Die Einfach-Impfung kommt: Der Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson im Check

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat für den Corona-Impfstoff des US-Herstellers Johnson & Johnson grünes Licht gegeben. In den Vereinigten Staaten ist der Impfstoff bereits im Einsatz. FOCUS Online zeigt, was den neuen Impfstoff ausmacht und wie wirksam er ist.

Die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA hat grünes Licht für den Corona-Impfstoff von Pharmahersteller Johnson & Johnson gegeben. Die offizielle Zulassung durch durch die EU-Kommission ist nun nur noch Formsache.

In den USA hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA bereits Anfang März eine Notzulassung für das Vakzin erteilt. Und auch die EU steht mit der Impfung mit dem amerikanischen Präparat schon in den Startlöchern und hat bereits 200 Millionen Dosen bestellt.

Besonders macht das Vakzin unter anderem, dass hier nur eine Impfung anstatt zwei nötig sind, um die volle Wirkung zu erzielen. Wie es außerdem um Wirksamkeit, Sicherheit und Verfügbarkeit des Impfstoffs steht, zeigt FOCUS Online im Überblick.

Wirkprinzip des Corona-Impfstoffs von Johnson & Johnson

Genau wie beim britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca handelt es sich bei Johnson & Johnson um einen Vektorimpfstoff. Er beruht auf der abgeschwächten Version eines Adenovirus. Dieses löst normalerweise eine gewöhnliche Erkältung aus, wurde jedoch so verändert, dass es sich nicht vermehren kann. 

Allerdings handelt es sich hierbei nicht wie bei Astrazeneca um einen Erreger, der Schimpansen befällt. Stattdessen nutzt der Hersteller das humane Adenovirus 26. Dieses nutzte der Hersteller Johnson & Johnson bereits für seinen Ebola-Impfstoff, welcher im Juli 2020 zugelassen wurde.

Im Labor wird diesem Erkältungsvirus ein kleiner Teil des Erbguts des Coronavirus Sars-CoV-2 eingesetzt. Ähnlich wie bei den mRNA-Impfstoffen handelt es sich dabei auch bei dem neuen Corona-Impfstoff um jenen Teil des Erregers, der eine Bauanleitung für das sogenannte Spike-Protein auf der Oberfläche des Virus besitzt. dpa

Wird der Impfstoff mit diesen Vektorviren in die menschliche Zelle eingeschleust, beginnt der Körper, das Spike-Protein selbst herzustellen. Die wenigen Vektorviren sind rasch aufgebraucht, aber der Geimpfte ist dann gegen das Coronavirus geschützt. Sollte das Coronavirus zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich in die Zellen gelangen, ist der Körper vorbereitet – und kann es bekämpfen.

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  • Wirksamkeit des Impfstoffs

    Der Schutz durch den Impfstoff von Johnson & Johnson ist den Studien nach in etwa mit dem von Astrazeneca vergleichbar. Vier Wochen nach der Impfung gibt der Hersteller die Wirksamkeit des Impfstoffs mit 66,1 Prozent an. In die klinischen Studien waren insgesamt 70.000 Menschen involviert, rund 34 Prozent davon älter als 60 Jahre.

    Besonders ist: Im Gegensatz zu allen weiteren, bereits zugelassenen Impfstoffen, ist bei Johnson & Johnson nur eine Dosis nötig, um die volle Wirksamkeit zu erzielen. Dadurch könnte die Immunisierung der Bevölkerung deutlich beschleunigt werden. In vorherigen Studien experimentierte der Pharmariese auch mit zwei Dosen im Abstand von 56 Tagen. In der Gruppe der 18- bis 55-Jährigen hatten jedoch etwa einen Monat nach der einmaligen Impfung laut Hersteller bereits über 90 Prozent der Teilnehmer neutralisierende Antikörper in höheren Konzentrationen im Blut. Der Konzern setzte demnach in der Entwicklung des Präparats auf eine Einmalgabe. Schwere Verläufe ließen sich laut Hersteller sogar um durchschnittlich 77 Prozent und 85,9 Prozent (ab den Tagen 14 und 28 nach der Impfung) verhindern.

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    Und auch gegen die neuen Virus-Varianten scheint das Vakzin offenbar wirksam zu sein: Das Mittel wurde zu einem Zeitpunkt in Brasilien und Südafrika getestet, zu dem die Mutationen dort bereits weit verbreitet waren. Demnach zeigte der Impfstoff in ersten Ergebnissen trotz Verbreitung der brasilianischen Variante P.1 sogar eine Wirksamkeit von 68,1 Prozent sowie 87,6 Prozent bei schweren Verläufen.

    Die Wirksamkeit in Südafrika war mit 64 Prozent und 81,7 Prozent bei schweren Verläufen ebenfalls nur etwas niedriger als in anderen Ländern. Zum Vergleich: In den USA lag die Wirksamkeit in Tests bei 72,0 Prozent, dort gab es zu diesem Zeitpunkt kaum mutierte Virus-Varianten.

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    Nebenwirkungen des Johnson & Johnson-Impfstoffs

    Berichte über schwere allergische Reaktionen, wie sie bei Biontech und Moderna vereinzelt auftraten, liegen bei dem Johnson & Johnson-Mittel bisher nicht vor. Leichtere Impf-Nebenwirkungen wie Schmerzen an der Einstichstelle, Müdigkeit und Kopfschmerzen traten in der Studie auf, allerdings häufiger bei jungen als bei älteren Menschen.

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    Haltbarkeit des Impfstoffs

    Das Vakzin von Johnson & Johnson kann im Gegensatz zu anderen Impfstoffen leichter transportiert und aufbewahrt werden: Nach Unternehmensangaben ist es mindestens drei Monate lang bei normalen Kühlschranktemperaturen zwischen zwei und acht Grad haltbar. Somit kann das Mittel von jeder normalen Arztpraxis aufbewahrt werden. Die Impfstoffe auf Grundlage der mRNA-Technologie von Biontech und Moderna müssen hingegen bei etwa minus 20 Grad aufbewahrt werden.

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    Verfügbarkeit des vierten Corona-Impfstoffs

    Der Johnson & Johnson-Impfstoff wird in mehreren Werken in den USA produziert, aber auch in Europa, nämlich im niederländischen Leiden und im schweizerischen Bümpliz. Die EU-Kommission hat für die Mitgliedstaaten 200 Millionen Dosen bestellt und hält eine Kaufoption auf 200 Millionen weitere. Noch im zweiten Quartal dieses Jahres sollen 55 Millionen Dosen geliefert werden. Der Herstelle kündigte an, ab April liefern zu können. Ob das klappt, ist allerdings fraglich.

    „Da die EU noch keine eigenen Abfüll- und Verschließ-Anlagen hat, sind wir von Exporten aus den USA abhängig“, sagte etwa SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken. „Damit drohen einmal mehr Verzögerungen in der Impfstoff-Versorgung.“ Der Gesundheitsexperte mahnte die EU-Kommission, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um sogenannte „Fill-and-Finish-Standorte“, also Abfüll-Stationen, in der Europäischen Union aufzubauen und dem Pharmaunternehmen unter die Arme zu greifen. Denn der Impfstoff von Johnson & Johnson könnte aus Wölkens Sicht einen Wendepunkt für die Impfkampagne bringen.

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