Versandapotheker: Bundsgerichtshof zementiert Inländerdiskriminierung
Die genauen Entscheidungsgründe des Bundesgerichthofs zuApotheken-Zuwendungen sind noch nicht bekannt. Doch die Pressemitteilung lässtden Schluss zu, dass die Karlsruher Richter jedes kleine Geschenk verbietenwollen, wenn es im Zusammenhang mit einer Rezepteinlösung angeboten wird. DerBundesverband Deutscher Versandapotheken hat dafür gar kein Verständnis undsieht nun die Politik gefordert, mehr Wettbewerb zuzulassen.
Vergangene Woche sorgten zwei Urteile des Bundesgerichthofs (BGH)für Aufsehen bis in die Publikumspresse. Es ging um Werbegaben von Apotheken.Konkret um Rezept-Boni. Der BGH befand sowohl einen Brötchen-Gutschein über „2 Wasserweck oder 1 Ofenkrusti“ als aucheinen Ein-Euro-Gutschein, einzulösen in der anbietenden Apotheke, für wettbewerbswidrig,wenn sie beim Erwerb eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels gewährtwerden. Der Gesetzgeber wolle mit seinem heilmittelwerberechtlichenZuwendungsverbot eine strikte Preisbindung, argumentierte der BGH. Daher könne man nicht auf dieGeringwertigkeit einer Zuwendung abstellen.
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Nun wird die Auffassung vertreten, dass damit jederHustenbonbon, jeder Traubenzucker und jedes Päckchen Taschentücher als Apotheken-Geschenk Geschichte ist. Doch bevor man hierzu eine sichere Aussage treffen kann, sollteman zumindest die Entscheidungsgründe des BGH abwarten. Zudem kommt es immer auf die konkrete Abgabesituation an.
Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) geht allerdings schon von einem Komplettverbot aller Apotheken-Goodies aus und schlägt Alarm. Denn sicher ist eines: Versandapotheken aus dem EU-Ausland dürfen weiterhinZugaben und Boni bieten. Der BVDVA-Vorsitzende Christan Buse ärgert sich: „Mitseinem Urteil zementiert der BGH die sogenannte Inländerdiskriminierung.Unternehmen im EU-Ausland ist erlaubt, was deutschen Apotheken verboten ist:Sie dürfen Kunden mit kleinen Zugaben und Boni binden. Wir hier nicht“.
Wettbewerb als „Triebfeder für Innovation“
Dass der BGH den Wettbewerb zwischen Apotheken mit Sitz inDeutschland unterbinden wolle, ist für den BVDVA nicht nachvollziehbar. DerWettbewerb in dieser Branche sei wie bei jeder anderen auch eine „Triebfederfür Innovationen“. Buse meint: „Hier wird eine rückwärtsgewandte Politikbetrieben, denn wettbewerbliche Elemente sind der Versorgungsqualitätzuträglich. Auch die Digitalisierung würde hierdurch angetrieben werden“. Letzteres erläutert er allerdings nicht genauer. Aus seiner Sicht sollte diePolitik nun nicht noch länger zögern, sondern endlich einen regulierten Wettbewerbzulassen. „Wir agieren in einem Wirtschaftsraum mit EU-Apotheken, reinnationales Denken blockiert die europäische Idee“, so Buse.
Nach Vorstellung des BVDVA sollte es künftig eineHöchstpreisverordnung für Apotheken geben, die wettbewerbliche Spielräumebietet. Die Arzneimittelpreise sollten nach oben gedeckelt sein und nach unten „ineinem Korridor verlaufen“. Damit, so der Verband, wären Lutschbonbons weitererlaubt, doch die Zugaben dürften nicht ins Unvertretbare steigen.
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„Apotheker brauchen mehr Handlungsspielraum“
Tatsächlich ließ sich der BGH vom Argument derInländerdiskriminierung nicht beeindrucken, wie aus der Pressemitteilung desGerichts hervorgeht. Diese führe nämlich nicht zu einer verfassungswidrigenUngleichbehandlung. Weder werde ungerechtfertigt gegen den Gleichheitssatz nochgegen die Berufsausübungsfreiheit verstoßen. Die Ungleichbehandlung, so der BGH, beruhe aufsachlichen Gründen – schließlich hätten EU-Versender keinen unmittelbarenZugang zum deutschen Markt. Und der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit seimit Blick auf ihren Zweck der Sicherstellung einer im öffentlichen Interessegebotenen flächendeckenden und gleichmäßigen Versorgung der Bevölkerung mitArzneimitteln verhältnismäßig. Die Verhältnismäßigkeit der Preisvorschriften seierst dann in Frage zu stellen, „wenn der Gesetzeszweck infolge des Umfangs desVerkaufs preisgebundener Arzneimittel durch ausländische Versandapotheken nichtmehr allgemein erreicht werden kann oder die gesetzliche Regelung fürinländische Apotheken angesichts des Konkurrenzdrucks aus dem europäischenAusland nicht mehr zumutbar ist“.
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