Mein liebes Tagebuch
Same Day Delivery, die Vor-Ort-Apotheken können’s, die EU-Versender wollen’s – und spannen Vor-Ort-Apotheken dafür ein. Warum nur machen Apotheken den Logistiker für Versender? Ach ja, Versender machen „grundsätzlich etwas Gutes“ – sagt der Zur Rose-Chef Oberhänsli und freut sich schon, wenn die Patienten ihren QR-Code fürs E-Rezept abfotografieren und an seinen DocMorris-Versender schicken. Zu gut, oder? Und noch ein Aufreger: Die AOK Sachsen-Anhalt retaxiert, wenn Apotheken die Akutversorgung per Botendienst erledigen. Das ist die Willkür der Kassen – krass, oder?
23. August 2021
Für Arzneimittel-Versender heißt das Zauberwort: Same Day Delivery (SDD), also die rasche Zustellung des Auftrags noch am selben Tag. Das würden sie gerne anbieten können. Mein liebes Tagebuch, da können wir Vor-Ort-Apothekers nur müde lächeln, SDD ist unser genuines Metier, bei uns gibt’s alles noch am selben Tag, entweder vor Ort sofort zum Mitnehmen oder der Kunde holt es sich ein paar Stunden später ab oder unser Botendienst bringt’s. Aber die Versandhäuser lassen nicht locker: Sie wollen Vor-Ort-Apotheken in ihre Dienste einspannen, die dann in ihrem Auftrag die Rezepte beliefern sollen, um sich dann auch mit Same Day Delivery zu brüsten. Allen voran DocMorris, der händeringend Vor-Ort-Apotheken sucht, die für ihn den Liefer-Fuzzi machen. Die Patientinnen und Patienten mögen doch bitte bei DocMorris bestellen und die Apotheke vor Ort darf’s dann von DocMorris Gnaden vorbeibringen. Und ja, es gibt sie, die Apotheken, die sich dem Diktat des EU-Versenders unterwerfen und für ihn den Logistiker machen. Nach Angabe von DocMorris sollen bereits 95 Apotheken mitmachen, sie seien mit der Gesundheitsplattform DocMorris Express vernetzt. Auch die Shop-Apotheke mit Sitz in den Niederlanden will mit einem schnellen Lieferdienst, genannt „Now“ glänzen. Sie verrät allerdings nicht, wie viele Vor-Ort-Apotheken bei ihr mitmachen, man hört nur, dass sie bereits in 13 Metropolregionen tätig sei. Wenn Vor-Ort-Apotheken den Logistiker machen, den Steigbügelhalter für die EU-Versender – was steckt dahinter? Ist das Torschlusspanik oder Hilflosigkeit oder ein Vabanque-Spiel: einfach mal mitmachen und schauen was passiert? Wir wissen es nicht, mein liebes Tagebuch.
Der Streit um den Anschluss an die Telematik-Infrastruktur (TI) für Konnektoren des Anbieters Red Medical geht in die nächste Runde. Es konzentriert sich auf die Frage: Müssen Apotheken-Softwareanbieter ihre Warenwirtschaftssysteme an Konnektoren anschließen, die nicht von ihnen selbst vertrieben werden und die in einem Rechenzentrum stehen? Und dadurch vielleicht finanzielle Vorteile bieten? Konkret streitet sich zurzeit der Konnektoren-Anbieter Red Medical, der eine „Konnektorenfarm“ betreibt, mit mehreren Softwarehäusern, allen voran Pharmatechnik. Also, mal auf den Punkt gebracht: Die Apotheken-Softwarehäuser möchten, dass die Apotheken das gesamte Computer-Equipment, die Hardware, auch bei ihnen kauft, Prinzip: Alles aus einer Hand. Mein liebes Tagebuch, kann man verstehen, man verdient ja auch am Hardwareverkauf – aber funktioniert so die Welt? Red Medical hat bereits rechtliche Schritte unternommen, um seine Interessen durchzusetzen. Außerdem will dieses Unternehmen auch das Bundesgesundheitsministerium und die Gematik als Aufsichtsbehörde einspannen und Druck auf die Softwarehäuser machen. Der Gesetzgeber habe ausdrücklich die „Interoperabilität“ gefordert, will heißen: Es sollen informationstechnische Anwendungen von verschiedenen Anbietern miteinander zusammenarbeiten können, ohne den Datenaustausch zu behindern. Damit soll auch der Wettbewerb unter den Anbietern solcher Geräte und Anwendungen gefördert werden. Mein liebes Tagebuch, wir werden sehen, wie dieser Streit weitergeht. Red Medical bittet seine Kunden, die Entwicklung abzuwarten, man habe noch bis Januar 2022 Zeit.
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