Was dahintersteckt, wenn es zwickt und drückt

Mal tut es rechts oben weh, mal links unten, mal fühlt es sich stechend an, mal drückend und meistens ziemlich unangenehm. So ziemlich jeder kennt das Gefühl, wenn es im Bauch zwickt oder kneift. Doch warum man Bauchschmerzen bekommt, kann viele Gründe haben.

Die Frage, die sich vielen stellt: Ab wann sollte ich zum Arzt gehen?

„Es kommt auf den Schweregrad und die Art der Schmerzen an und ob man unter anderen Krankheiten leidet“, sagt Martina Kadmon, Oberärztin in der chirurgischen Klinik der Uni Heidelberg. Leidet man zum Beispiel an Herzrhythmusstörungen oder hat man schon einmal ein Magengeschwür gehabt, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass eine ernste Krankheit dahintersteckt, als wenn man bisher kerngesund war.

„Hat man nur leichtes Bauchweh, vielleicht mit Übelkeit und Durchfall, kann man einen Tag abwarten“, sagt Kadmon. „Dauern die Schmerzen aber einige Tage an oder werden schlimmer, geht man besser zum Hausarzt.“ Beginnen sie plötzlich und fühlen sie sich ungewöhnlich heftig an oder nehmen innerhalb kurzer Zeit an Intensität zu, lässt man sich besser gleich in eine Klinik bringen: „So rasch wie möglich sollte man dann von einem Chirurgen gesehen werden“, sagt Kadmon. „Denn durch eine rechtzeitige Therapie kann man Schlimmes vermeiden, etwa dass eine Krankheit auf die Bauchhöhle übergreift und sich das Bauchfell entzündet.“

Den Notarzt sollte man auf jeden Fall rasch rufen, wenn noch folgende Beschwerden hinzukommen:

  • Bauch ist aufgebläht und hart
  • Es tut extrem weh, wenn man den Bauch berührt
  • Man muss heftig erbrechen, im Erbrochenen ist Blut, es sieht schwarz aus oder es ist sogar Stuhlgang dabei
  • Man hatte einen Unfall, bei dem der Bauch verletzt wurde
  • Man spürt zusätzlich heftige Schmerzen in der Brust
  • Die Haut hat sich gelb gefärbt
  • Man hat hohes Fieber
  • Man kann nicht mehr Wasser lassen oder der Stuhlgang bleibt über Tage aus
  • Man sieht Blut im Urin
  • Man bekommt Schweißausbrüche, einem wird schwindelig oder man wird ohnmächtig

Schnelle Diagnose durch Ertasten

Wartet man in der Notaufnahme, wie ein Embryo eingerollt, damit die Schmerzen erträglich sind, wird man dem Arzt als „akutes Abdomen“ angekündigt. Akutes Abdomen oder salopp „akuter Bauch“ genannt, beschreibt einen Zustand, bei dem der Arzt schnell untersuchen und entscheiden muss, ob eine Operation erforderlich ist. Erfahrene Mediziner haben oft ein gutes Gespür, was dahinterstecken könnte, allein dadurch, dass sie rasch gezielte Fragen stellen und den Bauch durch Abtasten untersuchen. Je nachdem, in welchem Bereich des Bauches man die Schmerzen am heftigsten spürt und wie sich die Schmerzen anfühlen, gibt das dem Arzt einen ersten Hinweis (siehe Grafik).

Tut es erst in der Nabelgegend und dann rechts unten weh, steckt oft eine Blinddarmentzündung (Appendizitis) dahinter, bei Schmerzen im linken Unterbauch eher entzündete Aussackungen des Darmes (Divertikulitis). Schmerzen links oder rechts in der Leiste kann auch ein eingeklemmter Leistenbruch verursachen.

Hinter kolikartiken Schmerzen im gesamten Bauch könnte ein Darmverschluss stecken, ein Ileus. Dabei wird der Darminhalt nicht weitertransportiert, zum Beispiel weil ein Tumor von außen die Darmwand eindrückt. Oder weil der Darm durch Verwachsungen von einer früheren Operation „stranguliert“ wird (Bridenileus). Der Darm versucht, das Hindernis zu überwinden, was die Koliken auslöst. Oft hat der Patient keinen Stuhlgang mehr und erbricht gleichzeitig.

Auch Nieren- oder Gallensteine können Koliken auslösen. „Spürt man starke kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch oder in den Flanken, geht man besser sofort in eine Klinik“, rät Chirurgin Kadmon. Bei einer Gallenkolik tut es im rechten und mittleren Oberbauch am stärksten weh, die Schmerzen können bis in den Rücken oder in die rechte Schulter ausstrahlen, und die Haut kann sich gelb färben. Hat sich zusätzlich die Gallenblase entzündet, kommt häufig Fieber hinzu, und es tut dauerhaft im rechten Oberbauch weh.

Der Ort und die Art des Schmerzes sind wichtig

Spürt ein älterer Patient heftige kolikartige Schmerzen in der Nabelgegend, die nach sechs bis acht Stunden nachlassen, spart man sich besser die Zeit, in die Klinik zu fahren, sondern ruft umgehend den Notarzt – vor allem dann, wenn bei demjenigen eine Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) oder eine Herzrhythmusstörung bekannt ist oder er schon mal einen Schlaganfall hatte. Denn dann kann es sein, dass seine Gefäße im Bauch sich akut durch ein Blutgerinnsel verschlossen haben. Dass die Schmerzen nachlassen, bezeichnen Mediziner als „trügerischen Frieden“. Denn in der Zeit entzündet sich zunehmend das Bauchfell (Peritonitis). Dann treten auf einmal wieder Schmerzen auf, und ohne Therapie droht eine lebensbedrohliche Blutvergiftung (Sepsis).

Bei jungen Frauen mit Bauchschmerzen zieht man oft einen Gynäkologen zu Rate. Spürt eine Frau zum Beispiel plötzlich Schmerzen, nachdem sie sich rasch bewegt hat, kann sich eine Zyste im Eierstock um die eigene Achse gedreht haben (stielgedrehte Ovarialzyste). Eine der ersten Untersuchungen bei Frauen im gebärfähigen Alter mit Bauchschmerzen ist meist ein Schwangerschaftstest. Ist der positiv und klagt die Frau über immer schlimmer werdende Beschwerden, kann eine Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter dahinterstecken, eine Extrauteringravidität. Ist der Test negativ und fingen die Schmerzen eher nach der Periode an und spürt man sie vor allem auf einer Seite, könnte sich der Eierstock entzündet haben (Adnexitis).

Viele Krankheiten können sich hinter den Schmerzen verbergen

Hat man zu viel gegessen, zu viel getrunken und leidet jetzt unter diffusen Schmerzen im Oberbauch, könnte man eine Magenschleimhautentzündung haben, eine Gastritis. Diese kann durch Viren, Bakterien, eine Lebensmittelvergiftung oder Medikamente ausgelöst werden.

Klagt ein Patient über heftigste Schmerzen im Oberbauch, die wie ein Gürtel in den Rücken strahlen, ist das ein typisches Zeichen für eine akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis), die häufig auf der Intensivstation behandelt werden muss. Bei älteren Menschen, die über „noch nie dagewesene“ Schmerzen im Unterbauch und Rücken klagen, denkt der Mediziner auch an ein Aortenaneurysma. Dabei ist ein Teil der Hauptschlagader im Bauch erweitert und kann auf einmal platzen. Wird man nicht rechtzeitig operiert, kann man innerlich verbluten.


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