Oberhänsli: „Was wir machen, ist grundsätzlich etwas Gutes“
Nach jahrelangen Vorbereitungen schleichen sich im Jahr 2021 die elektronische Patientenakte und das E-Rezept in die Versorgung ein. Jetzt gilt es, Vorbehalte und Ängste bei allen Beteiligten abzubauen und den Nutzen zu kommunizieren – auch wenn der für viele Menschen noch nicht so klar auf der Hand liegt wie für Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli. Doch auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening ist überzeugt, dass das E-Rezept den Apotheken vor Ort viel erleichtern wird. Die Furcht vieler Apotheker:innen vor der elektronischen Verordnung sei nur Folge eines „falschen Synonyms“, erklärte sie heute bei einer Veranstaltung des „health innovation hub“.
In der sich nun ihrem Ende zuneigenden Legislaturperiode stand die Digitalisierung im Gesundheitswesen ganz oben auf der Agenda der Politik von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). An ihren Grundlagen wird zwar seit mehr als 15 Jahren geschraubt – die Gematik nahm 2005 ihre Arbeit auf –, doch diese Zeit war lange geprägt von Blockaden und Streitereien, etwa zum Datenschutz und zu Verantwortlichkeiten. Aus der Organisation, die die damals noch sogenannte Telematik im Gesundheitswesen antreiben sollte, war kaum je etwas Konstruktives zu vernehmen. Spahn wollte das ändern und krempelte die Struktur der Gematik 2019 mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) um: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) wurde zum Mehrheitsgesellschafter, um schnellere Entscheidungen treffen zu können, und der Arzt und Pharmamanager Markus Leyck Dieken als Geschäftsführer eingesetzt. „Die Gematik hatte praktisch ein Kontaktverbot zur Außenwelt“, bestätigte Leyck Dieken am heutigen Donnerstag beim Kongress „Gesundheit_digital – Meilensteine für eine digitale Medizin“ des health innovation hub (hih) – dem Think Tank der BMG für die Digitalisierung im Gesundheitswesen.
Mit der neuen Gesellschafterstruktur und gesetzlichen Fristen sorgte Spahn dafür, dass die Anbindung der Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur beschleunigt wurde – nun stehen seit diesem Jahr die elektronische Patientenakte (ePA) und das E-Rezept als Anwendungen zur Verfügung – auch wenn sie noch in der Erprobung sind und sich der Nutzen für viele nicht unmittelbar erschließt. Aber für das BMG gilt offenbar die Devise: „Nutzen entsteht durch Nutzung“ – und so probieren sich die Beteiligen nun erst einmal. Leyck Dieken ist überzeugt: Innerhalb von 45 Minuten können sich Ärzte und Ärztinnen die Grundlagen der ePA erschließen – und werden dann merken, welche Erleichterungen sie mit sich bringt und wie intuitiv sie (trotz der Bezeichnung „Akte“) zu nutzen ist.
Reinhardt: E-Rezept ohne Mehrwert für Ärzte
Und wie sieht es mit dem E-Rezept aus? Hierzu befragte der Apotheker und hih-Experte („Director Pharmacy) Ralf König den Chef der Schweizer Zur Rose-Gruppe Walter Oberhänsli und ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening. Zuvor holte sich der Moderator aber noch ein Statement von Bundesärztekammerpräsident Klaus Reinhardt ein: Dieser kann beim E-Rezept noch für niemanden einen echten Mehrwert erkennen. Für Reinhardt ist zunächst der wichtigste „Mindeststandard“, dass es „total reibungslos funktioniert“. Die Einführung müsse „fast unspürbar“ laufen, forderte er. Denn Ärzte wollten sich nicht auch noch an Dingen aufhalten, die für sie keinen Mehrwert haben.
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