Knochenerweichung

Knochenerweichung: Rachitis und Osteomalazie

Sind die Knochen nicht ausreichend mineralisiert und bilden sich infolgedessen weiche und verformbare Knochen aus, spricht man bei Babys und Kindern von einer Rachitis und bei Erwachsenen von einer Osteomalazie. Die Erkrankung geht mit weiteren, oft eher uncharakteristischen, Symptomen einher und ist meistens auf einen chronischen Vitamin-D- und Kalziummangel zurückzuführen. Können andere mögliche Grunderkrankungen ausgeschlossen werden, basiert eine erfolgreiche Therapie zumeist auf einem Ausgleich dieser Mangelerscheinungen. Das Auftreten einer Rachitis ist durch eine verbesserte Ernährung und durch Einführung der Vitamin-D-Prophylaxe für Säuglinge stark zurückgegangen.

Inhaltsverzeichnis

Ein kurzer Überblick

Die folgende Übersicht stellt eine kurze Zusammenfassung der untenstehenden ausführlichen Informationen zu den Krankheitsbildern der Osteomalazie beziehungsweise der Rachitis dar:

  • Definition: Die Knochenerweichung ist eine systemische Knochenkrankheit. Im Kindesalter wird sie als Rachitis bezeichnet, später wird der Begriff der Osteomalazie verwendet. Eine unzureichende Mineralisierung der Knochen führt bei dieser Erkrankung zu einer weichen und verformbaren Knochensubstanz.
  • Symptome: Oft fallen bei Erwachsenen eher unspezifische Symptome auf, wie dumpfe Knochenschmerzen und eine Muskelschwäche. Später kommt es zu Verformungen des Skeletts und bei Kindern häufig zu O- oder X-Beinen. Eine Rachitis äußert sich neben vielen anderen Symptomen auch über Störungen in der Knochen- und Zahnbildung sowie erweichte Schädelknochen und Rippenschwellungen (rachitischer Rosenkranz).
  • Ursachen: Als Hauptursache gilt eine dauerhafte Unterversorgung mit Vitamin-D. Damit verbunden ist ein verminderter Einbau von Kalzium in den Knochen. Weiterhin können auch andere Grunderkrankungen beziehungsweise Stoffwechsel- und Organfunktionsstörungen Auslöser für die Erkrankung sein.
  • Diagnose: Bei ersten Hinweisen auf eine Knochenerweichung werden in aller Regel verschiedene Blutwerte bestimmt sowie Röntgenuntersuchungen und eine Skelettszintigraphie durchgeführt. Zusätzlich kann eine Messung der Knochendichte und gegebenenfalls auch eine Knochenbiopsie sinnvoll sein.
  • Behandlung: Liegen andere Grunderkrankungen vor, stehen diese im Vordergrund bei der Behandlung. Ist dies nicht der Fall, werden in erster Linie die Mangelerscheinungen an Vitamin-D und Kalzium therapiert, um so eine Remineralisierung der Knochen zu erreichen. Neben einer gesunden Ernährung, die ausreichend Vitamin-D und Kalzium sicherstellt, können auch verschiedene naturheilkundliche Verfahren den Heilungsprozess ergänzend unterstützen.

Definition

Die Knochenerweichung ist eine systemische Erkrankung des Knochenskeletts. Tritt die Krankheit bereits im Kindesalter auf, wird sie als Rachitis (auch „Englische Krankheit“) bezeichnet. Im Erwachsenenalter spricht man von einer Osteomalazie. Diese beiden Krankheitsbilder werden der Gruppe der Vitamin-D-Mangelkrankheiten zugeordnet, da ein vorliegender Vitamin-D-Mangel als Hauptursache gilt. Diese Mangelerscheinungen, oder aber anderweitige Stoffwechsel- und Funktionsstörungen, führen zu einer unzureichenden Mineralisierung der Knochen, welche daraufhin erweichen und zunehmend biegsam und verformbar werden. Hierin besteht auch der grundlegende Unterschied zur Osteoporose, bei der es nicht zu einem Verlust an Festigkeit der Knochensubstanz kommt, sondern zu einem übermäßigen Abbau von Knochenmasse. Weiterhin abzugrenzen von einer allgemeinen Osteomalazie ist eine tumorinduzierte (onkogene) Osteomalazie.

