AOKen wollen Zyto-Versorgung wieder ausschreiben
Die Berichterstattung über saftige Gewinnmargen in der Versorgung mit parenteralen Zytostatika-Zubereitungen schlägt Wellen. Der AOK-Bundesverband nutzt die Gelegenheit, wieder regionale Ausschreibungen auf Ebene der Apotheken einzufordern.
Das ARD-Politmagazin „Monitor“, NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung haben abermals die Zytostatika-Versorgung als Thema entdeckt. In diesem Markt, der auf tragischen Patientenschicksalen beruht, mischen nur wenige Apotheken mit. Er ist nicht allzu transparent, unter gewissen Voraussetzungen jedoch sehr lukrativ – und es gibt verschiedene Beteiligte, die teilhaben möchten. „Das Krebskartell“ lautete daher der Titel des Monitor-Beitrags.
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Apotheker Robert Herold, der im sächsischen Falkenstein die Central-Apotheke betreibt, findet die möglichen Gewinnmargen für Apotheken zu hoch. Er ist Ausgangspunkt der Berichterstattung – denn er präsentierte dem Journalistenteam eine Preisliste, die zeigt, wie günstig er die Arzneimittel beziehen kann, die zur Herstellung patientenindividueller Zytostatika-Zubereitungen verwendet werden. Da gibt es Margen von mehreren Hundert bis hin zu 1.000 Euro, die Apotheker:innen und/oder Ärztinnen und Ärzte einstreichen können. Denn wir befinden uns hier in einem Bereich ohne feste Herstellerabgabepreise. Zu welchen Konditionen eingekauft wird, ist Verhandlungssache zwischen Apotheke und Hersteller bzw. Großhandel.
Dass die Krankenkassen die vom Rechercheteam errechneten Einsparpotenziale von rund 500 Millionen Euro jährlich gerne für sich und ihre Versicherten beanspruchen würden, ist nachvollziehbar. Auch wenn sowohl der Verband der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (vza) als auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) diese Summe nicht nachvollziehen können.
AOK-Bundesverband: Arbeitspreis ist schon auskömmlich für Apotheken
Und so ist es auch nicht allzu überraschend, dass der AOK-Bundesverband nun die Forderung nach regionalen Ausschreibungen auf Apothekenebene aufwärmt. „Seit Jahren problematisiert die AOK-Gemeinschaft die bestehenden Einkaufsvorteile für Apotheken bei Krebsmedikamenten“, sagt Sabine Richard, Geschäftsführerin Versorgung beim AOK-Bundesverband. „Die aktuell bekannt gewordenen Listen zeigen nun, dass es diese Vorteile tatsächlich immer noch gibt.“ Aus ihrer Sicht ist der Arbeitspreis von 100 Euro für die Apotheken bereits auskömmlich – Zuschläge muss es da nicht geben. Den Medienbeiträgen ist allerdings zu entnehmen, dass jedenfalls die AOK Plus sich nicht für diese Listen interessiert hat – über Jahre habe Apotheker Herold sie der Kassen übersendet, ohne dass diese reagiert habe.
Beim AOK-Bundesverband ist man überzeugt, dass die derzeitigen Verhandlungsinstrumente der Krankenkassen „nicht geeignet seien, um zu einer fairen Vergütung zu kommen“. Notwendige Preisanpassungen in der Hilfstaxe könnten nur mit erheblicher Verzögerung und auch nur teilweise durchgesetzt werden. Einig werden sich DAV und GKV-Spitzenverband ohnehin selten, sodass die Schiedsstelle am Ende entscheidet. Unerwähnt lässt die AOK allerdings, dass diese Entscheidungen dann durchaus auch rückwirkend gelten.
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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bei Monitor Konsequenzen angekündigt. Dazu sagt Richard: „Die konkrete Forderung der AOK-Gemeinschaft in diesem Kontext lautet: Gebt den Krankenkassen die Möglichkeit zurück, die Belieferung der Arztpraxen mit Zytostatika in einem transparenten Verfahren regional auszuschreiben.“
Diese Ausschreibungen gab es schon einmal – sie wurden allerdings im Jahr 2017 abgeschafft. „Nach einer Kampagne von Apothekern und Ärzten“, wie es beim AOK-Bundesverband heißt. Tatsächlich gab es seinerzeit ein breites Bündnis gegen diese besonderen Verträge. Gespart werden sollte dann mithilfe der neu verhandelten Hilfstaxe und über Rabattverträge zwischen Kassen und den Herstellern der in den Infusionen verwendeten Zytostatika.
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Aber diese seinerzeit neu eingeführten Rabattverträge mit Herstellern (§ 130a Abs. 8a SGB V) sind aus Sicht des AOK-Bundesverbands keine sinnvolle Alternative zu jenen mit Apothekern. Anfänglich wurden einige dieser Ausschreibungen im Open-House-Verfahren unternommen – für sie gilt die gesetzliche Vorgabe, dass diese Vereinbarungen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich geschlossen werden müssen.
Diese Regelung sei in verschiedener Hinsicht problematisch, heißt es seitens des AOK-Bundesverbands auf Nachfrage der DAZ: „So überlagern sich diese Rabattverträge mit den gleichartig ausgerichteten Verhandlungen zur Hilfstaxe. Nicht nur aus diesem Grund war die Beteiligung von Herstellern an Verträgen in NRW, Schleswig-Holstein und Hamburg zögerlich.“ Zudem weist der Kassenverband darauf hin, dass Verträge mit wenigen Herstellern über zwei Jahre das Risiko der Marktverengung berge – und damit wegen „perspektivisch drohenden Lieferengpässen in diesem Segment kritisch zu werten wäre“. Vor diesem Hintergrund halte man die regionale apothekenbezogene Ausschreibung zur Belieferung von Arztpraxen für geeigneter.
Ärzte sollen Apotheke nicht selbst auswählen
Richard kritisiert in der Pressemitteilung überdies die „offensichtlichen Verflechtungen zwischen Ärzten und beliefernden Apotheken oder Herstellbetrieben“ im Bereich der Zyto-Versorgung. Es habe gute Gründe, dass Ärzte nicht an dem verdienen sollen, was sie selbst verordnen. Umgekehrt sei es Arzneimittellieferanten nicht erlaubt, Arztsitze zu Vertriebszwecken aufzukaufen. Daher dürften Apotheken inzwischen auch keine Medizinischen Versorgungszentren mehr gründen.
Der AOK-Bundesverband meint: Um möglichem Fehlverhalten vorzubeugen, sollten Ärzte nicht selbst auswählen, welche Apotheke die parenteralen Zubereitungen liefert. Auch die könne mit apothekenseitigen regionalen Ausschreibungen verhindert werden.
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