Schweden und Japan gingen Corona-Sonderweg – und zahlen jetzt den Preis dafür

Alle wichtigen Zahlen, Daten und Fakten zur Covid-19-Pandemie: In den Monaten der Virus-Krise hat sich die Corona-Pandemie auch zu einem echten Informationsdschungel entwickelt. FOCUS Online will Ihnen Orientierung geben – und zeigt Ihnen jeden Tag die wichtigsten, aktuellen Trends zu Covid-19.

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Mehr als 1,5 Millionen Menschen haben sich in Deutschland bislang nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert. Allein 16.643 neue Fälle meldet das RKI am Montagmorgen – etwa 300 mehr als am Montag der Vorwoche. Um die Zahlen in den Griff zu bekommen, hat die Bundesrepublik ihre Corona-Maßnahmen zuletzt extrem verschärft: Auf einen „Lockdown light“, der von 2. November bis 15. Dezember galt, folgte am 16. Dezember der zweite harte Lockdown nach dem Frühjahr.

Damit geht Deutschland einen ähnlichen Weg in der Krise wie die meisten westlichen Länder. Doch es gibt auch Nationen, die nichts von einem Lockdown halten: So nannte der schwedische Staatsepidemiologe Anders Tegnell im April die in seinen Nachbarländern ergriffenen Lockdowns sogar „lächerlich“. Schweden setzte anstelle von Regeln auf „Empfehlungen“ und ging so einen europaweit einmaligen, aber auch umstrittenen Weg im Kampf gegen das Virus.

Japan setzte auf Verantwortungsbewusstsein der Bürger

Einen ähnlichen Weg hat Japan eingeschlagen: Anstatt auf einen Lockdown setzte das Land seit Beginn der Pandemie allein auf das Verantwortungsbewusstsein seiner Bürger. Generell ist es in Japan allerdings schon vor der Pandemie so gewesen, dass die Menschen in der Öffentlichkeit oft Mundschutz tragen – daran musste sich also niemand neu gewöhnen. Die Strategie, nur auf Masken und eine strikte Kontaktnachverfolgung zu vertrauen, schien zumindest in der ersten Welle aufzugehen.

Täglich gemeldete Neuinfektionen sprunghaft angestiegen

Japan kam vergleichsweise glimpflich durch die erste Corona-Welle, zählte gar als „Vorzeigeland“. An ihrem Höchststand Mitte April gab es dort im 7-Tage-Schnitt 545 tägliche Neuinfektionen mit Sars-CoV-2. Dann ebbten die Zahlen ab, die erste Welle war Anfang Mai überstanden.

Im Juli stieg die Infektionskurve jedoch wieder, diesmal deutlich steiler. Die zweite Welle erreichte ihren Höhepunkt Mitte August mit etwa 1360 täglichen Neuinfektionen im 7-Tage-Schnitt. Bis Anfang September schien auch dieses Infektionsgeschehen unter Kontrolle. Our World in Data Die offiziellen Zahlen in Japan sind zwar weiterhin überschaubar, steigen jedoch auf einem beunruhigenden Niveau weiter an.

Um die wirtschaftliche Lage im Land anzukurbeln, startete Japan bereits während der zweiten Welle im Juli eine Subventionskampagne für den Binnentourismus. Mit „Go To Travel“ werden bis zu 50 Prozent der Tourismusausgaben wie Beherbergung und Transportkosten vom Staat bezuschusst. Kritiker sehen die Förderkampagne als einen Grund für die zuletzt wieder deutlich gestiegenen Infektionszahlen an.

Experten warnen vor Überlastung des Gesundheitssystems

Denn Experten sprechen inzwischen von einer dritten Infektionswelle, die Japans Gesundheitssystem zu überlasten droht: Seit Anfang November ist die Infektionskurve wieder deutlich in die Höhe geschossen, am 20. Dezember erreicht sie nicht nur einen neuen Höhepunkt von etwa 2660 täglich neuen Infektionen, sondern das Infektionsgeschehen scheint auch weiterhin ungebrochen. Insgesamt haben sich nun seit Beginn der Epidemie in Japan knapp 200.000 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. Our World in Data Laut den japanischen Behörden haben sich dort seit Beginn der Pandemie knapp 200.000 Menschen nachweislich mit dem neuen Coronavirus infiziert.