Aufgrund einer verbesserten Versorgung und Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern, die auch eine Vitamin-D-Prophylaxe im ersten Lebensjahr beinhaltet, ist die ernährungsbedingte Rachitis sehr selten geworden. Infolge anderer Grunderkrankungen als Auslöser kommt sie aber noch immer vor, ebenso wie die im höheren Lebensalter auftretende Osteomalazie.

Symptome

Neben den Beschwerdebildern möglicher Grunderkrankungen äußert sich die Osteomalazie bei Erwachsen eher uncharakteristisch. Am häufigsten kommt es zu den folgenden Symptomen:

  • unspezifische, dumpfe Knochenschmerzen,
  • Muskelschwäche,
  • schnelle Ermüdbarkeit,
  • zunehmende Verkrümmung und Verformung des Skeletts.

Die Mineralisierungsstörung in den Knochen führt zu einer Ermüdung und Überforderung des gesamten Skeletts und insbesondere der stark belasteten Bereiche wie der Wirbelsäule, Hüfte und Extremitäten. Im frühzeitigen Krankheitsstadium fallen nicht selten Gehstörungen auf, die als sogenannter „Watschelgang“ bezeichnet werden und infolge einer Muskelschwäche des großen Gesäßmuskels auftreten. Fortschreitend kommt es zu Knochenverbiegungen, die beispielsweise die Ausbildung von einem Buckel, O-Beinen oder X-Beinen (vor allem bei Kindern) verursachen können. Als Komplikation kommt es auch zu sogenannten „Ermüdungsfrakturen“.

Weitere typische Krankheitszeichen bei Kindern mit einer Rachitis sind unter anderen die folgenden Erscheinungen:

  • unzureichende Zahnbildung, Zahnschmelzdefekte und Kariesbildung,
  • Wachstumsverzögerungen,
  • verspätetes Verschließen der Schädelnähte,
  • Erweichung der Schädelknochen (Kraniotabes),
  • sichtbare Rippenschwellungen am Brustbeinansatz zwischen Knorpel und Knochen (rachitischer Rosenkranz).

Zudem werden vor allem bei Kindern die unspezifischen Symptome einer erhöhten Reizbarkeit, Schreckhaftigkeit und allgemeinen Unruhe sowie einer schlaffen Muskulatur beobachtet. Als ein deutliches Symptom bei Säuglingen zeigt sich auch eine schlaffe Bauchdecke („Froschbauch“). Manchmal treten darüber hinaus Verstopfungen, Krampfanfälle und ein übermäßig starkes Schwitzen (Kopfschweiß) auf.

Ursachen

Im Knochenstoffwechselprozess übernimmt Vitamin-D (Kalziferol) eine wichtige Funktion, indem es die Kalziumaufnahme aus Darm und Niere fördert und somit für die notwendige Einlagerung von Kalzium in die Knochen sorgt. Nur dadurch erhalten die Knochen ihre Härte und Festigkeit, die sie für die alltäglichen Belastungen benötigen.

Die Hauptursache von Osteomalazie und Rachitis ist ein nachweisbarer dauerhafter Mangel an dem knochenstärkenden Vitamin-D, der wiederum einen Kalziummangel beziehungsweise einen verminderten Einbau von Kalzium in den Knochen bedingt. Im Krankheitsverlauf kommt es dadurch zu einer verringerten Knochenmineralisierung, wodurch die Knochensubstanz dann zu einem überhöhten Anteil aus weicher Knochenmatrix besteht.

