Indischer Wirkstoffhersteller: gravierende Mängel im GMP-Bereich
Das Neuroleptikum Thioridazin gegen chronische Psychosen wird in öffentlichen Apotheken wahrscheinlich selten abgegeben. Aktuell werden über die AMK alle Chargen des Präparats der Firma Neuraxpharm zurückgerufen. Ein Blick auf die Hintergründe lohnt sich, denn es könnten auch andere Wirkstoffe betroffen sein.
Vor nicht allzu langer Zeit waren es noch (unerwartete) Verunreinigungen in Arzneimitteln, die der Welt der Pharmazie die größten Sorgen bereiteten. Dieser Fokus hat sich aufgrund der Coronakrise nun deutlich verschoben. Doch behoben ist das Problem der Verunreinigungen damit nicht. Das zeigt aktuell der Rückruf aller Chargen von Thioridazin-neuraxpharm® 25, 50, 100 und 200 mg (20, 50 und 100 Filmtabletten). Dieser wurde in einer AMK-Meldung am vergangenen Freitag bekanntgegeben. Demnach wurden „im Rahmen einer Inspektion des Wirkstoffherstellers Dishman Carbogen Amcis Ltd. durch die schweizerische Gesundheitsbehörde Swissmedic“ „gravierende Mängel im GMP-Bereich (Good Manufacturing Practice) festgestellt“.
Da nicht mit völliger Sicherheit ausgeschlossen werden könne, dass Thioridazin-neuraxpharm® Filmtabletten (alle Stärken) nicht näher zu spezifizierende Verunreinigungen enthalten, ruft das Unternehmen Neuraxpharm Arzneimittel GmbH alle Stärken und Chargen dieses Präparates „vorsorglich“ zurück.
Was steckt hinter dem Rückruf?
Jeder der möchte, kann den entsprechenden „Bericht über die GMP-non-compliance“ in der Eudra GMDP-Datenbank einsehen: Am 28. Februar 2020 wurde demnach der indische Wirkstoffhersteller von Swissmedic und dem EDQM (Europäisches Direktorat für die Qualität von Arzneimitteln) gemeinsam inspiziert. Dabei wurden 1 kritischer, 7 größere und 11 weitere Mängel festgestellt. Es handelt sich bei dem Unternehmen um die „Dishman Carbogen Amcis Limited“, die offenbar aus der Fusion von „Dishman Pharmaceuticals & Chemicals Limited“ und „Carbogen Amcis (India) Limited“ hervorgegangen ist. Die Zentrale des Unternehmens hat ihren Sitz in der Schweiz.
Konkret ging es bei der Inspektion um das Vitamin D-Analogon Dihydrotachysterol (Indikation laut Lauer-Taxe: 1. Hypoparathyreoidismus (idiopathisch und postoperativ) 2. Pseudohypoparathyreoidismus). Doch der Neuraxpharm-Rückruf zeigt, dass die entdeckten Mängel breiter gefächert sein müssen. Das legt auch die abschließende Empfehlung des Inspektionsberichts nahe, dass die CEPs der Firma entzogen werden sollten (Certificate of Suitability of Monographs of the European Pharmacopoeia; ein CEP belegt, dass eine Monographie des Europäischen Arzneibuchs geeignet ist, die Qualität eines Wirkstoffs angemessen zu prüfen). Ein aktueller Blick in die Datenbank des EDQM verrät dabei Wirkstoffnamen, die aufhorchen lassen.
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