„Stiller Killer“: Darum ist der Blutdruck-Check für Frauen extrem wichtig

Männer und Frauen sind unterschiedlich von Bluthochdruck betroffen. Während Männer bis zum 45. Lebensjahr öfter erkranken, trifft es Frauen meist später. Die Unterschiede können dazu führen, dass die Gefahr für nachfolgende Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Patientinnen und Ärzten unterschätzt wird.

Beim sogenannten hohen Blutdruck (Hypertonie) wird das Blut mit zu hohem Druck durch die Gefäße gepumpt. Das Fatale ist, man merkt das häufig nicht, im Gegenteil, man ist zu Beginn besonders leistungsfähig, hat eben richtig Druck auf dem Kessel. Nur manchmal machen sich Symptome wie Kopfschmerzen, Nervosität, Gereiztheit, Herzstolpern, Nasenbluten, Ein- und Durchschlafprobleme oder ein geröteter Teint bemerkbar.

So kommt der Bluthochdruck zu seinem Spitznamen, dem „stillen Killer“. Er ist der größte Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Schlaganfall, denn er schädigt die Gefäße.

Als erhöht gilt der Blutdruck, wenn er dauerhaft über 140/90 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) liegt. Die Blutdruckmesswerte werden stets paarweise angegeben. Der erste Wert entsteht, wenn sich das Herz zusammenzieht und den maximalen Druck aufbaut (Systole). Der zweite (diastolische) Blutdruckwert entsteht kurz bevor sich das Herz neu mit Blut füllt. Susanne Schramke Franziska Rubin schreibt in ihrer Kolumne über die Gesundheit von Frauen.

Über die Expertin

Franziska Rubin ist Ärztin, Moderatorin, Medizinjournalistin und Autorin mehrerer Bestseller zum Thema Gesundheit, Hausmittel und gesundes Kochen. Im TV präsentierte sie 17 Jahre lang die Sendung „Hauptsache Gesund“ des MDR. Sie lebt mit Mann, Töchtern und Hund am bayerischen Ammersee.

„Die bessere Medizin für Frauen“ von Franziska Rubin

Männer und Frauen unterschiedlich betroffen

In über 90 Prozent der Bluthochdruckerkrankungen gibt es keine fassbare Ursache, man spricht vom essenziellen Bluthochdruck. In seltenen Fällen gibt es eine andere Ursache, die zu Hochdruck geführt hat und dann behoben werden muss (zum Beispiel eine Nierenarterienstenose).

Männer und Frauen sind – wie so oft – unterschiedlich von dieser Erkrankung betroffen: Vor allem durch die uns schützenden Östrogene steigt das Risiko für Bluthochdruck bei Frauen später an als bei Männern. Letztere erkranken bis zum 45. Lebensjahr öfter. Frauen trifft es dann meist nach dem 50. Lebensjahr.

Allerdings haben im sechsten Lebensjahrzehnt Frauen die Männer deutlich überholt, ab 70 sind im Schnitt knapp 75 Prozent der Betroffenen Frauen! Vielleicht, weil es so häufig ist, wird die Gefahr für eine nachfolgende Herz-Kreislauf-Erkrankung manchmal von den Frauen selbst, aber auch von Ärzten und Ärztinnen unterschätzt.

Deshalb: Auf die Blutdruckwerte zu achten, ist für Frauen extrem wichtig. In einer US-amerikanischen Studie, bei der 100 Probanden mit unbehandeltem Bluthochdruck beobachtet wurden, wiesen Frauen zu 30 bis 40 Prozent mehr Gefäßschäden auf als Männer. Das hat oft riskante Folgen: Bluthochdruck führt bei Frauen häufiger als bei Männern zu Schlaganfall, Herzinfarkt und Herzschwäche, außerdem zu Störungen der Nierenfunktion oder vaskulärer Demenz .

Außerdem gibt es sogenannte Risikoverstärker:

  • Bluthochdruck
  • plus bauchbetontes Übergewicht
  • sowie zu hohe Blutfettwerte
  • und zu hohe Blutzuckerwerte

Diese vier Faktoren sind in der Medizin als metabolisches Syndrom bekannt und für Frauen besonders tödlich.

Vorsicht Falle

Frauen fühlen sich oft fälschlicherweise sicher, wenn sie ihr ganzes Leben einen niedrigen Blutdruck hatten. Dieser kann aber nach der Menopause plötzlich umschlagen.

Wie kommt’s?

Der Hormonumschwung in den Wechseljahren spielt beim Blutdruck eine wichtige Rolle. Man weiß, dass der weibliche Körper in jungen Jahren mehr Stickstoffmonoxid in der innersten Wandschicht der Blutgefäße, dem Endothel, produziert. Aus dieser hauchdünnen Schutzschicht der Adern entweicht ständig ein leichter Stickstoffnebel, der den Gefäßdurchmesser, Blutdruck und die Blutgerinnung reguliert.

Entdeckt wurde dieser Mechanismus erst 1987. Weil Östrogen die Produktion von Stickstoffmonoxid anregt, bilden Endothelzellen bei Frauen etwa doppelt so viel davon wie bei Männern.

Diese Substanz trägt also dazu bei, dass sich die Blutgefäße leichter weit stellen und besser auf Blutdruckschwankungen reagieren als bei Männern. Um das fünfzigste Lebensjahr lässt der Schutzeffekt des Weiblichkeitshormons nach. Zugleich machen sich Risikofaktoren wie Übergewicht oder Bewegungsmangel und Stress stärker bemerkbar. Es kommt schneller als bei Männern zu Organschäden.

