36.000 Infizierte, 57 Tote: Während alle von Corona reden, vergessen wir die Grippe
Alle sprechen vom Coronavirus. Dabei stecken wir mitten in der Grippewelle. Und das Coronavirus ist nach Experten-Einschätzung in Deutschland nicht gefährlicher als die Influenza. In der Saison 2019/2020 sind schon 35.712 Influenza-Fälle bestätigt, 57 Patienten sind verstorben.
Die Zahl der Influenza-Fälle in Deutschland ist in der vergangenen Woche stark gestiegen, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) berichtet. In der fünften Meldewoche 2020 seien bisher 14.168 Fälle erfasst worden. In der gesamten bisherigen Grippesaison, also seit Anfang Oktober 2019, wurden sogar mehr als 35.000 Menschen positiv auf Influenzaviren getestet. Davon kamen mehr als 7000 Menschen zur Behandlung ins Krankenhaus, 57 Infizierte starben.
"Corona ist auf keinen Fall gefährlicher als Influenza"
Während der Coronavirus in aller Munde ist, hört man von der Grippewelle derzeit allerdings wenig. Dabei sind Ansteckungsgefahr und Sterblichkeit bei Influenzaviren nach Experten-Einschätzung etwa gleich hoch wie beim Coronavirus. "Corona ist auf keinen Fall gefährlicher als Influenza", sagt Chefarzt Clemens Wendtner von der Schwabinger Klinik für Infektiologie, wo sieben der dreizehn Corona-Infizierten in Deutschland in Behandlung sind.
"Wir gehen davon aus, dass die Sterblichkeit deutlich unter einem Prozent liegt, eher sogar im Promillebereich“, erklärt Wendtner. Das sei eine ähnliche Größe wie bei der Influenza.
Mit Blick auf die Influenza-Erkrankungen in Deutschland sind die Gesamtzahlen allerdings ganz andere: An Grippe erkranken Schätzungen zufolge in Deutschland in jedem Jahr zwischen zwei und 14 Millionen Menschen, wie das RKI berichtet. Davon sterben mehrere Hundert bis 20.000 Influenza-Erkrankte pro Jahr.
Die Überbewertung bei dem Coronavirus rühre daher, dass in China wegen der Kapazitätsengpässe nur die schweren Fälle in Krankenhäuser aufgenommen würden; die Dunkelziffer sei hoch.
- Fallzahlen steigen rasant – 20.000 Corona-Infizierte: Auch wenn Dunkelziffer höher ist, ist das kein Grund zur Panik
Angesichts der extrem niedrigen Zahl von Corona-Infizierten in Deutschland ist die Wahrscheinlichkeit, sich hierzulande mit der neuartigen Lungenkrankheit zu infizieren, sehr gering. Anders ist das bei der Grippe, die alljährlich mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland trifft. Daher dürfte zumindest in deutschen Arztpraxen die Grippe derzeit das deutlich größere Thema sein.
Hier treten vermehrt Influenza-Fälle auf
Die folgende, aktuelle Karte des Robert-Koch-Instituts zeigt, wo im Moment vermehrt Influenza-Fälle auftreten:
Robert Koch Institut
Die echte Grippe oder Influenza ist eine akute Erkrankung der Atemwege. Eine Infektion muss an das Gesundheitsamt gemeldet werden. Sie wird von Grippeviren verursacht und ist nicht mit einem grippalen Infekt bzw. einer Erkältung zu verwechseln.
Grippeviren verändern sich ständig. Deshalb müssen Mediziner jedes Jahr neue Impfstoffe entwickeln und Menschen können sich immer wieder Grippeviren einfangen. Mitunter kann die Influenza lebensgefährlich sein. Anstecken können sich Betroffene per Tröpfchen- und Schmierinfektion.
Während etwa ein Drittel aller Erkrankten nur milde Symptome wie bei einer Erkältung zeigt und ein weiteres Drittel sogar keinerlei Anzeichen entwickelt, setzt die Krankheit in etwa einem Drittel der Fälle plötzlich ein, wie infektionsschutz.de, eine Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, schreibt.
Typische Symptome der Influenza sind:
- Halsschmerzen
- (trockener) Husten
- Fieber
- Glieder-, Rücken- oder Kopfschmerzen
Wie schwer eine Influenza verläuft, ist unterschiedlich. Komplikationen können zum Beispiel Lungenentzündungen sein oder bei Kindern Mittelohrentzündungen.
Schon nach kurzer Zeit (etwa ein bis zwei Tage) merken Infizierte, dass sie sich mit dem Grippevirus angesteckt haben. Übertragen können sie das Virus bereits einen Tag, bevor die ersten Symptome auftreten. Nach Ausbruch der Krankheit sind Infizierte in der Regel etwa eine Woche lang ansteckend, in etwa so lange dauern auch die Grippe-Symptome an.
Wie Sie sich vor Virusinfektionen schützen
Den besten Schutz vor einer Influenzainfektion bietet die Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für
- Menschen ab 60 Jahren
- Schwangere
- Menschen mit geschwächtem Immunsystem
- Menschen, die an einer Grunderkrankung leiden, die das Risiko, an einer Influenza zu erkranken, erhöht.
- Bewohner von Alters- und Pflegeheimen
- Menschen, die mit Personen zusammenleben, die einer Risikogruppe angehören oder diese betreuen
- medizinisches Personal
- Personen in stark frequentierten Einrichtungen.
Die Schutzimpfung sollten Sie am besten vor Beginn der Grippewelle bekommen, also im Oktober oder November. Aber auch während der Grippesaison kann es noch sinnvoll sein, sich impfen zu lassen, denn der Schutz setzt nach etwa 10 bis 14 Tage ein.
Da kein Impfstoff zu 100 Prozent schützt – im Fall der Grippeimpfung liegt der Schutz im Bereich zwischen 40 und 60 Prozent – sollten Sie im Alltag vor allem in der Grippesaison weitere Hygienemaßnahmen beachten, vor allem etwa:
- häufig die Hände für mindestens 20 Sekunden zu waschen
- die Hände zu desinfizieren, falls Wasser und Seife gerade nicht greifbar sind
- sich nicht mit ungewaschenen Händen ins Gesicht zu fassen
- viel zu lüften
- nach Möglichkeit Abstand zu Mitmenschen zu halten, die Krankheitssymptome wie Husten etc. zeigen
Um die Mitmenschen zu schützen, sollten Kranke zudem:
- in den Ellenbogen niesen
- zu Hause die Krankheit auskurieren.
Weitere Informationen zur Influenza finden Sie hier auf den Seiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und beim Robert Koch Institut.
Coronavirus oder Grippe? Wie Sie die beiden Infektionen unterscheiden
FOCUS Online/Wochit Coronavirus oder Grippe? Wie Sie die beiden Infektionen unterscheiden
Quelle: Den ganzen Artikel lesen