Die Kausalitätsfrage beim Impfschaden
Wer wegen eines Impfschadens einen Entschädigungsanspruch geltend machen will, muss vor Gericht einiges zum Kausalzusammenhang von Impfung und Gesundheitsschädigung vortragen. Es reicht nicht, auf die Möglichkeit einer Schädigung durch den Impfstoff zu verweisen. Ein Impfschaden ist vielmehr nach gesicherten medizinischen Forschungsergebnissen zu beurteilen. Dies hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschieden.
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hatte sich mit dem Fall eines 1988 geborenen Soldaten zu befassen, der im Jahr 2010 zur Vorbereitung eines Auslandseinsatzes gegen Gelbfieber geimpft wurde. In der Folgezeit klagte der Mann über eine Verlangsamung der Augenbewegungen, Schwindel, Sprachprobleme und Unbeweglichkeit. In einer ersten Einschätzung hielt der Truppenarzt einen Zusammenhang zwischen den neurologischen Ausfällen und der Impfung für möglich.
Die Bundeswehr lehnte eine Entschädigung jedoch ab, da es Hinweise dafür gebe, dass die Erkrankung schon vorher aufgetreten sei. Demgegenüber verwies der Mann auf Stellungnahmen seiner behandelnden Ärzte, die einen Zusammenhang für möglich hielten. Sofern es früher schon zu Verzögerungen der Blickbewegungen gekommen sei, vertrat der Kläger die Ansicht, dies habe an Überarbeitung gelegen.
Auf Grundlage mehrerer ausführlicher Gutachten hat das Landessozialgericht nun die Rechtsauffassung der Bundeswehr bestätigt. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass die Impfung für die Erkrankung ( Rhombenzephalitis) ursächlich gewesen ist. Und auf eben diesen Kausalzusammenhang kommt es an: Dieser muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehen. Und das ist dann der Fall, „wenn auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung aktuell geltenden medizinischen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang spricht“.
Vorliegend sei die genaue Ursache nicht bekannt, heißt es im Urteil. Ursachen vieler neurologischer Erkrankungen seien wissenschaftlich noch nicht erforscht. Maßgeblich sei daher der aktuelle Stand der medizinischen Wissenschaft gemäß den Arbeitsergebnissen der Ständigen Impfkommission und der weltweiten Begleitforschung zu etwaigen Impfschäden. Obwohl der verwendete Impfstoff schon in über 600 Millionen Dosen verimpft worden sei, gebe es im wissenschaftlichen Schrifttum keine Berichte über ähnliche Fälle. Dies sei ein Indiz für anderweitige Gründe zumal der Mann schon vor der Impfung erste Symptome der Krankheit gezeigt habe. Die Gutachter hätten Überarbeitung als medizinische Ursache der Veränderung der Augenbewegungen ausgeschlossen.
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 28. Januar 2021 – L 10 VE 11/16
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