  • Lesetipp: Zum ersten Teil der Kolumne von Franziska Rubin kommen Sie hier.

Lebenslange Therapie bei Bluthochdruck?

Bei leicht erhöhtem Blutdruck raten Ärzte oft erst einmal zu einer Veränderung des Lebensstils. Im zweiten Schritt werden Medikamente erst einzeln verordnet, dann auch in Kombination. Diese kommen aus fünf Substanzklassen mit komplizierten Namen:

  • Betablocker
  • Diuretika
  • Kalziumantagonisten
  • ACE-Hemmer
  • Angiotensinrezeptorblocker

Alle haben etwas andere Wirkungen und Nebenwirkungen. Es gibt Hinweise, dass Betablocker und ACE-Hemmer bei Frauen stärkere Nebenwirkungen haben. Suchen Sie solange mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin nach dem richtigen Mittel, bis der Blutdruck stimmt – ohne Nebenwirkungen.

Bluthochdruck senken: Welche Methoden neben Medikamenten helfen

Möchten Sie nicht lebenslang von Medikamenten abhängig sein oder dafür sorgen, dass Ihr Blutdruck nicht weiter steigt, gibt es viele Tipps aus der Naturheilkunde, die Ihnen helfen können. Zeigen Sie dem Bluthochdruck die rote Karte und bauen Sie vor allem Stress ab. Das in Kombi mit geeigneten Lebensmitteln, morgens Hibiskusblütentee (getrocknet aus Reformhaus oder Apotheke), mehr Bewegung im Alltag und kleinen Tricks aus der Psychologie zum besseren Ärgermanagement senken den Druck. Auch regelmäßiges Blutspenden kann bei Bluthochdruck hilfreich sein. So lassen sich (mit ärztlicher Begleitung!) sogar die Medikamente reduzieren.

  • Radfahren

Radfahren ist besser als so manches Medikament. Jede regelmäßige Bewegung senkt den Blutdruck nachhaltig um etwa vier bis fünf mmHg. Radeln Sie einfach los, bergauf und bergab, am besten fahren Sie so zur Arbeit, zu Freunden oder machen Ihre Erledigungen. Es sollten etwa zweieinhalb Stunden pro Woche an körperlicher Aktivität sein.

Geeignet ist alles, was Spaß macht: Radfahren, Tanzen, Walking oder Joggen, egal, Hauptsache Sie tun es regelmäßig. Denn Bewegung wirkt wie ein blutdrucksenkendes Medikament. Und das hat mit den Kapillaren zu tun, den winzigen Blutgefäßen in unserem Körper. Im Ruhezustand sind nur 3 bis 5 Prozent von ihnen aktiv. Bei Bewegung werden sie angeregt. Sie verlängern sich oder vergrößern ihren Durchmesser. Und es bilden sich sogar neue. Viele Kapillaren nehmen viel Blut aus den großen Arterien auf, der Druck im System sinkt.

  • Blutspenden

Von Blutspenden kann nicht nur der Empfänger, auch der Spender profitieren: In einer klinischen Studie an der Charité Berlin mit rund 300 Teilnehmern konnte der Blutdruck bei den Probanden mit Bluthochdruck um durchschnittlich 16 mmHg und über mehrere Wochen gesenkt werden. Dieser Erfolg hielt am deutlichsten an, wenn sie alle drei Monate Blut spendeten.

  • Progressive Muskelentspannung

Erlernen Sie ein Entspannungsverfahren wie zum Beispiel die Progressive Muskelentspannung (PME) nach Jacobson. Sie ist eine bewährte Methode, um Stress abzubauen und den Blutdruck zu senken . Hierbei werden einzelne Muskelgruppen nacheinander von Kopf bis Fuß für einige Sekunden angespannt. Danach lässt man locker und spürt nach. Eine einfache Vorstellung von diesem grundlegenden Prinzip bekommen Sie mit der folgenden Übung:

  • Setzen Sie sich bequem auf einen Stuhl und legen die Hände auf die Oberschenkel. Lenken Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit zuerst auf den rechten und dann auf den linken Arm.
  • Beim nächsten Einatmen ballen Sie beide Hände zu Fäusten und spannen die Armmuskeln für zehn Sekunden an. Atmen Sie dabei gleichmäßig. Lösen Sie die Muskeln und spüren Sie der Entspannung 30 Sekunden nach.
  • Dann spannen Sie zehn Sekunden die Beine und Füße an, wieder 30 Sekunden nachspüren.
  • Dann machen Sie das Gleiche mit dem Gesicht.

Wenn Sie die Übung schnell beruhigt, lohnt es sich, diese Technik in einem (Online-)Kurs zu erlernen. Auch Krankenkassen bieten Downloads hierzu an.

Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Muskulatur und Nervensystem. Wir beißen die Zähne zusammen oder ballen die Fäuste vor Wut, immer ist in solchen Situationen der Muskeltonus erhöht und auch das Nervensystem steht unter Strom. So schlagen Sie mit PME gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie lösen muskuläre Verspannungen, was sich positiv auf das Nervensystem auswirkt. Die gezielten Übungen und die Wahrnehmung des Körpers führen auch zur Senkung von Herz- und Atemfrequenz sowie Blutdruck.

Normale Blutdruckwerte

Optimaler Blutdruck: um die 120/80

Normaler Blutdruck: unter 130/unter 85

Hochnormaler Blutdruck: maximal 139/maximal 89

Alle Werte darüber gelten als Bluthochdruck.

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