Hammer-Lockdown droht: Worauf sich Merkel und die Länderchefs heute einigen könnten
Am kommenden Mittwoch beginnt wohl der neue Lockdown. Viele Geschäfte müssen schließen, auch der Feuerwerk-Verkauf zu Silvester wird verboten. FOCUS Online zeigt, worauf Sie sich ab Mittwoch einstellen müssen.
Wegen der hohen Infektionszahlen geht Deutschland ab kommendem Mittwoch wohl erneut in den Lockdown. Das geht aus vom Kanzleramt an die Länder geschickten Beschlussentwurf hervor. Nach dpa-Informationen ist der Entwurf nach Beratungen im Bund-Länder-Kreis vom Samstag mit einzelnen Ländern abgestimmt. Der Inhalt des Papiers soll nach weiteren Informationen zwischen Merkel, dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) sowie dem Regierenden Bürgermeister von Berlin, Michael Müller (SPD), grundsätzlich abgestimmt sein. Müller ist zurzeit Vorsitzender der Runde der Ministerpräsidenten.
In der großen Übersicht zeigt FOCUS Online, was bereits aus dem Gipfeltreffen bekannt ist – und wo es noch Diskussionen gibt.
Neuer Lockdown spätestens am Mittwoch
Ab kommendem Mittwoch (16. Dezember) geht Deutschland erneut in den Lockdown. Das geht aus der Beschlussvorlage des Kanzleramts hervor. Dieser soll zunächst bis zum 10. Januar gelten. Das Kanzleramt hatte wohl zuvor gefordert, den Lockdown bereits am Dienstag zu beginnen – konnte sich damit aber offenbar nicht durchsetzen.
Private Treffen bleiben stark eingeschränkt
Daneben sollen private Treffen laut dem Bericht weiterhin auf zwei Haushalte und maximal fünf Personen beschränkt werden – Kinder unter 14 Jahren nicht eingerechnet. Vom 24. bis 26. Dezember werde die Obergrenze auf maximal zehn Personen erhöht. Dann sollen auch mehr als zwei Haushalte erlaubt sein, wenn es sich um direkte Verwandte handele.
An Silvester wird die Obergrenze von fünf Personen aus maximal zwei Haushalten wohl nicht gelockert.
Schließung von Geschäften
Der Einzelhandel muss schließen. Geschäfte des täglichen Bedarfs dürften trotz Lockdown geöffnet bleiben, etwa Supermärkte und Drogerien. Laut "Bild"-Zeitung müssen auch Friseure, Kosmetiksalons, Masseure und Tätowierer schließen.
dpa Sachsen, Dresden: Passanten gehen im Einkaufszentrum Elbepark hinter einer Lichterkette an einem Weihnachtsbaum an den Geschäften entlang.
Corona-Hilfen für betroffene Unternehmen deutlich ausgeweitet
Mit einer deutlichen Ausweitung der Corona-Hilfen für Unternehmen sowie Entlastungen vor allem für den Handel will der Bund die Folgen des erneuten Lockdowns minimieren. Bei der sogenannten Überbrückungshilfe III soll der Höchstbetrag von 200.000 Euro auf 500.000 Euro erhöht werden. Darauf hatten sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) geeinigt.
Der maximale Zuschuss von 500 000 Euro bei der Überbrückungshilfe III ist laut Papier geplant für direkt und indirekt von Schließungen betroffene Unternehmen. Für diese Firmen soll es außerdem Abschlagszahlungen ähnlich wie bei November- und Dezemberhilfen geben.
Der mit den Schließungsanordnungen verbundene Wertverlust von Waren und anderen Wirtschaftsgütern im Einzelhandel und anderen Branchen soll laut Papier aufgefangen werden, indem Teilabschreibungen unbürokratisch und schnell möglich gemacht werden. Zu inventarisierende Güter könnten ausgebucht werden. Damit könne der Handel die insoweit entstehenden Verluste unmittelbar verrechnen und steuermindernd ansetzen, dies sichere Liquidität.
