Infektionsrisiko in der Bevölkerung so gering wie möglich zu halten.“

Männer deutlich häufiger beatmet wie Frauen

In der Studie sind die Daten der COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit und ohne Beatmung getrennt ausgewertet worden. Insgesamt wurden 1.727 (17 Prozent) der 10.021 stationär behandelten COVID-19-Erkrankten künstlich beatmet. Etwas mehr als drei Viertel der beatmeten Patientinnen und Patienten erhielt eine invasive Beatmung. Das Durchschnittsalter der Erkrankten lag bei 68 Jahren – sowohl in der Gruppe der beatmeten als auch der nicht beatmeten Betroffenen.

Der Anteil der Beatmeten unterschied sich zwischen den Altersgruppen: Bei den 60- bis 69-Jährigen sowie bei den 70- bis 79-Jährigen lag er bei 24 beziehungsweise 25 Prozent, in der Gruppe der 18- bis 59-Jährigen jedoch nur bei 15 Prozent und bei den Patientinnen und Patienten ab 80 Jahren bei zwölf Prozent.

„Der Anteil der älteren Patienten mit Beatmung liegt zwar relativ niedrig, aber wir können davon ausgehen, dass in Deutschland alle Patienten beatmet werden konnten, bei denen das therapeutisch notwendig erschien. Denn bundesweit standen zu jedem Zeitpunkt der Pandemie genügend freie Intensivbetten zur Verfügung und die Kapazität der Intensivstationen war zum Glück nie voll ausgelastet“, erklärt Christian Karagiannidis, Sprecher der DIVI-Sektion „Lunge – Respiratorisches Versagen“ sowie Leiter des ECMO-Zentrums der Lungenklinik Köln-Merheim.

„Der internationale Vergleich ist wegen unterschiedlichen Stichproben der Studien schwierig. Aber es gibt Hinweise darauf, dass in anderen Ländern tendenziell weniger hochaltrige Menschen mit Covid-19 beatmet wurden – vermutlich auch aus Kapazitätsgründen.“

Interessante Ergebnisse liefert auch ein Blick auf die Verteilung zwischen den Geschlechtern: Der Anteil der beatmeten Männer lag bei 22 Prozent und war damit fast doppelt so hoch wie bei den Frauen (zwölf Prozent), die Sterblichkeit lag hingegen auf einem vergleichbaren Niveau. „Aus den Abrechnungsdaten heraus lässt sich dieser deutliche Unterschied nicht erklären, hier besteht weiterer Forschungsbedarf“, so Karagiannidis.

Häufiger Begleiterkrankungen

Stationär behandelte COVID-19-Patientinnen und -Patienten weisen häufig eine Reihe von Begleiterkrankungen auf. Der Anteil der Patientinnen und Patienten mit Begleiterkrankungen liegt bei denjenigen mit Beatmung deutlich höher als bei denjenigen ohne Beatmung.

So hatten zum Beispiel 24 Prozent der Erkrankten ohne Beatmung Herzrhythmusstörungen; bei den Patientinnen und Patienten mit Beatmung waren es 43 Prozent. Eine Diabetes-Erkrankung lag bei 26 Prozent der COVID-19-Betroffenen ohne Beatmung und bei 39 Prozent der Patientinnen und Patienten mit Beatmung vor.

Teilweise länger als drei Wochen beatmet

Die durchschnittliche Dauer des Krankenhausaufenthaltes der COVID-19-Erkrankten betrug 14 Tage. Bei den nicht beatmeten Patientinnen und Patienten war sie mit zwölf Tagen deutlich kürzer als bei den Beatmungspatientinnen und -patienten mit 25 Tagen. Die Dauer der künstlichen Beatmung lag im Durchschnitt bei 14 Tagen, im Median bei zehn Tagen. 23 Prozent der betroffenen Erkrankten mussten sogar länger als 21 Tage beatmet bleiben.

„Mit unserer Auswertung liegen hilfreiche Zahlen für Projektionen zur Nutzung von Krankenhaus- und Beatmungskapazitäten vor. So fallen pro 100 stationäre Patienten durchschnittlich 240 Beatmungstage an. Dies sind für die Vorbereitung auf eine zweite Pandemie-Welle wichtige Zahlen. Bezüglich der normalen Krankenhausbetten ist aber auch bei hohen Infektionszahlen überhaupt kein Problem zu erwarten“, erläutert Reinhard Busse, Professor für Management im Gesundheitswesen an der TU Berlin. (ad)

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