Die Klassenjüngsten haben ein höheres Risiko für ADHS und Depressionen
Beim Sport fällt es wahrscheinlich am ehesten auf: Die jüngsten, meist kleinsten Kinder in der Altersgruppe haben eher Mühe, mit den älteren mitzuhalten. Das Geburtsdatum bestimmt mit, wie leicht oder schwer einem Kind es fällt, im Unterricht Bestleistungen zu erzielen. Studien zeigen, dass dies nicht nur im Sport gilt, sondern auch in anderen Fächern: Die Jüngeren in der Klasse schneiden insgesamt nicht so gut ab wie die Älteren.
Und darüber hinaus zeigen verschiedene Untersuchungen, dass das Risiko für bestimmte Krankheiten anscheinend mit dem relativen Alter in der Schulklasse verknüpft ist. Immerhin kommen in einer Schulklasse Kinder zusammen, deren Alter ein Jahr oder sogar mehr auseinanderliegen kann – in den ersten Lebensjahren kann das einen gewaltigen Unterschied bedeuten.
Ein Team von Forscherinnen und Forscherin in Großbritannien berichtet nun, dass Lernstörungen, ADHS und Depressionen häufiger bei Kindern auftreten, die in der Schulklasse zu den jüngeren zählen.
Für die im Fachblatt „Jama Pediatrics“ veröffentlichte Studie wertete die Gruppe Daten von gut einer Million Kindern in England, Wales, Schottland und Nordirland aus, wo übrigens nicht dieselben Stichtage für das Einschulungsalter gelten.
Das Team um Jeremy Brown von der London School of Hygiene and Tropical Medicine teilte die Kinder jeweils in vier Gruppen – von den Ältesten in der jeweiligen Klasse bis zu den Jüngsten. Dann ermittelte es, wie viele Kinder und Jugendliche vor ihrem 16. Lebensjahr die Diagnose Lernstörungen, ADHS oder Depression erhielten.
Die Ergebnisse:
- Während von den jüngsten Kindern 236 von 10.000 eine ADHS-Diagnose bekamen, waren es unter den ältesten 174 von 10.000.
- In der jüngsten Gruppe wurde bei 104 von 10.000 Kindern eine Lernstörung diagnostiziert, bei den ältesten war dies bei 81 von 10.000 der Fall.
- Die Diagnose Depression erhielten 109 von 10.000 der jüngsten Kinder, 83 von 10.000 der ältesten Kinder.
Die Studie selbst kann keine Antworten dazu liefern, warum die jüngeren Kinder häufiger betroffen sind als die älteren. Das Forscherteam stellt jedoch einige Vermutungen an: Weil es den jüngeren Kindern in einer Klasse im Vergleich zu den älteren eher an Reife fehlt, könnte es sein, dass sie häufiger eine ADHS-Diagnose erhalten, obwohl sie gar nicht an dem Syndrom erkrankt sind. Doch ebenso wäre möglich, dass es unter den ältesten Kindern in der Klasse häufiger unerkannte, also nicht diagnostizierte ADHS-Fälle gibt.
Dass auch Depressionen häufiger unter den Klassenjüngsten auftreten, hängt aus Sicht der Forschergruppe ebenfalls mit der schulischen Leistung zusammen, die mit dem relativen Alter in der Klasse zusammenhängen. Denn schon bekannt sei, dass Schüler, die schlechte Noten bekommen, ein höheres Depressionsrisiko haben.
Eine einfache Lösung, wie sich das erhöhte Krankheitsrisiko für die Jüngsten senken lässt, haben die Wissenschaftler leider nicht parat. Wenn man den Stichtag für die Einschulung verschiebt, werden lediglich andere Kinder die jüngsten sein. Eine Möglichkeit wäre, vor der Einschulung zu testen, ob das Kind schon reif genug ist, oder lieber noch ein Jahr warten soll, meinen die Forscher.
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