Am häufigsten wird eine unzureichende Vitamin-D-Versorgung des Körpers mit einem Lichtmangel in Verbindung gebracht, da die UV-B-Strahlung des Sonnenlichts für dessen Bildung maßgeblich mitverantwortlich ist. Besonders gefährdet sind demzufolge Menschen, die sich beispielsweise aus religiösen Gründen verhüllen oder sich nur selten bei Tageslicht im Freien aufhalten. Ein Vitamin-D-Mangel zeigt sich hierzulande vor allem im Winter. Außerdem haben Menschen mit einer dunklen Hautfarbe, die im relativ lichtarmen Nordeuropa leben, ein erhöhtes Krankheitsrisiko, da sie selbst das Vitamin-D nicht in ausreichender Menge produzieren können.

Neben einer verminderten Sonnenexposition kommen aber auch Stoffwechsel- oder Funktionsstörungen einiger Organe als Auslöser für eine Knochenerweichung in Frage. Ist ausreichend Sonneneinstrahlung gewährleistet, sind in erster Linie die Haut, die Leber, der Darm und die Nieren an der Produktion des sogenannten Knochenvitamins beteiligt.

Eine mögliche Störung im Verdauungstrakt ist das Syndrom der Malassimilation, wobei ein Aufspalten und Verwerten bestimmter Elemente aus der Nahrung verhindert und mit einer Erweichung der Knochen in Verbindung gebracht wird. Neben weiteren Grunderkrankungen werden auch entzündliche Darmerkrankungen, Nierenfunktionsstörungen oder eine Leberzirrhose als Ursachen in Betracht gezogen. Dies betrifft zumeist ältere Menschen.

Bei Kindern wird unter anderem das Vorliegen einer Rachitis mit der angeborenen Erkrankung namens Phosphatdiabetes in Zusammenhang gebracht. Bei dieser Erbkrankheit kommt es zu einer erhöhten Phosphatausscheidung und infolgedessen zu niedrigen Phosphatwerten im Blut, was die Mineralisationsstörungen der Knochen herbeiführt.

Aber auch gewisse Ernährungs- und Enzymmängel (zum Beispiel Phosphatasemangel), Enzymdefekte und bestimmte Medikamente gegen Epilepsie werden mit den Mangelerscheinungen an Vitamin-D oder Kalzium in Verbindung gebracht. Außerdem können leichte Symptome von Osteomalazie während der Schwangerschaft und der Stillzeit auftreten.

Diagnose

Die ersten Hinweise auf das Vorliegen einer Osteomalazie oder einer Rachitis liefert die allgemeinärztliche Untersuchung. Bei der Patientenbefragung (Anamnese) sollte geklärt werden, ob es in der Familie bereits Fälle von Knochenerweichung gegeben hat.

Mittels einer Blutuntersuchung wird die Erkrankung durch verschiedene Werte deutlich. In aller Regel zeigen sich erhöhte Nachweise für das Enzym alkalische Phosphatase und für das Parathormon (Nebenschilddrüsenhormon). Meist zeigen die Laborergebnisse niedrige Vitamin-D- und Kalzium-Spiegel und gegebenenfalls auch verminderte Phosphatwerte (Nierenerkrankung).

Um die Knochen und deren Struktur und Zustand besser zu untersuchen, stehen Verfahren wie Röntgenaufnahmen und die Skelettszintigraphie zur Verfügung. Im Röntgenbild erscheinen die erkrankten, erweichten und verformten Knochen mit einer „verwaschenen“ Struktur. Die Szintigraphie der Knochen deutet zumeist auf einen erhöhten Knochenstoffwechsel hin. Der zu niedrige Anteil an Mineralien in der Knochenmatrix kann zudem durch eine Messung der Knochendichte ermittelt werden. Unter Umständen kann auch eine Knochenbiopsie aus dem Beckenkamm zur weiteren Diagnoseabsicherung hilfreich sein.