Außerdem heißt es in dem Entwurf, für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen Maßnahmen betroffen seien, werde gesetzlich vermutet, dass erhebliche Beschränkungen in Folge der Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen könnten. Damit sollten Verhandlungen zwischen Gewerbemietern beziehungsweise Pächtern und Eigentümern vereinfacht werden.
Schulen sollen geschlossen werden
Zwischen dem 16.12. und dem 10.1. empfiehlt der Entwurf auch deutliche Kontakteinschränkungen an den Schulen und Kitas. "Kinder sollen in dieser Zeit wenn immer möglich zu Hause betreut werden. Daher werden in diesem Zeitraum die Schulen grundsätzlich geschlossen oder die Präsenzpflicht wird ausgesetzt."
In Kindertagesstätten solle analog verfahren werden. Für Eltern sollten nach diesen Vorstellungen zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub nehmen zu können.
Ausnahmen an Weihnachten
Für die Weihnachtstage vom 24. bis 26. Dezember wird in dem Papier vorgeschlagen, dass die Länder in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen als Ausnahme von den sonst geltenden Kontaktbeschränkungen "Treffen mit 5 Personen zuzüglich Kindern im Alter bis 14 Jahre im engsten Familienkreis" zulassen können.
Zum engsten Familienkreis zählen dem Papier zufolge sowohl Ehegatten als auch sonstige Lebenspartner sowie direkte Verwandte wie Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet.
Diskussion um Ausgangssperren
Laut "Bild" gibt es zudem noch Diskussionen um eine mögliche nächtliche Ausgangssperre von 21 bis 5 Uhr. In einigen Gebieten gilt diese bereits, etwa in ganz Baden-Württemberg.
Unklar ist, ob die Ausgangssperre künftig für alle Landkreise in einem Bundesland gelten soll oder nur für Hotspots mit einer Inzidenz jenseits der 200er-Marke.
Kein Feuerwerk an Silvester
Am Silvester- sowie am Neujahrstag soll laut den Plänen bundesweit ein "An- und Versammlungsverbot" umgesetzt werden. Darüber hinaus soll ein Feuerwerksverbot auf publikumsträchtigen Plätzen gelten, die von den Kommunen bestimmt werden. Der Feuerwerksverkauf soll in diesem Jahr generell verboten werden. Zudem soll das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit vom 16. Dezember bis 10. Januar verboten werden. "Verstöße werden mit einem Bußgeld belegt", heißt es in dem Entwurf.
Markus Söder: "Wir brauchen einen kompletten Lockdown"
"Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren. Wir brauchen einen kompletten Lockdown", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder der "Welt am Sonntag". "Die Zahlen sind so schlimm wie nie. Wir dürfen uns nicht mehr in Einzelmaßnahmen verheddern", betonte der CSU-Vorsitzende. Alle Länder hätten die Verantwortung "das große Ganze zu sehen, statt endloses klein klein", sagte Söder der "Bild am Sonntag". dpa Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, spricht bei einem Besuch des Nürnberger Corona-Impfzentrums auf dem Nürnberger Messegelände.
Bereits Beschränkungen in vielen Bundesländern
Eine ganze Reihe von Bundesländern hat bereits strenge Maßnahmen beschlossen. Die für den Zeitraum vom 23. Dezember bis zum 1. Januar geplanten Lockerungen von Kontaktbeschränkungen wurden in einigen Ländern bereits eng begrenzt.
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So gilt in Baden-Württemberg bereits seit Samstag eine Ausgangsbeschränkung. Für Ausnahmen müsse man „triftige Gründe“ haben wie die Arbeit oder einen Arztbesuch, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Auch in Schleswig-Holstein sollen statt zehn nur noch fünf Personen aus maximal zwei Hausständen zusammenkommen dürfen – auch an Weihnachten. Sachsen verhängt zur Eindämmung der Corona-Pandemie von Montag an einen Lockdown und fährt das öffentliche Leben herunter.
