Müssen Apotheken Cannabis-Rabattverträge beachten?

Mittlerweile gibt es einige Krankenkassen, die mit Herstellern Rabattverträge über Cannabisextrakte und Dronabinol geschlossen haben. Was bedeutet das für die Apotheken? Gibt es eine Austauschpflicht? Der DAV sagt: nein.

Rabattverträge sind ein beliebtes Instrument der Krankenkassen, um die Arzneimittelausgaben im Zaum zu halten. Da ist es fast ein Wunder, dass es fast fünf Jahre dauerte, bis die ersten Rabattvereinbarungen über Medizinalcannabis-Produkte geschlossen wurden. Doch nachdem Adrexpharma Anfang Dezember 2022 mitgeteilt hatte, als erstes deutsches Pharmaunternehmen Rabattverträge für Cannabisextrakte und -blüten mit mehreren gesetzlichen Kranken­kassen abgeschlossen zu haben, scheinen auch andere Hersteller auf den Geschmack gekommen zu sein.

So meldete Stada im vergangenen Monat, mit der AOK Nordost einen Rabattvertrag für ihre Cannabis-Vollextrakte der Marke CannabiStada® abgeschlossen zu haben – seit dem 1. Januar 2022 ist dieser auch in der Lauertaxe hinterlegt. Zum 1. Februar 2022 trat ein weiterer Rabattvertrag mit der IKK classic in Kraft.

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Beide Krankenkassen sind auch Vertragspartner von Adrexpharma – und mittlerweile haben sie noch einige Partner mehr. So erklärte eine Sprecherin der IKK classic auf Anfrage der DAZ, dass mit Wirkung zum 1. Februar 2022 die bilateralen „Direktverträge“ mit den Herstellern der Cannabisarzneien auf ein Open-House-Verfahren umgestellt worden seien. Mit Listenstand 1. März 2022 habe die IKK classic zwölf Verträge geschlossen – drei zu Dronabinol und neun zu Cannabisextrakten. 

Auch die AOK Nordost hat nachgelegt und steht nach Angaben einer Sprecherin mit weiteren Herstellern in Verhandlungen. Auch hier nimmt man nur Extrakte und Dronabinol unter Vertrag – aber keine Blüten. Die AOK hat allerdings keine Open-House-Verträge. „Jeder zertifizierte Hersteller / Händler darf gerne an uns herantreten – wir schließen keinen aus“, heißt es seitens der Kasse. Und weiter: „Natürlich prüfen wir bei jedem einzelnen Angebot Aspekte wie Lieferfähigkeit, Qualität der Produkte und Wirtschaftlichkeit des Angebots“.   

Erleichtern Rabattverträge den Zugang zur Therapie?

Adrexpharma wie auch Stada betonten, dass sie mit den Verträgen zu einer wirtschaftlicheren Patientenversorgung beitragen wollten – dabei schwebt die Hoffnung oder auch Erwartung mit, dass die Krankenkassen Patienten den Zugang Therapien mit Medizinalcannabis erleichtern werden. Denn bei den Genehmigungen tun sich einige schwer, wie mittlerweile auch eine Reihe von Gerichtsentscheidungen zeigt.

Der Bundesverband pharmazeutischer Cannabinoidunternehmen (BPC) bezog schon vor einigen Wochen Position zu den Verträgen und warnte vor einer Substitution der Naturprodukte. Aber wie sieht es überhaupt aus – sollen Apotheken austauschen, wenn ein es ein Rabatt-Cannabisprodukt gibt? 

DAV: Rahmenvertrag gilt nur für Fertigarzneimittel 

Dazu hat jedenfalls der Deutsche Apothekerverband (DAV) eine klare Meinung. Über diese informierte vergangene Woche der Bayerische Apothekerverband in seinem „BAV-Aktuell“. Demnach gelten die Abgaberegelungen des Rahmenvertrages (§§ 10 bis 14) ausdrücklich nur für die Abgabe von Fertigarzneimitteln. Darunter seien Cannabisblüten, Cannabisextrakte und Dronabinol sowohl in unverändertem Zustand als auch in Zubereitungen nicht zu fassen. „Daher kann es keine Austauschverpflichtung zugunsten von Rabattverträgen geben“, heißt es.

Und auch die IKK classic erklärt auf Nachfrage der DAZ: „Eine Austauschpflicht in der Apotheke gibt es nicht, abgegeben wird das verordnete Produkt. Vertragsprodukte werden wie üblich per Meldung in der Taxe gekennzeichnet und sind somit für Arztpraxis (und Apotheke) sichtbar. Die IKK classic kommuniziert die Rabattpartner zusätzlich an die verordnenden Ärztinnen und Ärzte. Für die Apotheken hat es keine Konsequenz, die Preise dort sind bereits durch die Hilfstaxe vereinbart“.

AOK-Nordost denkt perspektivisch

Bei der AOK Nordost kann man sich zumindest perspektivisch vorstellen, dass ein Austausch in der Apotheke bei Monopräparaten wie Dronabinol möglich sein kann. Derzeit sei es aber so, dass die Kasse, wenn sie eine Genehmigung für die Versorgung mit Medizinalcannabis erteilt, die Ärzte vor der ersten Verordnung auf ihre Rabattpartner hinweist. „Da Ärzte im Rahmen ihrer Therapiehoheit prinzipiell zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet sind, gehen wir davon aus, dass sie auch eine entsprechende Verordnung auf das Präparat eines Rabattpartners ausstellen“, sagt eine Sprecherin der Kasse. „Es sei denn natürlich, medizinisch nachvollziehbare Gründe sprechen dagegen“.

 

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