Face-to-Face-Kontakt ist weiterhin Goldstandard
Seit rund einem Jahr gelten neue Vorgaben zum Botendienst in der Apothekenbetriebsordnung: Die erlaubnisfreie Zustellung von Arzneimitteln durch einen Apothekenboten ist jetzt nicht mehr nur „im Einzelfall“ erlaubt, vielmehr ist sie nun auf Kundenwunsch generell zulässig. Die Coronakrise hat dem Botendienst einen weiteren, ungeahnten Schub verliehen und gleichzeitig die Vorzüge einer wohnortnahen Arzneimittelversorgung durch öffentliche Apotheken verdeutlicht. Dennoch wirft der Botendienst zum Teil komplexe Rechtsfragen auf. Dr. Bettina Mecking, Justiziarin der Apothekerkammer Nordrhein, zeigte beim ApothekenRechtTag auf, wo die juristischen Fallstricke, aber auch Chancen beim „neuen“ Botendienst liegen.
„Mit einem Rx-Versandverbot wäre vieles unkomplizierter.“ Mit diesem persönlichen Fazit schloss die Fachanwältin für Medizinrecht und stellvertretende Geschäftsführerin der Apothekerkammer Nordrhein, Dr. Bettina Mecking, ihren Vortrag über die Botendienstregelungen ab. Zuvor hatte sie die äußerst vielfältigen rechtlichen Aspekte rund um die erlaubnisfreie Zustellung von Arzneimitteln durch die Vor-Ort-Apotheken präsentiert. Es wurde deutlich: Der Botendienst bietet Chancen, die Versorgung vor Ort aufzuwerten und zu verbessern, sowie sich als Apotheke gegenüber Wettbewerbern und dem Versandhandel zu profilieren. Doch die Rechtsnatur ist komplex und viele Fragen wurden durch die neuen Vorgaben in der Apothekenbetriebsordnung seit Oktober 2019 nicht beantwortet, sondern erst aufgeworfen.
Eine erlaubnisfreie Zustellung von Arzneimitteln war bis Herbst 2020 an Kunden örtlicher Apotheken – in Abgrenzung zum Arzneimittelversandhandel – nur „im Einzelfall“ erlaubt. § 17 Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) wurde dahingehend geändert, dass der Botendienst nun auch im Regelfall von Apothekenkunden genutzt werden kann. Ein Anspruch auf einen Botendienst besteht jedoch weiterhin nicht. Ursache für diese Gesetzesänderung war ein zentrales Problem, das sich im Alltag vieler Vor-Ort-Apotheken in Deutschland zeigte: Kunden erwarten zunehmend, dass ihnen ein nicht sofort verfügbares Arzneimittel nach Hause „nachgeliefert“ wird. Auf diese Realität reagierte der Gesetzgeber. Doch Mecking machte direkt zu Anfang deutlich: Zwischen Regelung und Realität existiert eine ausgeprägte Grauzone.
Es sei zwar nach wie vor klargestellt, dass für den allgemeinen Botendienst keine Versanderlaubnis nötig ist. Doch allein bei der Definition des Boten gebe es schon unterschiedliche Auslegungen: Anders als beim Versand soll beim Botendienst die Auslieferung durch „Boten der Apotheke“ erfolgen. Die Bedeutung dieses Wortlauts sei umstritten: Ist ein „eigener“ oder lediglich „weisungsgebundener“ Bote gemeint?
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Bei den nun geforderten Temperaturvorschriften würden sich Botendienst und Versand kaum voneinander unterscheiden. Zur Gewährleistung der Qualität und Wirksamkeit ist die Dokumentation von Temperaturkontrollen notwendig, sowie die Einhaltung der Kühlkette nachzuweisen. Diese Anforderungen müssten nun bei jeder Lieferung bis zur Abgabe an den Empfänger eingehalten werden, macht Mecking deutlich. Gleichzeitig weist sie darauf hin, dass dies die Versender vor weit größere Aufgaben stellen dürfte als die Vor-Ort-Apotheken mit ihren meist kurzen Lieferwegen. Die Kammerjustiziarin appelliert in diesem Zusammenhang an den pharmazeutischen Sachverstand: „Weder Klimaanlage noch irgendeine andere Technik sind explizit vorgeschrieben. Abhängig von der Jahreszeit werden daher Kühlboxen oder ähnliche Verpackungen und möglicherweise zusätzlich Kühlakkus angebracht sein.“
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