Arzneimittel gegen Hämophilie bald apothekenpflichtig

Arzneimittel zur Hämophilie-Behandlung sind bislang von der Apothekenpflicht ausgenommen und werden meist direkt vom Hersteller an die behandelnden Ärzte geliefert. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung wurde dies geändert. Die Neuregelung tritt aber erst zum 15. August 2020 in Kraft.

Für Arzneimittel zur Versorgung von Hämophilie-Patienten wird mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) die bisherige Ausnahme vom Apothekenvertriebsweg (Direktvertrieb des Herstellers mit Ärzten und Krankenhäusern) zurückgenommen. Die Neuregelung tritt aber erst zum 15. August 2020 in Kraft. Ein früherer Entwurf für das GSAV sah nur veränderte Dokumentationspflichten und eine Erweiterung des Deutschen Hämophilieregisters vor. Tatsächlich gehen die Änderungen nun sehr viel weiter und betreffen das Arzneimittelgesetz (AMG). Die Ausnahmen für Arzneimittel zur Behandlung vieler Gerinnungsstörungen vom Vertriebsweg über Apotheken gemäß § 43 AMG wurden auf Blutzubereitungen beschränkt, die aus menschlichem Blut gewonnen werden. Die Ausnahmen gelten dagegen nicht mehr für plasmatische und gentechnologisch hergestellte Gerinnungsfaktorzubereitungen. Diese werden künftig ebenso wie die zunehmend eingesetzten monoklonalen Antikörper den einheitlichen Vertriebsweg über die Apotheke nehmen. In der Begründung zum Gesetzentwurf hieß es damals, die betroffenen Arzneimittelgruppen seien hinsichtlich Haltbarkeit und Verfügbarkeit vergleichbar und sollten daher auch beim Vertriebsweg gleich behandelt werden.

Preise sollen bleiben

Aufgrund dieser Änderung wird – ebenfalls ab dem 15. August 2020 – in § 47 AMG zugelassen, dass in spezialisierten ärztlichen Einrichtungen ein Notfallvorrat an den betreffenden Arzneimitteln bereitgehalten wird. Hämostaseologisch qualifizierte Ärzte sollen daraus auch Arzneimittel an Patienten und an andere Einrichtungen der Versorgung abgeben können. Das ist bisher schon möglich, muss aber gesondert geregelt werden, wenn diese Arzneimittel künftig unter die Apothekenpflicht fallen. Mit ärztlichen Einrichtungen zur Behandlung von Gerinnungsstörungen sollen Apotheken Absprachen zur Organisation der Notfallvorräte treffen können. Dafür wird ein neuer Absatz 2a in den § 11 Apothekengesetz, der das Absprache- und Zuweisungsverbot regelt, eingefügt werden.

Mit der Ausnahme von der Apothekenpflicht entfällt auch die Ausnahme der Arzneimittel zur Hämophilie-Behandlung von der Preisbindung. Diese Arzneimittel unterliegen dann der Arzneimittelpreisverordnung. Damit fallen die üblichen Apothekenzuschläge an, aber das Gesetz sieht keine freie Preisbildung für die Hersteller vor. Vielmehr sollen die bisherigen Preise in das neue System übertragen und dem Preismoratorium unterworfen werden. Zur Ermittlung der bisherigen Preise sieht der Entwurf einen neuen § 130d SGB V vor. Demnach sollen die Hersteller dem GKV-Spitzenverband einen mengengewichteten Mittelwert der tatsächlichen Einkaufspreise aus den Jahren 2017 und 2018 als Herstellerabgabepreis melden. So sollen die Preise der bisherigen Direktabgabe auf den neuen Vertriebsweg übertragen werden. Der GKV-Spitzenverband soll die Plausibilität der gemeldeten Preise prüfen und bei Abweichungen selbst einen Preis aufgrund der vorliegenden Daten festsetzen können.

Dokumentationspflicht  erweitert

Von diesen Neuregelungen sind Arzneimittel ausgenommen, für die nach einer frühen Nutzenbewertung ein Erstattungsbetrag vereinbart wurde. Für die Verträge zu diesen Arzneimitteln wurde den Vertragspartnern stattdessen eine neue dreimonatige Kündigungsfrist eingeräumt, die zwölf Monate nach dem Inkrafttreten des geplanten Gesetzes beginnt.

Zugleich wurde mit dem GSAV die Dokumentationspflicht auf alle Arzneimittel zur spezifischen Therapie von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie zu erweitert. Dazu waren Änderungen im Transfusionsgesetz und in der Transfusionsgesetz-Meldeverordnung notwendig. Sie sind bereits am 16. August 2019 in Kraft getreten.

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