Selbstdreher hängen stärker an der Kippe

Erst das Blättchen glatt streichen, dann behutsam den Tabak darauf verteilen, vielleicht einen Filter zwischen die Fingerspitzen klemmen und los geht das gefühlvolle Rollen. Für manche ist das Drehen einer Zigarette ein Ritual, das zum Rauchen einfach dazugehört. Für andere ist es schlicht ein Muss, um Geld zu sparen.

So oder so: Wer selbst dreht, denkt seltener ans Aufhören und startet auch seltener Versuche, das Rauchen zu stoppen. Zu diesem Ergebnis kommt eine britische Studie, für die mehr als 38.000 Raucher befragt wurden. Als Raucher galt dabei jeder, der im vergangenen Jahr mindestens gelegentlich Zigaretten geraucht hatte. Dabei erfassten die Forscher auch, ob die Befragten in den zwölf Monaten versucht hatten, aufzuhören – und ob es ihnen geglückt war.

Die fünf wichtigsten Ergebnisse:

1. Der typische Selbstdreher: 37 Prozent der Studienteilnehmer drehten ihre Zigaretten selbst, immerhin mehr als ein Drittel. Im Durchschnitt waren die Selbstdreher etwas jünger, häufiger männlich und sozial schlechter gestellt als die Raucher von Fertigzigaretten. Vor allem der letzte Punkt lässt sich mit den Kosten erklären: Obwohl die Selbstdreher im Schnitt eine Zigarette mehr am Tag rauchten, investierten sie nur etwa halb so viel Geld in ihren Konsum wie die Raucher fertiger Zigaretten.

2. Die Motivation zum Rauchstopp ist da – aber unterschiedlich ausgeprägt: Raucher von Fertigzigaretten versuchten häufiger aufzuhören: Bei ihnen waren es 36 Prozent, bei den Selbstdrehern nur 33 Prozent. Außerdem erklärten zum Zeitpunkt der Befragung 20 Prozent der Fertigzigaretten-Raucher, dass sie hoch motiviert seien, die Zigaretten aus ihrem Leben zu verbannen. Bei den Selbstdrehern waren es nur 16 Prozent, schreiben die Forscher um Sarah Jackson vom University College London im Fachmagazin „BMJ Open“.

Die Unterschiede klingen nicht groß – gemessen an der Zahl der Raucher in der Bevölkerung betreffen sie jedoch Tausende. Allein in Deutschland rauchen rund 29 Prozent der Erwachsenen, das entspricht knapp 20 Millionen Menschen. Vorausgesetzt, die Quote der Selbstdreher ist hierzulande ähnlich hoch wie in Großbritannien, würde ihre Gruppe rund sieben Millionen Menschen ausmachen.


Wer hat’s bezahlt?

Die Studie wurde von Cancer Research UK finanziert.


3. Egal in welcher Gruppe, Aufhören klappt fast nie: Obwohl mehr als 13.000 der 38.000 Teilnehmer versucht hatten, im Jahr vor der Befragung mit dem Rauchen aufzuhören, schafften es nur knapp 2000. Dabei gab es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Selbstdrehern und den Rauchern von Fertigzigaretten. Während bei Selbstdrehern 14 Prozent der Gewillten das Aufhören gelang, waren es in der anderen Gruppe 15 Prozent.

4. Wer sich das Aufhören vornimmt – und wer es schafft: Die geringen Erfolgsquoten zeigen, wie schwierig der Rauchstopp ist. Unter denen, die sich vornahmen, von den Zigaretten wegzukommen, waren besonders viele junge, gebildete Frauen. Tatsächlich erfolgreich waren aber vor allem ältere, gebildete Raucher beider Geschlechter.

5. Die unterschiedlichen Gründe, das Rauchen aufzugeben: Von mehr als 10.000 Teilnehmern hatten die Forscher Daten zu den Beweggründen für den Versuch aufzuhören. Die Raucher von Fertigzigaretten berichteten deutlich häufiger als Selbstdreher, aufgrund der Kosten aufhören zu wollen. Dafür spielten bei Selbstdrehern Gesundheitsprobleme eine größere Rolle.

Gründe für den Rauchstopp

Warnhinweise auf den Verpackungen hingegen beeindruckten kaum einen Raucher so stark, dass er deshalb aufhören wollte – das galt für alle Teilnehmer der Studie.

Das Fazit: billig und individuell, warum also verzichten?

Dass Rauchen tötet, weiß mittlerweile jeder. Jährlich sterben etwa sechs Millionen Menschen weltweit an den Folgen ihres Zigarettenkonsums. Allein in Deutschland hätten dieses Jahr Zehntausende Lungenkrebsfälle vermieden werden können, wenn die Menschen nie geraucht hätten. Trotzdem fehlt vielen Rauchern die Motivation aufzuhören – das gilt für Selbstdreher noch stärker als für Nutzer von Fertigzigaretten.

Ein Hauptgrund dafür könnten die geringeren Kosten der selbst gedrehten Zigaretten sein. „Da Selberdrehen eine günstige Alternative zu in Fabriken hergestellten Zigaretten bietet, können sich die Nutzer das Rauchen möglicherweise einfach länger leisten und sind nicht gezwungen aufzuhören“, sagt Studienautorin Jackson. Geht es nach den Forschern, sollten die Preise für Drehtabak angehoben werden.

Daten aus Europa zeigen, wie stark sich das auswirken kann. Demnach führt eine Preissteigerung von zehn Prozent dazu, dass die Zahl der Raucher um etwa fünf bis sieben Prozent sinkt – und besonders junge und sozial benachteiligte Menschen das Rauchen aufgeben.

Einen Faktor aber werden auch höhere Preise nicht beheben können: Das Drehen ermöglicht es jedem, die individuelle Lieblings-Zigarette zu bauen, bei einem zusätzlichen Ritual. Die kann auch mal etwas dünner ausfallen, wenn das Geld gerade knapp ist, ohne gleich ganz aus dem Leben zu verschwinden.

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