Sind Alter und Geschlecht Risikofaktoren für Thrombosen nach Vektorimpfstoffen?
Tritt ein Thrombose-Thrombozytopenie-Syndrom nur nach der ersten AstraZeneca-Impfung auf? Sind Alter und Geschlecht tatsächlich Risikofaktoren, schwere Thrombosen nach einer vektorbasierten COVID-19-Impfung zu entwickeln? Und wenn es doch am Adenovirusvektor liegt: Bergen eigentlich auch natürliche Erkältungsinfektionen mit Adenoviren die Gefahr von Sinusvenenthrombosen? Antworten auf diese Fragen hatte Professor Andreas Greinacher, Universität Greifswald, bei einer Veranstaltung des Science Media Centers.
Jeder, der möchte, kann sich mit einem Vektorimpfstoff gegen COVID-19 impfen lassen – die Politik hat die Priorisierung für die Corona-Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson aufgehoben. Die STIKO rät indes, dass die beiden Vektorimpfstoffe in der Regel älteren Menschen ab 60 Jahren geimpft werden sollen. Grund sind sehr seltene Fälle schwerer Thrombosen in Verbindung mit niedrigen Blutplättchenzahlen – Thrombose-Thrombozytopenie-Syndrom (TTS). Welche neuen Erkenntnisse gibt es mittlerweile dazu? Treten die Komplikationen nur nach der ersten Impfung auf, kann man sich also getrost die zweite Dosis AstraZeneca impfen lassen, so man die erste Dosis gut vertragen hat?
Thrombosen auch nach der zweiten Dosis möglich
So einfach ist es nicht. Das machte Professor Andreas Greinacher,
Leiter der Abteilung Transfusionsmedizin am Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald, am gestrigen Dienstag bei einer Veranstaltung des Science Media Centers deutlich. Solch eine pauschale Aussage ist nach Einschätzung von Greinacher nicht möglich. Allerdings gebe es auch nur wenige Daten aus Deutschland dazu – ihm sei hierzulande nur ein Fall bekannt, bei dem „wahrscheinlich“ nach der zweiten AstraZeneca-Dosis diese Nebenwirkung aufgetreten sei. Beweisen könne er es derzeit jedoch nicht, da die Blutprobe noch nicht analysiert sei. Allerdings: „Wir wissen sicher aus Großbritannien, wo schon früher mit AstraZeneca geimpft wurde, dass dort Menschen auch nach der zweiten Impfung dieses Problem entwickelt haben“, sagte Greinacher. Ob aber diese Komplikation nun häufiger oder seltener auftrete, dazu seien die Daten nicht valide genug. Und weiter: „Wir können im Moment nur sagen: Eine gut überstandene erste Impfung schließt die Komplikation bei der zweiten Impfung nicht aus.“
Doch gab Greinacher einen Punkt zu bedenken: Eine klinische Beobachtung sei, dass nach der zweiten AstraZeneca-Dosis die starken Immunreaktionen meist abgeschwächt sind. „Man vermutet, dass es daran liegt, dass Bestandteile des Virus durch bereits nach der ersten Impfung gebildete Antikörper schneller aus dem Körper entfernt werden können“, erklärte er. Das schließt allerdings nicht aus, dass im einzelnen Menschen eine Konstellation vorliegen kann, die die Immunantwort in die falsche Richtung steuere.
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Und wie sieht es mit Alters- und Geschlechtereffekten aus? Die meisten Fälle von Sinusvenenthrombosen und Thrombosen des Abdomens sind bei jüngeren Frauen nach Impfung aufgetreten. Das Paul-Ehrlich-Institut berichtet mittlerweile, dass bei unter 60-jährigen Frauen 2,2 nach 100.000 Impfungen ein TTS entwickeln, bei älteren Frauen sind es 1,6 Fälle pro 100.000 Impfungen. Bei Männern unter 60 Jahren sind 2,0 pro 100.000 Geimpften von Thrombosen in Verbindung mit Thrombozytopenie betroffen. Wie schätzt Greinacher diese „Risikofaktoren“ Alter und Geschlecht ein – sind es tatsächlich welche?
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