Achtmal weniger Tests bei 1,5-facher Population im Vergleich zu Deutschland

2660 tägliche Neuinfektionen klingen bei 127 Millionen Einwohnern erst einmal nicht viel. Allerdings zeigen die Zahlen der durchgeführten Testungen in Japan einen weiteren kritischen Trend: Laut worldometers.info wurden in Japan seit Beginn der Pandemie gerade einmal 4,3 Millionen Tests auf Sars-CoV-2 durchgeführt. In Deutschland mit seinen 83 Millionen Einwohnern waren es bislang knapp 32 Millionen – achtmal so viele also. Das deutet auf eine hohe Dunkelziffer zusätzlich zu den bekannten Infektionsfällen im Land hin. Our World in Data Im Vergleich zu Deutschland wurden in Japan bislang etwa achtmal weniger Tests auf Sars-CoV-2 durchgeführt.

Täglich gemeldete Sterbefälle verdreifacht

Die Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 sind in Japan bislang ebenfalls vergleichsweise niedrig. Allerdings steigt auch diese Kurve seit Beginn der dritten Welle an: Statt durchschnittlich zehn oder weniger Menschen sterben seit Dezember deutlich mehr als 30 Personen pro Tag in Zusammenhang mit Corona, seit kurzem sogar mehr als 40 Personen. Insgesamt sind in Japan seit Beginn der Epidemie knapp 3000 Menschen an oder mit Covid-19 verstorben. Our World in Data Auch in Japan steigt die Kurve der täglich neu gemeldeten Sterbefälle mit Covid-19 stark an.

Aufgrund der steigenden Infektionszahlen hat die Regierung in Japan nun reagiert. So soll die umstrittene Förderkampagne zur Ankurbelung des Binnentourismus landesweit vom 28. Dezember bis zum 11. Januar außer Kraft gesetzt werden. Auch Japans weltberühmtes Schneefestival von Sapporo im Norden des Landes, das seit 1950 jährlich im Februar stattfindet, fällt im Jahr 2021 erstmals aus.

Schweden weicht erstmals von seinem Sonderweg ab

Schweden zahlte bereits während der ersten Corona-Welle einen hohen Preis für seine lockere Corona-Politik. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern starben dort sehr viele Menschen. Sars-CoV-2 grassierte besonders schlimm in Alten- und Pflegeheimen. Insgesamt haben sich in dem 10-Millionen-Einwohner-Land bislang knapp 370.000 Menschen mit dem neuen Coronavirus infiziert. Our World in Data Insgesamt haben sich in Schweden seit Beginn der Epidemie dort knapp 400.000 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert.

Trotz der vielen Todesfälle hielt Schweden an seinen laxen Regeln weiter fest. Auch zu Beginn der zweiten Welle sprach die Regierung dort allenfalls von „Empfehlungen“, Vorschriften gab es nicht. Doch aufgrund stark steigender Zahlen ist sie inzwischen mehrmals von ihrem Weg abgewichen: Zuletzt infizierten sich im Juni etwa 1000 Menschen täglich mit Sars-Cov-2, was den Höhepunkt vor Beginn der zweiten Welle darstellte.

Neuinfektionen steigen weiter an – weitere Maßnahmen beschlossen

Ende Oktober erreichte Schweden diesen Höhepunkt jedoch wieder – seitdem steigt die Infektionskurve ungebrochen. In den vergangenen sieben Tagen infizierten sich am Tag durchschnittlich etwa 6700 Menschen neu mit Sars-CoV-2 – fast siebenmal so viele wie noch im Juni. Deshalb hat die schwedischer Regierung nun erstmals zum Tragen von Masken in öffentlichen Verkehrsmitteln geraten – wenigstens zu Stoßzeiten. Our World in Data Inziwschen infizieren sich fast 7000 Schweden täglich neu mit Sars-CoV-2.

Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven kündigte am Freitag zudem eine Reihe weiterer Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie an. Dazu zählt unter anderem, dass pro Tisch in Restaurants maximal vier Gäste erlaubt sind.

Weitere Einschränkungen, die ab dem 24. Dezember in Kraft treten, sind ein Verbot des Verkaufs von Alkohol nach 20 Uhr sowie eine Verlängerung des Fernunterrichts für weiterführende Schulen bis zum 24. Januar. Das Verhängen eines Lockdowns wie in zahlreichen anderen europäischen Ländern lehnte Löfven als "zu große Belastung" für die Bevölkerung ab.

Schwedischer König beklagt zu viele Todesopfer: Schweden „gescheitert“

Zuletzt meldete sich der schwedische König zur Corona-Pandemie zu Wort: „Ich denke, dass wir gescheitert sind“, sagte Carl XVI. Gustaf am vergangenen Donnerstag im schwedischen Fernsehen. „Viele Menschen sind gestorben, das ist furchtbar.“ In seiner Ansprache äußerte der schwedische König deutliche Kritik am Umgang der Regierung mit der Pandemie.