Behandlung

Generell gilt eine rechtzeitig diagnostizierte Osteomalazie als gut behandelbar. Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto weniger Folgeschäden sind zu erwarten. Sind weder ursächliche Grunderkrankungen bekannt noch starke Knochenverformungen aufgetreten, ist das vorrangige Ziel einer jeden Therapie die Remineralisierung der erkrankten Knochensubstanz. Dies wird in erster Linie durch eine ausreichende Aufnahme von Vitamin-D und Kalzium erreicht.

Laut dem Robert-Koch-Institut sollte jeder Nordeuropäer in den sonnenreichen Monaten von Frühling bis Herbst für eine Auffüllung der Vitamin-D-Speicher sorgen. Diesbezüglich besteht die allgemeine Empfehlung für einen täglichen Aufenthalt im Freien von etwa 15 bis 20 Minuten. Dabei sollen zumindest Gesicht und Arme ungeschützt der Sonne ausgesetzt werden. Ob dabei genügend Vitamin-D produziert werden kann, hängt aber von verschiedenen Faktoren ab.

Auf ärztliche Anweisung können gegebenenfalls auch Vitamin D-Präparate oder Injektionen sinnvoll sein. Im Jahr 2012 hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ihre Empfehlung erhöht und spricht sich aktuell für eine tägliche Vitamin-D-Aufnahmemenge von 20 µg aus beziehungsweise im ersten Lebensjahr von 10 µg. Zusätzlich zur Prophylaxe im ersten Lebensjahr (beziehungsweise bis zum zweiten Winter im Leben) sollten demnach auch Jugendliche und Erwachsene entsprechende Mengen an Vitamin-D als Nahrungsergänzung zu sich nehmen.

Prinzipiell sollte auf eine Vitamin-D- und kalziumreiche Ernährung geachtet werden. Wichtige Nahrungsmittel sind in diesem Zusammenhang bestimmte Fischarten, Milchprodukte, Eier, verschiedene Pilze, Avocados, Grünkohl, Brokkoli, Hülsenfrüchte, Hirse und Vollkornprodukte. Auch basische Lebensmittel können sich positiv auswirken.

Liegen Grunderkrankungen wie zum Beispiel Lebererkrankungen, Nierenerkrankungen oder Darmerkrankungen vor, so stehen diese therapeutisch im Vordergrund. Es werden etwa bei Nierenfunktionsstörungen unter anderem Phosphate und alkalisierende Substanzen zugeführt.

Naturheilkundliche Behandlung

Insbesondere Funktionsstörungen, die zu einer verminderten Aufnahme von Kalzium über die Darmschleimhaut führen und dadurch eine Knochenerweichung bedingen, finden in der Naturheilkunde Berücksichtigung. Dazu zählen Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Darmdysbiose, Leaky-Gut-Syndrom und Pilzinfektionen, die sich oftmals auch gegenseitig bedingen.

Auch wenn nicht erwartet werden kann, dass eine Osteomalazie oder Rachitis ausschließlich mit naturheilkundlichen Therapien behandelbar ist, bieten dennoch verschiedene Naturheilverfahren eine vielversprechende Unterstützung für den Heilungsprozess. So findet beispielsweise die Lichttherapie (Tageslichtlampe, UV-B-Lampe) Anwendung oder auch die Homöopathie.

Des Weiteren kommen Schüßler Salze zum Einsatz, die unterschiedliche körperliche Prozesse in Verbindung mit dem Vitamin-D-Haushalt ankurbeln. Insbesondere die Salze Nummer eins (Calcium fluoratum) und Nummer zwei (Calcium phosphoricum) werden unter anderem bei Knochenerweichung und Störungen im Knochenbildungsprozess angewandt. Häufig wird eine Kombination dieser beiden Salze mit der Nummer elf (Silicea) – ein Salz, das unter anderem den Kalzium-Stoffwechsel reguliert – bei Osteomalazie und Rachitis eingesetzt. (jvs, cs; aktualisiert am 10.12.2018)

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Morbus Paget

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