Antikörper-Medikament wirkt nicht gegen Corona-Varianten – US-Behörde kassiert Notfallzulassung wieder ein

Im November hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA dem Antikörpermittel ein bedingtes Go gegeben, nun hat sie dem Medikament Bamlanivimab die Notfallzulassung für die Covid-19-Behandlung wieder entzogen. Das teilte die Behörde am Freitag mit. Nach der Auswertung weiterer Daten habe sich herausgestellt, dass die Virus-Varianten gegen diesen Antikörper resistent seien und der Nutzen des alleinigen Einsatzes dieses Präparats nicht mehr größer sei als mögliche Risiken. Die Zulassung anderer Antikörperpräparate, auch kombiniert als Cocktail, bleibt bestehen. 

Bamlanivimab ist ein vom US-Pharmaunternehmen Eli Lilly entwickelter sogenannter monoklonaler Antikörper. Dabei handelt es sich um Eiweiße, die im Labor hergestellt werden und das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen sollen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle aus einem einzigen Zellklon gebildet wurden. Bamlanivimab lagert sich direkt an das Oberflächenprotein, das Spike-Protein, von Sars-CoV-2 an und verhindert so, dass das Virus in die Zellen eindringen kann. 

Mit der Rücknahme der Notfallzulassung ist in den USA eine Behandlung von milden bis moderaten Corona-Erkrankungen mit dem Medikament, wenn es einzeln eingesetzt wird, wieder vom Tisch. In Kombination mit dem Antikörpermittel Etesevimab darf es aber weiterhin verabreicht werden.

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Wieder Probleme durch Mutationen

Im Januar hatte der Pharmakonzern Eli Lilly Studienergebnisse auf den Tisch gelegt. Demnach reduzierten Bamlanivimab und auch Etesivimab das Risiko für schwere Verläufe und Tod um rund 70 Prozent. Eine weitere Studie, an der unter anderem die Virologin Sandra Ciesek vom Universitätsklinikum Frankfurt mitwirkte, und die Ende Februar in einem Preprint veröffentlicht wurde, war zu dem Ergebnis gekommen, dass Bamlanivimab im Labor auch gegen die Virusvariante B.1.1.7 wirkte, allerdings B.1.135 nicht neutralisieren konnte. Zur Wirksamkeit gegenüber der brasilianischen Variante P.1 konnte man damals noch nichts sagen.

COVRIIN, eine Fachgruppe des Robert Koch-Instituts, hat bereits darauf hingewiesen, dass der Einsatz eines monoklonalen Antikörpers hinsichtlich der Virusvarianten womöglich nicht ausreiche, das Virus komplett zu neutralisieren. Stattdessen sei eine Kombinationstherapie aus zwei monoklonalen Antikörpern bei immungeschwächten Corona-Patienten als Einzelfallentscheidung zu bevorzugen, heißt es in dem Bericht.

In Europa keine Zulassung

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump wurde bereits im Oktober, nachdem er sich mit dem Coronavirus infiziert hatte, mit einem Antikörper-Präparat behandelt. Sein Mittel der Wahl kam vom US-Unternehmen Regeneron und war zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugelassen. Die Genehmigung von der US-Behörde folgte wenig später. In den USA werden Antikörper-Cocktails also schon seit geraumer Zeit eingesetzt, behandelt werden können Corona-Patienten ab 12 Jahren, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Verabreicht werden soll es in einem möglichst frühen Stadium der Erkrankung. Menschen, die bereits im Krankenhaus behandelt werden müssen oder sogar auf zusätzliche Sauerstoffzufuhr angewiesen sind, dürfen nicht mit den Antikörpermitteln behandelt werden. 

In Europa ist noch keines der Medikamente offiziell zugelassen. Bei der Europäischen Arzneimittelagentur (Ema) laufen derzeit mehrere Prüfverfahren. Offiziell hat die Ema zwar noch keine Zulassung erteilt, eine Empfehlung für die zwei Antikörpermittel Casivirimab/Indevimab und eben auch Bamlanivimab wurde aber bereits ausgesprochen. Dabei wurde auch die Bewertung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) einbezogen, das bezüglich der monoklonalen Antikörper feststellte, dass "die Qualität gewährleistet ist" und die Anwendung nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft "ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis zur Vorbeugung oder Behandlung von COVID-19 in bestimmten Patientengruppen erwarten lässt". Laut PEI ist eine Behandlung mit dem Medikament demnach erlaubt, wenn es keine andere geeignete zugelassene Therapiemöglichkeit gebe.

Die Bundesregierung hatte Ende Januar mitgeteilt, 200.000 Dosen der Präparate REGN-COV-2 von Regeneron und Bamlanivimab für 400 Millionen Euro gekauft zu haben. In der Realität käme aber zumindest Bamlanivimab, so der Infektiologe Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing, kaum in den Kliniken zum Einsatz. "Das ist nicht der Blockbuster, der ständig aus dem Apotheken-Schrank gezogen wird." Das Mittel dürfe nur ganz bestimmten Patienten verabreicht werden und könne eine schwere Immunreaktion bis hin zum allergischen Schock auslösen.

Quelle: dpa,PEI 1,  PEI 2, RKI, Pharmazeutische Zeitung

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