In der zweiten schwedischen Welle sind bislang sogar mehr Menschen gestorben als während der ersten: Allein im November zählte Schweden die höchste Zahl an Todesfällen binnen eines Monats seit der Spanischen Grippe. Insgesamt starben im vergangenen Monat landesweit 8088 Menschen, wie die staatliche Statistikbehörde (SCB) mitteilte. Die Zahl liegt etwa zehn Prozent über der durchschnittlichen Sterberate der Jahre 2015 bis 2019. Our World in Data Die Kurve der täglichen Sterbefälle mit Covid-19 steigt in Schweden weiter an.

Im Dezember ist die Infektionskurve bislang weiter gestiegen. Im Durchschnitt starben dort in den vergangenen sieben Tagen etwa 70 Menschen täglich im Zusammenhang mit Covid-19. Seit Beginn der Epidemie sind in Schweden insgesamt knapp 8000 Corona-Patienten verstorben.

Japan und Schweden lehnen Lockdown trotz steigender Zahlen ab

Im Vergleich zu Deutschland haben sich in Schweden in den vergangenen sieben Tagen mehr als doppelt so viele Menschen pro einer Million Einwohner täglich neu mit Sars-CoV-2 infiziert. In Japan, wo Experten jetzt einen drohenden Gesundheitsnotstand befürchten, liegen die offiziellen Zahlen zwar noch deutlich niedriger. Allerdings könnte dafür auch die niedrige Testkapazität verantwortlich sein. Es bleibt also abzuwarten, wie sich die Situation in den Ländern entwickeln wird. Einen harten Lockdown lehnen beide allerdings weiterhin strikt ab. Our World in Data Trotz steigender Zahlen lehnen Japan und Schweden einen harten Lockdown weiterhin ab.

Montag, 21. Dezember 2020: Die Corona-Trends für Deutschland

  • Neuinfektionen: 16.643; Gesamt: 1.510.652
  • Neue Todesfälle: 226; Gesamt: 26.275

Das Robert-Koch-Institut meldet am Montagmorgen 16.643 neue Corona-Fälle. Damit sind in Deutschland laut RKI seit Beginn der Pandemie bislang 1.510.652 Covid-19-Fälle bekannt. Zum Vergleich: am vergangenen Montag meldete das RKI 16.362 Neuinfektionen und damit rund 300 Fälle weniger. Die Zahl der Neuinfektionen liegt also etwa auf Vorwochenniveau. RKI/FOL/Datawrapper Mehr als 1,5 Millionen Menschen in Deutschland haben sich bislang mit Sars-CoV-2 infiziert.

Es meldet am Montagmorgen außerdem 226 neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 innerhalb von 24 Stunden. Insgesamt sind hierzulande bislang 26.275 Menschen im Zusammenhang mit der durch das Coronavirus ausgelösten Krankheit verstorben. Die Zahl der Genesenen stieg auf 1.115.400, insgesamt rund 369.000 aktive Fälle gibt es in Deutschland aktuell.

FOL/Datawrapper Die 7-Tage-Inzidenz liegt laut RKI-Dashboard am Montagmorgen bundesweit bei 197,1 Fällen pro 100.000 Einwohner. Am höchsten ist sie erneut in Sachsen mit 444,4. Im Vergleich zum Vortag (415,4) ist sie leicht gesunken. Am zweitstärksten betroffen ist Thüringen mit einer Inzidenz von 293,4. Auf Platz 3 folgt Bayern mit einer Inzidenz von 216,8.

Der R-Wert liegt in Deutschland laut RKI-Lagebericht vom Sonntag bei 1,09 und ist damit im Vergleich zum Vortag (1,05) leicht gestiegen. Ab einem Wert von 0,7 oder niedriger geht man davon aus, dass das Infektionsgeschehen kontrollierbarer wird. Das 7-Tage-R, das weniger Schwankungen ausgesetzt ist, lag am Montagmorgen bei 1,04. Das ist ein etwas niedrigerer Wert als am Vortag (1,06).

Divi Intensivregister Deutsche Intensivbetten sind derzeit zu 83 Prozent ausgelastet. Das Divi-Intensivregister meldet am Montagmorgen 5022 Covid-19-Patienten in Intensivbetten. Von den 5022 Patienten sind 2639 an Beatmungsgeräte angeschlossen, das sind knapp 53 Prozent der Covid-Intensivpatienten. Insgesamt sind aktuell laut Intensivregister 20.077 von 24.072 betreibbaren Intensivbetten belegt – das entspricht einer Auslastung von 83 Prozent.

Hinweis: Zahlen können aufgrund von Meldeverzug von den tatsächlichen Zahlen abweichen.

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