Von wegen genesen: Drei von vier Menschen haben Corona-Spätfolgen
Covid-19 ist eine tückische Viruserkrankung, eine, die den Körper lange nach einer überstandenen Infektion noch beschäftigen kann. Eine neue Studie, die Forscher*innen am Yin-tan Hospital in Wuhan durchgeführt haben, zeigt nun, dass sogenanntes "Long Covid" ein viel gängigeres Phänomen sein könnte, als bisher angenommen. Demnach kämpften 76 Prozent der Patient*innen noch ein halbes Jahr nach der Covid-19-Erkrankung mit Symptomen.
Die Studie, welche die chinesischen Forscher*innen nun im Fachmagazin "The Lancet" veröffentlichten, ist die umfassendste Untersuchung, die derzeit zum Thema Corona-Spätfolgen vorliegt. Grundlage für die Studie sind Daten von 1733 Patient*innen, die aufgrund einer Covid-19-Erkrankung in dem Krankenhaus in Wuhan behandelt worden waren. Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmer*innen lag bei 57 Jahren. Für die Studie hatten die Forscher*innen den gesundheitlichen Zustand der Patient*innen auch nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im Rahmen von Nachuntersuchungen monatelang dokumentiert.
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Spätfolgen bei drei von vier Patienten
Das Ergebnis ist ernüchternd und zeigt, dass eine überstandene Covid-19-Erkrankung nicht gleichzusetzen ist mit einer Genesung. Laut Studie litten drei von vier Patient*innen auch sechs Monate nach einer akuten Infektion noch an mindestens einem Symptom. Bemerkenswert dabei ist, dass dies auch auf die Studienteilnehmer*innen zutraf, die zunächst nicht so schwer erkrankt waren. Nur vier Prozent der Patient*innen hatten im Krankenhaus beatmet oder auf der Intensivstation behandelt werden müssen.
Vor allem drei Spätfolgen treten laut Studie besonders häufig auf. Weit mehr als die Hälfte (63 Prozent) der Teilnehmer*innen klagte über Müdigkeit oder Muskelschwäche. Gut jeder vierte (26 Prozent) berichtete von Schlafstörungen, 23 Prozent von Angstzuständen und Depression. Dass Covid-19 die Atemwege angreift, auch die Lunge befällt und dafür sorgen kann, dass Patient*innen lange brauchen, um sich zu regenerieren, ist bekannt.
Die Studie hat sich auch das angesehen und dabei festgestellt, dass im Erkrankungs-Nachgang besonders häufig Menschen mit Lungenproblemen zu kämpfen haben, die schwer an Covid-19 erkrankt waren und beatmet werden mussten. Bei 56 Prozent solcher Patient*innen wurde auch nach Monaten eine geringere Lungenkapazität festgestellt. Allerdings ist bekannt, dass auch durch Beatmung die Lunge geschädigt werden kann. Zum Vergleich: Bei Patient*innen mit schwächerem Krankheitsverlauf wurde diese Spätfolge in 22 Prozent der Fälle festgestellt. Bei den Studienteilnehmer*innen handelte es sich ausschließlich um Patient*innen, die im Krankenhaus behandelt wurden. Ob die Ergebnisse auch auf all diejenigen übertragbar sind, die beispielsweise nur leicht an Covid-19 erkrankten oder atypische Symptome aufwiesen, ist fraglich.
Neuronale Schädigungen
Darüber, welche Langzeit-Effekte eine Corona-Erkrankung haben kann, ist vieles noch unbekannt. Die Auswirkungen sind vielfältig, manche Symptome treten erst Wochen nach einer akuten Infektion auf. Immer klarer wird jedoch, dass Covid-19 keine reine Atemwegserkrankung ist. Das Virus kann nicht nur die Lunge angreifen, sondern auch Nieren, Darm, Herz und das Gehirn. Auch die Ergebnisse einer internationalen Forschungsgruppe, die im "Journal of Experimental Medicine" veröffentlicht wurden, lassen aufhorchen.
Die Studienergebnisse beweisen demnach, dass Neuronen nicht nur Ziel von Coronaviren werden können, sondern dass eine Infektion der Zellen verheerende Folgen haben kann – bis hin zum Tod der Zellen. Die Forscher*innen konnten nicht nur neuronale Schädigungen von Mikrostrukturen im Gehirn feststellen. Die Ergebnisse machen deutlich, dass Zellen, die mit dem Virus infiziert sind, auch die unmittelbare Zellumgebung verändern und Einfluss auf das Überleben der benachbarten Zellen haben können.
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