Die Brandenburger müssen sich ebenfalls auf verschärfte Regeln bis hin zum Lockdown einstellen. Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sprach am Freitag von einer „sehr dramatischen Situation“ und auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) warnte vor einer möglichen Überlastung des Gesundheitssystems.
Die jeweiligen Corona-Regeln der Bundesländer finden Sie hier im Überblick.
„Warum warten, wenn wir wissen, dass es notwendig ist?“
Viele Ministerpräsidenten, unter anderem die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), der Kieler Regierungschef Daniel Günther (CDU), Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Bayern Regierungschef Markus Söder sprachen sich für ein gemeinschaftliches Vorgehen und für einen bundesweiten Lockdown noch vor Weihnachten aus.
dpa
„Die Einschätzung, dass der Teil-Lockdown ausreicht, die hat sich leider nicht bewahrheitet und deshalb ist jetzt diese Entscheidung aus meiner Sicht erforderlich. Klar, schnell, am besten schon morgen“, erklärt Laschet. Auch Söder sei der Meinung, dass umgehend gehandelt werden müsse, wie er bei der Vorstellung eines neuen Impfzentrums in Nürnberg mahnte. „Wir spüren, es läuft uns davon, es zerrinnt uns zwischen den Fingern. Wir können nicht erst nach Weihnachten anfangen. Warum warten, wenn wir wissen, dass es notwendig ist?“, sagte Söder dort.
Seit fast zwei Monaten steigen die Infektionszahlen an
Seit ungefähr dem 20. Oktober stieg die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen täglich an. Ende des Monats beschlossen Bund und Länder den Teil-Lockdown, der am 2. November in Kraft trat. Strikte Kontaktbeschränkungen traten in Kraft, Restaurants, Bars und viele Freizeiteinrichtungen mussten schließen. Schulen und Geschäfte blieben aber offen.
An dieser Vereinbarung hat sich seither wenig geändert. Die Auflagen wurden verlängert bis zum 10. Januar, mit Lockerungen für Weihnachten und die Zeit zwischen den Jahren.
Gebracht hat das eine Mitte November einsetzende Stagnation der bekannten täglichen Neuinfektionen bei etwas über 20.000. Ende des Monats gab es zeitweise gar sinkende Tageswerte im Vorwochen-Vergleich. Das rasante exponentielle Wachstum schien gebrochen – mehr aber auch nicht. Und seit Anfang Dezember steigen die Zahlen: Sie lagen wieder über dem jeweiligen Tag der Vorwoche.
"Aus heutiger Sicht wäre ein stärkeres Eingreifen zu einem früheren Zeitpunkt richtig gewesen"
"Aus heutiger Sicht wäre ein stärkeres Eingreifen zu einem früheren Zeitpunkt richtig gewesen", räumte der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung, ein. "Doch die Entwicklung der vergangenen Monate zeigt: Die Politik muss immer wieder neu Akzeptanz für Verschärfungen schaffen."
"Rückblickend betrachtet ist es natürlich nur schwer nachvollziehbar, dass man sich noch vor sechs Wochen für eine leichte Form des Lockdowns entschieden hat", erklärte auch Landkreistagspräsident Reinhard Sager der Deutschen Presse-Agentur.
"Ein harter Lockdown ist unvermeidbar"
Bund und Länder hätten Ende Oktober aber versucht, eine verantwortungsvolle Entscheidung zu treffen, in der Hoffnung, eine "zweite Welle" zu brechen. "Dass sich diese Hoffnung nicht realisiert hat, ist niemandem vorzuwerfen." Für einen härteren Lockdown hätte damals sicherlich die gesellschaftliche Akzeptanz gefehlt, meinte Sager.
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, hält den Versuch, "einen Mittelweg zwischen Eindämmung der Infektionen und möglichst viel Beibehaltung des öffentlichen Lebens" zu wählen, ebenfalls für richtig. "Jetzt sind wir allerdings an einem Punkt, an dem ein harter Lockdown unvermeidbar ist, so schwer es auch sein mag." Die Pandemie sei nicht berechenbar.
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