Antikörperstudie weist auf größere Corona-Dunkelziffer bei Kindern und Jugendlichen hin

Welche Rolle spielen Kinder und Jugendliche in der Pandemie? Wissenschaftler können diese Frage noch immer nicht abschließend beantworten. Der Grund: Viele frühe Studien wurden in Zeiten von Lockdowns und Kontaktbeschränkungen gemacht. Wie oft Kinder das Virus weitergeben oder sich selbst mit dem Erreger anstecken, konnte daher noch kaum unter "realen" Bedingungen untersucht werden. Fest steht aber, dass Kinder – wenn sie sich infizieren – in der Regel mild erkranken. Ein höheres Lebensalter gilt als wichtigster Risikofaktor für schwere Verläufe mit Covid-19. Kinder und Jugendliche sind dabei – naturgemäß – ausgenommen.

Forscher aus Bayern haben den offiziellen Infektionszahlen nun Ergebnisse aus Antikörper-Untersuchungen gegenübergestellt – und deutliche Unterschiede gefunden. Demnach waren in Bayern sechsmal mehr Kinder und Jugendliche mit dem Virus infiziert als offiziell bekannt. In 0,87 Prozent der Proben konnten die Forscher Antikörper gegen das Virus finden. Die Ergebnisse wurden aber noch nicht von unabhängigen Wissenschaftlern begutachtet.

Eine Coronavirus-Diagnose erfolgt mit einem sogenannten PCR-Test, der das Virus direkt nachweist. Dieser Test bildet auch die Basis für die täglich gemeldeten Neuinfektionszahlen, die in die offizielle Statistik einfließen. Antikörper im Blut liefern dagegen Hinweise auf eine überstandene Corona-Infektion. Der Körper bildet sie meist gegen Ende der ersten Krankheitswoche.

Das Münchner Forscher-Team untersuchte Tausende Blutproben auf diese Antikörper hin. Die Proben stammen von Kindern und Jugendlichen zwischen einem und 18 Jahren und wurden im Zeitraum von Januar bis Juli 2020 entnommen. Die Minderjährigen hatten ursprünglich an einer Studie teilgenommen, mit der Diabetes-Typ-1 erforscht wird. Die Daten gelten als repräsentativ. 

Wie aussagekräftig ist der Antikörpertest?

Können die Antikörpertests womöglich zu oft angeschlagen und falsch-positive Ergebnisse geliefert haben? Das konnten die Forscher mit einer Kontrolle weitgehend ausschließen. Als Vergleich dienten rund 4000 Blutproben aus dem Jahr 2019 – also aus einer Zeit, in der sich das Coronavirus noch nicht in der Bevölkerung ausgebreitet hatte. Der Test schlug bei keiner einzelnen Probe an. 

Bei der Studie gehe es weder um die Infektiosität, noch um die Frage, ob Kinder Treiber der Pandemie seien oder nicht, schreibt die Virologin Isabella Eckerle auf Twitter. Sie war nicht an der Untersuchung beteiligt. "Das wichtigste Ergebnis dieser Studie ist für mich, dass wir das Infektionsgeschehen bei Kindern bisher unzureichend erfassen."

Ein Grund dafür könnte sein, dass infizierte Kinder und Jugendliche oft keine Symptome entwickeln. Laut der aktuellen Untersuchung zeigte rund jedes zweite Kind mit Antikörpern im Blut (47 Prozent) keine Symptome einer Coronavirus-Infektion.

Auch die Größenordnung der Dunkelziffer ist nicht überraschend. Vergleichbare Untersuchungen aus den USA, in die auch Daten von Erwachsenen eingeflossen sind, kommen zu ähnlichen Ergebnissen. So hatten US-Forscher bereits im Juli Daten aus Antikörpertests mit Zahlen von Covid-19-Erkrankten verglichen, darunter auch Zahlen des ehemaligen Corona-Hot-Spots New York. Die Zahl der Infizierten lag in einzelnen Regionen zeitweise 2- bis 13-Mal höher als die für die Region gemeldeten Fälle. 

Quelle:Preprint-Studie

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